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Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)
Autoren: Loons Gerringer
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Mann – kann passieren, oder? Los jetzt, zurück zum
Feld. Ich will mich hier umsehen, solang man noch was sehen kann!“ Das Letztere
hatte er eigentlich gar nicht sagen wollen – aber andererseits, war die nicht
so ein Goth-Freak? Und diese Typen standen doch auf nächtliche Wälder und so
was.
    Während sie also wieder zurückstolperten, sprach Pix
aus, was auch James beschäftigte: „Wie kann man sich zwischen den paar Bäumen
verlaufen?“
    „Jedenfalls haben wir’s getan.“
    „Kennt ihr Blair Witch Project ?“, fragte
Carmino. „Da haben sich auch ein paar Leute im –“
    „He, Carmino, wir kennen es!“, bremste James
seinen Enthusiasmus. Goth hin oder her, man musste die Tussi wohl nicht gerade
jetzt an so einen Film erinnern.
    Auf einmal hatte er Sams Keller vor Augen, wo sie
immer zusammen abgehangen hatten, Tim, Sam, Adrian und er, in den guten alten
Zeiten. Vor allem Tim und Sam waren voll auf Horror und Science Fiction
abgefahren, und Blair Witch war eine Weile richtig Kult gewesen. Bis Sam
Szenen daraus zusammengeschnitten und mit neuem Text unterlegt hatte. Seitdem
war das Ding in seiner Erinnerung eine Lachnummer, nicht mal so sehr wegen der
Parodie, sondern wegen Tim, der deshalb einen solchen Lachanfall gekriegt
hatte, dass er eine halbe Flasche ihres kostbaren, umständlich besorgten
Guinness über die Tastatur spuckte. Sams panisches Herumgewische an seinem
heiligen Computer hatte ihnen dann allen den Rest gegeben.
    „Ich frag mich, was du so zum Grinsen findest! Mann,
wir hängen hier fest, und zwar wegen dir!“
    Das stimmte wohl. Glücklicherweise öffnete sich in
diesem Moment der Wald vor ihnen und entließ sie genau bei den Apfelbäumen am
Feldrand. Wenigstens die waren noch da. Das Licht hatte jetzt einen rauchigen
Lavendelton, und das Feld sah grau und schläfrig aus.
    „Macht’s euch gemütlich“, sagte er leichthin. „Aber
behaltet bloß die Straße im Blick!“
    „Wenn jemand vorbeikommt, rufen wir. Rennen
hinterher.“
    „Genau. Aber haut nicht ab, bevor ich zurück bin.“
    „Also, ich warte nicht hier!“, platzte Pix
schrill heraus. Ihr Gesicht war unter der Schminke vermutlich knallrot. „Du
hast mir gar nichts zu sagen! Du haust ab und lässt uns hier hängen! Vielleicht
ist diese ganze Nummer hier ja überhaupt geplant, vielleicht hast du uns extra
in die Irre geführt und holst jetzt deine Kumpels und –“
    „Verdammt, ich hab dich gar nicht geführt!“,
rief James und fühlte, wie seine letzten Reste an Gelassenheit zu bröckeln
begannen. „Du bist hinterhergeschlichen, schon vergessen? Du wolltest doch –“
    „ Schrei mich nicht an!“, schrie sie und sah so
aus, als wollte sie ihm im nächsten Moment an die Kehle gehen. „Bild dir bloß
nicht ein, dass du mich anschreien kannst, du Arsch! Du hättest uns aus diesem
Irrgarten rausbringen müssen, stattdessen hast du dich da durch die Hecken
gequetscht und behauptet, das wär ein Weg! Du hast Bagratuni doch
überhaupt erst in den Irrgarten geschleppt, du perverses Schwein!“
    „Oh Mann – Pix, ehrlich, schalt mal ein paar Gänge
runter!“
    „Mach, was du willst“, sagte James kalt. „Ich suche
jetzt noch mal den Weg ab. Dann komm ich zurück.“ Ruhig bleiben, sagte er sich.
Die ist auch nur ein Patient. Er war ganz gut im Umgang mit ausflippenden
Patienten.
    Bewusst langsam ging er wieder in das Wäldchen hinein
und kaute dabei auf einem weiteren sauren Apfel herum. Schluckte gierig das
bisschen Flüssigkeit und versuchte auf alles zu achten, was auch nur annähernd
wie ein Weg aussehen mochte. Sein Herz schlug hart, als er nach einigen
Schritten tatsächlich einen zweiten Pfad entdeckte. Vielleicht hatten sie sich
ja wirklich nur vertan! Aber nach hundert Metern verlor sich die Spur im
Unterholz. Hier waren sie nicht hergekommen.
    „Ist sowieso Quatsch“, sagte er in die Stille hinein.
Es gab keinen anderen Weg als den, den sie eben schon gegangen waren, und er
wusste das. Der eigentliche Grund dafür, dass er hier noch mal rumlief, war der,
dass er einen Moment Ruhe zum Nachdenken brauchte. Ein Irrgarten. Der
verschwunden war. Ein ganzes Herrenhaus samt Gärten, Parkplatz und Besuchern –
nicht mehr aufzufinden. Und er mit zwei Teenies ohne Essen, Trinken und
Handyverbindung im Nirgendwo. Selbst wenn man den philosophischen Aspekt dieser
Situation – die Frage, wie das überhaupt sein konnte – erst einmal
beiseiteließ, blieben immer noch genug drängende Fragen übrig, auf die er
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