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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill
Autoren: Matt Ruff
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während der Flammenstrahl auf ihn niederschoß, in seiner Wut die Grenzen des Möglichen und überließ seinen Instinkten die Führung. Sein Geist packte die Luft um ihn herum wie eine Hausfrau, die die Ecken eines Lakens ergreift, und zog daran. Auf einmal war der Wind bei ihm und versetzte den Flammen einen Drall, so daß sie ihn wie ein Wirbelsturm umfingen, ohne ihn jedoch zu berühren.
    Der Feuerstrahl versiegte abrupt; das Maul des Drachen schnappte zu. Unversehrt ging George zum Angriff über und riß mit der Lanze dem Ungeheuer eine klaffende Wunde quer über die Schnauze. Der Drache ließ sich leicht schneiden, und Stückchen irgendwelchen Materials rieselten in den stärker werdenden Wind, doch er blutete nicht. Auch schien er keinen Schmerz zu empfinden.
    »Warte«, sagte George, »warte einen Moment...«
    Eine Tatze streckte sich nach ihm aus, um ihn zu zermalmen. Der Panik nahe, schwang George die Lanze wie eine Axt und konzentrierte sich gleichzeitig, bemühte sich mit all seiner Kraft, im Geist zu schreiben: Das muß dir web tun, das muß dir web tun.
    Die Schneide der Lanzenspitze hackte eine Klaue säuberlich ab; die verwundete Pranke verharrte in der Luft, verlor dabei kein Blut, das nicht, aber war das blaue Feuer seiner Augen nicht ein wenig matter geworden? Ein Anflug von Schmerz vielleicht? Der Drache wich zurück, schien die Situation neu zu überdenken.
    »Erwischt!« triumphierte George vorschnell. »Ich hab dich erwischt! Ich hab dich erwischt!«
    »Ich, ich, ich«, seufzte Mr. Sunshine kopfschüttelnd.
    George hatte den Schwanz vergessen. Es sah nur so aus, als ob der Drache zögerte. Er ließ seinen langen Schwanz wie eine Peitsche herumsausen, und Georges Hochgefühl fand ein jähes Ende, als er von einem donnernden Schlag auf den Rücken zu Boden geworfen wurde. Die Ohren dröhnten ihm wie Gongs, als sich seine Arme wie zu einem Kopfsprung nach vorne ausstreckten und er mit dem Gesicht durch Gras und Erde pflügte.
    Seine Wirbelsäule fühlte sich an, als sei sie gebrochen. Er versuchte sich hochzustemmen - denn er wußte, daß der Drache gleich über ihn kommen würde -, und sein Körper war ein einziger Schmerzstrang. Keine Zeit, leidend herumzuliegen; er hörte ein Fauchen hinter sich und rollte stöhnend zur Seite. Ein Flammenstrahl schoß haarscharf an ihm vorbei.
    Die Lanze lag im Gras drei Meter rechts von ihm, zu weit weg. Er richtete sich trotzdem halb auf und stürzte sich darauf, aber der Drache beugte sich über ihn, und diesmal verpaßte ihm die unbeschädigte Pranke einen Hieb, der ihn mit einer neuen Explosion von Schmerz zu Boden fegte. Der Geschichtenerzähler schlug hart auf, ein Häuflein Elend, versuchte sich zu rühren und schaffte es nicht.
    Nun war es an Rasferret, zu triumphieren: Hab ich dich, hab ich dich, HAB ICH DICH JETZT -
    Beton unter ihm, kein Gras. Gegen die Lähmung ankämpfend, unsicher, wie viele Sekunden ihm noch verblieben, ehe der Drache ihn entweder zerreißen oder zu Asche verbrennen würde, rasend vor Wut, daß er so schnell, so leicht besiegt werden sollte, erkannte George mit einem Mal, daß er auf den Gehweg zwischen den Statuen gefallen war, den Statuen von Ezra Cornell und Andrew D. White. Er klammerte sich an den Strohhalm der Legende.
    Wie spät ist es?
    Er drehte den Kopf zum Turm, sah das ihm zugewandte Zifferblatt. Der Nebel hätte es eigentlich vor ihm verbergen müssen, doch wieder kam ihm der Wind zu Hilfe und klärte einen halben Atemzug lang die Luft.
    Die Zeiger waren noch nicht weitergerückt, klebten noch immer auf der Zwölf; und wenngleich dies im Augenblick des Blitzschlags Mittag bedeutet hatte, faßte George es als Mitternacht auf.
    Wenn eine Jungfrau um Mitternacht vorbeikommt -
    Er war schon sieben Jahre über die Jungfräulichkeit hinaus, aber dennoch versuchte er es, bündelte alle Kraft, die ihm noch verblieb, konzentrierte sich, zwang dem Geschehen seinen Willen auf: Steht auf, steht auf, Ezra, Andrew, helft mir. Dann war der Drache auch schon da, bereit, ihn zu töten, doch er hielt unentschlossen inne, als ließe er sich erst noch die verschiedenen Möglichkeiten durch den Kopf gehen, die ihm diesbezüglich zu Gebote standen. In seinem sicheren Versteck jubelte Rasferret.
    Und da bewegte sich tatsächlich eine dritte Gestalt auf dem Quad - nicht Andrew White, der saß fest auf seinem Bronzestuhl, sondern neben dem Sockel, auf dem Ezra seit so langer Zeit stand. Sie hielt einen langen, schlanken Gegenstand in der
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