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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill
Autoren: Matt Ruff
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das nicht bloß von der Feuchtigkeit in der Luft.
    »Bis hierher, Partner«, sagte Ragnarök und hielt direkt hinter dem Campus-Supermarkt und der Straight an, nur ein paar Dutzend Schritte von der Uris-Bibliothek entfernt. »Von hier findest du wohl allein hin.«
    »Weißt du denn, wo du hinwillst?« fragte ihn George.
    Ragnarök rieb sich das Auge. »Ich denke... ich denke, ich werd's bald wissen. Nicht weit. Viel Glück, George.«
    George nickte bloß. Ragnarök legte seine Hand wieder um den Gasgriff und fuhr davon, in den Nebel hinein.
    »Also los«, sagte George, als der Schwarze Ritter verschwunden war.
    Benommen, wie im Traum, lief er das letzte Stück zum Schauplatz seiner Prüfung.
     
    St. Georg und der Drache
     
    I
     
    Die klamme Dunkelheit endete am Eingang zum Quad. Nebelschlieren kringelten sich durch das Gras wie rastlose Ranken, aber größtenteils war das Schlachtfeld frei, die Sicht trotz des leichten Dunstes unbehindert. Wie die Halle eines großen Königs öffnete sich der Quad vor ihm und dehnte sich weit nach Norden hin aus, und dort, ganz hinten, lag der Drache.
    Er war groß.
    Er war sehr, sehr groß.
    Oh, sie hatten ihn groß gemacht, seine Schöpfer, größer als alle anderen Drachen vor ihm, aber wenn Verna oder Tchikovsky ihn jetzt hätten sehen können, wären sie bestürzt darüber gewesen, um wieviel gewaltiger und um wieviel lebensechter er inzwischen geworden war. Wie schlafend in sich zusammengerollt, ähnelte er einem kleinen Berg, und die Finsternis, die ihn wie ein Mantel umgab, ließ ihn noch massiger erscheinen. Hinter ihm war die Sibley Hall kaum mehr zu erkennen.
    »Warte mal«, sagte George mit einem Gesicht, als habe man ihn gerade in eiskaltes Wasser getaucht. Die Lanze in seiner Hand fühlte sich plötzlich sehr klein an. »Wart einen Moment...«
    Gelächter schallte vom Dach der Goldwin-Smith zu seiner Rechten herab. Linker Hand, in der Glockenstube der McGraw Hall, erklang ein zweites, unhörbar leises Gelächter.
    »Warte mal«, sagte George. »Warte mal.«
    Er wartete nicht.
    Mit einem Auflodern von blauem Licht und einem Gestöber sich regender Schwingen erwachte der Drache zum Leben. Er entfaltete sich wie eine Blüte von monströsen Ausmaßen, als die Schwingen sich in einer langsamen Explosion von dunkler Leinwand ausbreiteten. In Dunkelheit getaucht, ragte er wie ein gigantischer Schattenriß empor, eine schwarze Gestalt mit Augen wie blaue Kugelblitze, unwirklich und wirklich zugleich. Wird er bluten? fragte sich George. Spürt er den Schmerz, wenn ich ihm die Lanze in den Leib stoße? Oder Angst? Und wie bringe ich ihn um?
    Der Drache schlug mit den Schwingen, um sie auszuprobieren; der Luftzug zerzauste George das Haar, und mit einem Mal war er sich überdeutlich des leeren Raums hinter sich bewußt, verheißungsvoll nebelverhangener Alleen, in die er sich flüchten, in denen er sich verstecken konnte. Aber das Tier würde ihn finden. Er wußte das ebenso sicher, wie er wußte, daß Helden niemals fliehen; es würde ihn finden.
    Gegen die zunehmende Angst ankämpfend, hob George einen Fuß, machte einen Schritt nach vorn, auf den Drachen zu. Das Ungeheuer tat es ihm nach, streckte eine Pranke vor, dann die andere, und riß dabei Grassoden wie riesige Fleischklumpen aus dem Boden, während hoch oben die Flügel wie gewaltige Fächer schlugen und die Luft aufwühlten. Es sah nicht eigentlich aus, als kröche er auf ihn zu; es sah so aus, als drehte er die Erde gewaltsam unter sich weg und als zerrte er George mit jedem Ruck seiner Klauen näher zu sich heran. Sein Schwanz peitschte den Boden wie eine gefällte Eiche, die auf eine Trommel aus Erdreich und Stein schlägt.
    Mit vor Entsetzen leergefegtem Kopf und Herzen - der Drache war riesig, unvorstellbar riesig, und vielleicht würde er nicht einmal bluten - zwang sich George, mit der Entschlossenheit des Narren weiterzugehen, und hielt seinen Drachenkopf-Drachen vor sich wie ein Schild.
    Als die Entfernung zwischen ihnen auf die Hälfte geschrumpft war, ließ der Drache seinen Unterkiefer hinunterklappen, und der Geschichtenerzähler machte sich auf einen Sprung und ein Zuschnappen von Mammutzähnen gefaßt. Daß der Drache vorhatte, ihn da, wo er stand, einzuäschern - darauf wäre er nicht im Traum gekommen. Also hob er die Lanze empor und duckte sich, bereit, dem Ungetüm in die Schnauze zu stechen, wenn es versuchen sollte zu beißen.
    »Na gut, los geht's«, sagte George.
    Und marschierte geradewegs auf
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