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Fly Me To The Moon - In seinem Bann 6

Fly Me To The Moon - In seinem Bann 6

Titel: Fly Me To The Moon - In seinem Bann 6
Autoren: Anaïs Goutier
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Liebste«, forderte Ian mit sonorer Stimme und ich gehorchte zögernd.
    Ich ertastete mit Lippen und Zunge das Törtchen, das er mir hinhielt und instinktiv wollte ich die eigenen Hände zur Hilfe nehmen.
    »Vertrau mir«, raunte er und führte das Gebäck so an meinen Mund, dass ich bequem davon abbeißen konnte.
    »Gut so«, sagte er und strich mir mit einem sanften Daumen die Krümel aus dem Mundwinkel.
    Es war ein unbeschreibliches Gefühl, sich so auf einen anderen Menschen zu verlassen; sinnlich und ausgesprochen aufregend. Ich hatte das Gefühl, dass sich meine Sinneswahrnehmungen unter der Augenbinde um ein Vielfaches intensiviert hätten. Ich nahm alle Nuancen dieses Mango-Kiwi-Törtchens wahr, seine Geschmackskomponenten ebenso wie seine vielfältigen Konsistenzen. Und ich nahm Ian wahr. Seine Nähe, die mich gleichzeitig erregte und beruhigte.
    Er wartete geduldig, bis ich fertig gekaut hatte, um das Törtchen dann erneut an meine Lippen zu führen. Und wieder war da seine zärtliche Hand, die die Krümel auffing.
    Dann hörte ich ein porzellanartiges Klingen. Ich ahnte, dass er die Kaffeetasse vom Tablett genommen hatte. Wollte er mich tatsächlich mit verbundenen Augen trinken lassen? Das konnte ja nur danebengehen.
    »Nein, lass das. Wir werden alles verschütten«, protestierte ich und versuchte meine Hände zu befreien.
    »Vertrau mir, Ann-Sophie«, wiederholte Ian mit ungemein samtiger Stimme, als er zärtlich nach meinem Kinn griff und die Tasse ganz behutsam an meine Lippen führte.
    Zaghaft öffnete ich ein wenig den Mund und Ian neigte den Tassenrand so vorsichtig, dass ich tatsächlich einen Schluck nehmen konnte.
    Natürlich ging dennoch ein wenig daneben, doch die große befürchtete Kaffeepfütze blieb aus und den feinen Rinnsal, der mir am Mundwinkel hinab lief, fing Ian mit seinen Lippen auf.
    Dann löste er meine Augenbinde und ich blickte in die silberblaue Tiefe seiner herrlichen Augen, ehe mein Blick tiefer wanderte.
    »Es erregt dich, mich zu füttern?« fragte ich ein wenig belustigt.
    »Wie könnte es das nicht? Es war ein sehr sinnlicher Anblick. Und es gefällt mir, wenn du dich so auf mich einlässt. Wenn du mir die Kontrolle überlässt.«
    Mit diesen Worten beugte er sich über mich, löste meine Fesseln und dirigierte mich gleichzeitig in die Waagerechte. Wir liebten uns zärtlich und ruhig, auf fast meditative Weise an diesem Sonntagmorgen und wieder einmal war ich fasziniert von Ians Qualitäten als Liebhaber und seiner geradezu übermenschlichen Ausdauer.
     
     

Kapitel 4
     
    Natürlich reiste Ian weiterhin um die Welt und ich war weder fähig noch willens, ihn dabei ständig zu begleiten. Dennoch fanden wir mit der Zeit zu einer durchaus praktikablen Lösung, die es uns ermöglichte, uns sogar öfter und länger zu sehen, als es für die meisten Paare mit herkömmlichen Wochenend- und Fernbeziehungen realisierbar war. Wann immer es ging, schob Ian zwischen seinen Geschäftsreisen ein- oder mehrtägige Zwischenstopps in Frankfurt ein und wann immer ich es mir einrichten konnte und sein Terminkalender zudem ausreichend Raum für ein bisschen Zweisamkeit und Sightseeing bot, reisten wir für ein paar Tage gemeinsam.
     
    Dann kam Anfang September die Finissage, der festliche Abschluss der Bellmer-Bourgeois-Ausstellung der Sammlung Reed, bei der Ian und ich uns vor etwa vier Monaten kennengelernt hatten. Diese zufällige Begegnung im Eingangssaal der Ausstellung, das erneute Aufeinandertreffen auf der Terrasse des Museumscafés, der vermeintliche One-Night-Stand in der Präsidentensuite des Grand Reed, all das lag kaum mehr als ein Vierteljahr zurück und doch schien sich seitdem einfach alles verändert zu haben. Seither war so viel geschehen, dass es mir fast so vorkam, als wäre es ein zweites, neues Leben, das an jenem sonnigen Mai-Nachmittag für mich begonnen hatte. Eines voller Höhen und Tiefen, voller Liebe und Leidenschaft und so extremer Emotionen, wie ich geglaubt hatte, sie in meinem soliden, vorhersehbaren und gut strukturierten Wissenschaftlerleben niemals in natura kennenzulernen.
    Ich hatte mich in einen der reichsten, attraktivsten und unstetesten Männer der Welt verliebt und aus unerfindlichen Gründen hatte auch er sich in mich verliebt. Dabei war ich keine Frau, in die man sich allzu leicht verliebte, jedenfalls weit entfernt von den duckmäuserischen Frauchen, die gern zu einem erfolgreichen Mann aufblickten und ebenso weit entfernt von den
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