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Fly Me To The Moon - In seinem Bann 6

Fly Me To The Moon - In seinem Bann 6

Titel: Fly Me To The Moon - In seinem Bann 6
Autoren: Anaïs Goutier
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temporäre Sonderausstellung im Sommerhalbjahr. In diesem Jahr werden wir mit dieser Konvention brechen und auch im Winterhalbjahr eine große Sonderschau mit dem Titel Bound – Gefesselte Körper in der Kunst präsentieren. Ich bin sehr glücklich und ausgesprochen stolz, dass wir als Gastkuratorin die renommierte Frankfurter Kunstwissenschaftlerin Frau Dr. Ann-Sophie Lauenstein gewinnen konnten.«
    Ian hatte mir gesagt, dass er das Ausstellungsprojekt heute ankündigen würde und trotzdem traf es mich völlig unvorbereitet, als mich plötzlich alle ansahen. Mein Herz schlug bis zum Hals und meine Wangen glühten, als ich tapfer lächelte und freundlich in die Runde nickte.
     
     

Kapitel 5
     
     

    In den darauffolgenden Wochen lag die Forschungsarbeit für mein Habilitationsvorhaben weitestgehend auf Eis. Neben meiner Tätigkeit an der Universität in nur drei Monaten eine themengebundene Gruppenausstellung von internationalem Rang auf die Beine zu stellen, war eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Normalerweise ging man bei der Realisierung eines Ausstellungsprojekts von dieser Größenordnung von einer Vorbereitungszeit von etwa zwei Jahren aus. Ohne Ians Unterstützung wäre ich schon allein an dieser Vorstellung verzweifelt.
    Allerdings arbeitete wohl auch kein Kurator einer öffentlichen Einrichtung unter so luxuriösen Bedingungen, wie sie Ian für mich geschaffen hatte. Mir standen nicht nur drei kuratorische Assistenten und zwei wissenschaftliche Mitarbeiter zur Verfügung, sondern auch im Hinblick auf Leihgaben, Versicherungs- und Transportkosten gab es keinerlei finanzielle Einschränkungen. Ich hatte also weder mit einem knappen Budget zu kämpfen, noch brauchte ich mich um Drittmittel und Sponsoring zu kümmern und konnte mich somit ganz auf meine eigentlichen kuratorischen Aufgaben konzentrieren, die im Wesentlichen aus Sichtung, Konzeption und Beschaffung bestanden. Auch ein repräsentativer Begleitkatalog hätte unter gewöhnlichen Umständen innerhalb dieses knappen Zeitfensters niemals rechtzeitig fertig werden können, aber Ian ließ auch hier seine Beziehungen spielen und so konnten wir einen überaus renommierten Kunstbuchverlag für den Druck und von mir hochgeschätzte Kollegen aus aller Welt für Beiträge gewinnen.
    Aber das eigentliche Highlight der immer wieder auch sehr stressigen Ausstellungsvorbereitung waren meine zahlreichen Aufenthalte im Depot der Sammlung Reed. Hin und wieder begleitete mich Ian in das Fort-Knox-artig gesicherte Kellergeschoss des Museums für phantastische Kunst, wo die derzeit nicht im Sammlungskontext präsentierten Kunstwerke gelagert und in hochmodernen deckenhohen Schiebeschränken verwahrt wurden. Es fühlte sich an wie eine sinnliche Entdeckungsreise in die Geschichte der Kunst, wenn man eine dieser Schiebewände herauszog und dabei immer wieder neue und andere Meisterwerke entdeckte.
    An diesem stürmischen Freitagabend in der letzten Oktoberwoche begutachteten wir die sammlungseigenen Werke, die ich für die Ausstellung ausgewählt hatte. Vor allem aus dem Umfeld des Symbolismus besaß die Sammlung Reed eine Reihe repräsentativer Gemälde zum Andromeda-Thema von Gustave Moreau, Edward Burne-Jones und Gustave Doré, aber auch zwei wunderbare Darstellungen des an den Kaukasus geketteten Prometheus von Moreau und Franz von Stuck. Hinzu kamen eine Darstellung des von Brunhilde gefesselten Gunther von Johann Heinrich Füssli sowie hervorragende Werke zum Thema der erotischen Fesselung aus der Strömung des Surrealismus mit passenden Hauptwerken von Clovis Trouille und Leonor Fini.
    Außerdem verfügte das Archiv über eine umfangreiche Sammlung von Druckgraphiken und Fotografien, aus der ich erstklassige Arbeiten von Man Ray, Max Ernst und natürlich von Hans Bellmer ausgesucht hatte.
    Gemeinsam betrachteten wir auch das Modell der drei Ausstellungsräume, das ich zusammen mit meinen Assistenten erstellt hatte. Die beiden jungen Studentinnen, die mir zuarbeiteten, waren zwar eine Weile mit Basteln beschäftigt gewesen, bis das maßstabgetreue 3-D-Modell fertig gewesen war, aber jetzt konnte man mit Miniaturabbildungen der vorgesehenen Kunstwerke ganz bequem verschiedene Hängungen ausprobieren und diskutieren, obwohl viele der Arbeiten aus aller Welt erst kurz vor Ausstellungsbeginn eintreffen würden und im Original nicht für derartige Experimente zur Verfügung standen.
    »Ich liebe dieses Bild«, sagte ich nach dieser Trockenübung zu Ian und zog
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