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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag
Autoren: Jeanine Krock
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rechtfertigen, ihm erklären, dass die Renovierungsarbeiten im Haus ihre ganze Aufmerksamkeit gekostet hatten, da sah sie, wie Cathures Gesichtszüge weich wurden, und folgte seinem Blick. Am Rande der neu gebauten Treppe zum Strand tauchte Nigella auf. Die Fee lief durch das kniehohe Gras und warf sich in Cathures Arme. Nach einer innigen Begrüßung sah jedoch auch sie sich kritisch um. »Feuer und Luft sind nicht die geeigneten Elemente für einen solchen Garten.« Nigella stemmte die Hände in die Taille. »Darling …?«
    Cathure lächelte, und plötzlich schienen der Rasen noch grüner, die Farben der Blumen noch kräftiger zu sein. »Natürlich. Ich wollte auf dich warten, bevor ich es ihnen sage.«
    »Darf ich?« Sie wartete seine Zustimmung gar nicht erst ab. »Wir haben uns überlegt, ein paar gute Feen zu schicken, die dafür sorgen werden, dass ihr euch in Zukunft - ganz gleich, wo ihr wohnt - niemals mehr Gedanken um den Garten machen müsst.«
    »Jetzt sind wir bald wieder in ihrer Schuld, nicht wahr?« Juna hatte sehr leise gesprochen, aber Cathure warf ihr dennoch einen belustigten Blick zu.
    »Wir nehmen das Angebot natürlich gern an.«

    Juna kraulte ihren eineinhalbohrigen Hund, bis er zufrieden schnaufte. Sie war unfassbar glücklich gewesen, als sie nach ihrer Rückkehr in diese Welt entdeckte, dass Finn seinen Weg irgendwie nach Glasgow zurückgefunden hatte und sie bereits in der Obhut des Sicherheitschefs erwartete. Ganz im Gegensatz zu ihrem Auto, das sie erst aus seinem Versteck in dem Wäldchen neben dem Schlachtfeld abholen mussten. Nur das in der Schlacht verlorengegangene Amulett hatten sie nicht wiedergefunden.
    Nigella und Cathure wechselten einen langen Blick. »Du möchtest wissen, wer Finn wirklich ist, nicht wahr?«
    Juna blickte auf und wartete gespannt. »Er taucht immer wieder mal irgendwo auf … seit sehr vielen Jahren«, sagte Cathure schließlich vage. »Es gibt Erzählungen, nach denen er einst ein bedeutender Magier war und heute die Gestalt eines Hundes annehmen kann. Manchmal erscheint er auch als Hirsch.«
    Nigella strich über Finns schwarz glänzendes Fell. »Jener Finn hat allerdings - zumindest in zweibeiniger Gestalt - die gleiche Haarfarbe wie mein Cathure.«
    »Da haben wir drei ja etwas gemeinsam.« Juna zog ihre Mütze vom Kopf. Der Tod durch Michaels Hand hatte sie auch äußerlich verändert. Ihre herrliche Mähne war weiß geworden und widerstand seither jedem Versuch, sie zu färben. Sie trug das Haar inzwischen kinnlang und meist versteckt unter großen Kappen oder Mützen, um neugierige oder mitleidige Blicke zu vermeiden. Ihren Wunsch nach einem unauffälligen Leben in dieser Welt erschwerte nicht nur dieser unverwechselbare Schopf, sondern auch die einzigartige Färbung ihrer Flügel. Dank ihrer Wiedererweckung im Zeichen des Lichts schimmerten diese in den
Farben der Morgenröte. Welchem Engel sie auch begegnete, er würde sofort wissen, wer sie war.
    Die Feen reagierten zum Glück entspannt, obwohl weißes Haar in Cathures Reich dem Adel vorbehalten war.
    Kurz darauf verabschiedeten sich ihre Gäste mit dem Versprechen, bald wiederzukommen.
    »Für ein einsam gelegenes Haus ist hier eine Menge los.« Arian wandte sich zu Juna um, und Sekunden später küssten sie sich, als gäbe es kein Morgen mehr. Schließlich löste er sich von ihr und sah sie unter halb geschlossenen Lidern an. Juna war so sehr in die Betrachtung seiner langen, geschwungenen Wimpern versunken, dass sie seine Frage zuerst gar nicht hörte.
    Geduldig wiederholte er die Worte. »Ich weiß, dass Nephthys uns auf immer verbunden hat. Trotzdem muss ich dich das fragen: Möchtest du auch in Zukunft mit mir zusammenleben, mein Engel?«
    Sie gab einen entzückten Laut von sich, und ihre Schwingen öffneten sich wie von selbst. Als Juna sah, dass Arian ungeduldig auf eine Reaktion wartete, zog sie seinen Kopf zu sich herab und hauchte ihre Antwort als zärtlichen Kuss auf seine Lippen.
    »Bist du bereit?«, flüsterte er in ihr Ohr. Er wartete die Antwort nicht einmal ab, sondern ergriff ihre Hand und führte sie auf die Terrasse hinaus. Dort öffnete er seine Schwingen vollständig, und Juna tat es ihm nach. Gemeinsam flogen sie in die Abendsonne, bis schließlich zarte Wolken den Blick auf das ungleiche Paar verschleierten.

Originalausgabe 09/2010
Redaktion: Catherine Beck
    Copyright © 2010 by Jeanine Krock
    Copyright © 2010 dieser Ausgabe by
Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der
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