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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag
Autoren: Jeanine Krock
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dieser Trick keineswegs unbekannt. Leider führte er zu heftigem Schlafentzug, den sie sich als Tierärztin auf Dauer nicht leisten konnte.
    Da sie Arians wahre Gestalt kannte, war es für sie nicht weiter verwunderlich, dass er mit Vorliebe nackt und meistens auf dem Bauch schlief, weil seine Flügel im Wege waren. Jedes himmlische Wesen beherrschte die einfache Magie, die es ermöglichte, die Flügel spurlos verschwinden zu lassen … nur eben nicht im Schlaf. Einem Luxus, den sich Engel aber ohnehin selten gönnten.
    Bisher hatte sie gegen Arians Schlafgewohnheiten nichts einzuwenden gehabt. Übernehmen wollte sie diese allerdings auch nicht. Nach einem anscheinend aussichtslosen Kampf gegen Hemd und Bettzeug schlief sie schließlich doch wieder ein … auf dem Bauch. Und bald darauf begann der Traum:
    »Komm!«
    Nicht Juna war gemeint, sondern Arian.
    Er gehorchte. Schließlich stand er vor Nephthys, und sie legte beide Hände über die Wunde in seinem Körper. Die eiskalte Engelkönigin schloss die Augen und hub zu einem merkwürdigen Singsang an. Arian wirkte wie verzaubert. Er schwankte leicht, und Juna wollte zu ihm eilen, um ihn zu stützen, doch Lucian hielt sie zurück. »Sieh genau hin. Es ist ein Wunder!«
    Und tatsächlich konnte sie beobachten, wie sich Arians tödliche Wunde langsam schloss. Was die Frage aufwarf, warum Juna ihrer Mutter körperlich unversehrt begegnet war. Lucian flüsterte ihr zu, dass dies bei Menschen, die
auf ihrem Weg ins Friedland die Vorhallen von Elysium erreichten, eben so sei. Entgegen ihrer Natur gab sie sich damit zufrieden, registrierte, dass ihre Frage Wo bin ich? nebenbei beantwortet worden war, und konzentrierte sich nun auf die Geschehnisse in ihrem Traum, die freundlicherweise darauf gewartet zu haben schienen, dass sie ihnen wieder ihre volle Aufmerksamkeit schenkte.
    Nephthys küsste die Stirn ihres Sohns. Jeder der Augenzeugen wusste, dass sie ihn, wie schon zuvor der mächtige Fürst der Unterwelt, damit offiziell anerkannt hatte. Auch Juna hegte keinen Zweifel daran, obwohl sie sich eine Liaison zwischen den beiden beim besten Willen nicht vorstellen konnte.
    Sie richtete sich auf, griff nach dem Wasserglas, das immer an ihrem Bett stand, und trank durstig daraus, bis der letzte Tropfen ihre Kehle benetzt hatte.
    Juna?
    Ich komme schon! Mit schlechtem Gewissen kehrte sie in ihren Traum zurück.
    Arian brauchte nicht zu fragen, warum sich Nephthys ihm nicht früher offenbart hatte, und auch Juna kannte die Antwort.
    Noch vor kurzem hätte es in dieser Welt keinen Platz für jemanden mit seiner Abstammung gegeben, und er wäre gezwungen gewesen, in Gehenna unter dem Einfluss seines Vaters zu existieren. Sie hatte ihn jedoch zu sich genommen, ausgebildet und es ihm damit ermöglicht, sich frei zwischen einem Dasein im Licht und der Welt der Schatten zu entscheiden. Äußerlich inzwischen mit den Attributen eines dämonischen Engels ausgestattet, hatte er sich unter ihrer Führung eine reine Seele bewahrt.

    »Und nun komm du zu mir!« Nephthys winkte Juna herbei.
    Verschlafen erhob sie sich aus ihrem Bett und ging auf bloßen Füßen über den weichen Boden. Als sie neben Arian stand, ergriff er ihre Hand. Hab keine Angst.
    Nephthys sah zu Rachiel und Lucian, die Seite an Seite das Geschehen beobachteten. »Das muss eben ausreichen«, sagte sie wie zu sich selbst und machte ihnen ebenfalls ein Zeichen, näher zu kommen.
    Als folgten sie einer geheimen Choreografie, stellte sich Lucian neben Arian, während Rachiel ihrer Tochter zur Seite stand.
    »Juna, Arian. Kniet nieder!«
    Juna hatte das merkwürdige Gefühl, Zuschauerin und Handelnde in einer Person zu sein. Der Traum erschien ihr ungewöhnlich realistisch und absurd zugleich. Sie kniete nieder und spürte Nephthys’ Hand auf ihrem Kopf.
    »Arian, geboren im Zeichen des Windes, und Juna, Hüterin des Feuers, ich verbinde euch mit dem heutigen Tag zu einer unauflöslichen Einheit. Mögen eure Kräfte sich befruchten und gegenseitig kontrollieren.« Sie bedeutete ihnen, sich zu erheben. »Von diesem Tag an werdet ihr Boten zwischen den Welten sein.«
    Ihre Stimme klang fast so unbeteiligt wie immer, als sie ihnen anschließend ihren Plan erläuterte. Arian, dem als legitimer Sohn des Höllenfürsten freie Passage nach Gehenna und in alle anderen Welten der Finsternis gewährt worden war, würde zwar Elysium und selbst dessen Vorräume von nun an niemals wieder auf legalem Wege betreten können, aber dafür
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