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Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)

Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)

Titel: Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)
Autoren: Anne Alexander
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Empfehlungsschreiben oder sonstige Referenzen?" erkundigte sich Anabel. "Bitte verzeihen Sie meine Neugier. Es ist es schwer, ohne eine Empfehlung eine gute Gouvernantenstelle zu finden. Ich selbst bin den Denhams über eine Londoner Agentur vermittelt worden. Der Leiter des Waisenhauses, in dem ich großgeworden und ausgebildet worden bin, hat mir die notwendige Empfehlung ausgestellt." Sie öffnete ihre Handtasche und entnahm ihr ein Bündel Papiere.
    "Eine Empfehlung wird mir über eine Freundin nachgeschickt werden", sagte Darcey. Da sie sich sicher war, Anabel Curtis niemals wiederzusehen, erzählte sie ihr von ihrer Flucht aus London.
    "Da hatte ich ja noch Glück, von dem alten Anwalt, dessen Mündel ich nach dem Tod meiner Eltern wurde, in ein Waisenhaus für höhere Töchter gesteckt zu werden", meinte Anabel Curtis. "Dort bin ich wenigstens nicht gezwungen worden, mich mit einem Mann zu verloben, den ich verabscheue." Sie nippte an ihrem Tee. "Andererseits, wer weiß, ob mein Vormund nicht eines Tages auch auf die Idee gekommen wäre, mich zu verheiraten. Im Grunde war er ein liebenswürdiger, alter Herr. Er hat mich zweimal im Jahr im Waisenhaus besucht und mir jedesmal ein paar Süßigkeiten mitgebracht. Letztes Jahr ist er verstorben."
    "Haben Sie keine Verwandten?"
    "Nein, ich stehe völlig allein auf der Welt."
    "Das tut mir leid", sagte Darcey.
    Anabel erzählte, was sie von ihrer neuen Stelle wußte. Der Besitz von Lord und Lady Denham lag in der Nähe von Tintagel, einem der legendärsten und berühmtesten Orte Cornwalls. Lord Denham hielt sich den größten Teil des Jahres in London auf und gehörte dem Oberhaus an. Die Denhams hatten eine fünfjährige Tochter namens Elizabeth, um deren Erziehung sie sich kümmern sollte. Während sie sprach, röteten sich ihre Wangen vor Eifer. Es war ihr anzusehen, wie sehr sie sich auf ihre Stelle freute.
    Die jungen Damen beschlossen, sich ein paar Minuten die Füße zu vertreten. Das Wetter war besser geworden. Schon seit über einer Stunde schneite es nicht mehr. Sie gingen durch die überfüllte Gaststube ins Freie. Vor kurzem war eine weitere Postkutsche angekommen. Ein Bursche führte die beiden Pferde, die sie gezogen hatten, zu den Stallungen.
    Darcey sprach von London, das Anabel nicht kannte. Sie erzählte von den Sehenswürdigkeiten der Stadt, ihren Parks und Theatern. Mit einem Mal wurde ihr bewußt, wie sehr sie London liebte. Sie hatte sich jedes Jahr darauf gefreut, die Wintermonate in London zu verbringen. So etwas wie Wehmut ergriff ihr Herz.
    Plaudernd gingen sie durch den Schnee. Zwischen ihnen herrschte eine Vertrautheit, wie sie gewöhnlich nur zwischen Freunden bestand. Sie hatten vieles gemeinsam, nicht nur den Beruf, mit dem sie in den nächsten Jahren ihren Lebensunterhalt verdienen wollten. Sie sprachen von den öffentlichen Bibliotheken, die nach und nach in den großen Städten Englands eingerichtet wurden und Elizabeth Blackwell, die im letzten Jahr als erste Frau in Amerika Ärztin geworden war.
    "Eines Tages werden wir dieselben Rechte haben wie die Männer", prophezeite Anabel Curtis. Sie schaute auf und erblickte auf der anderen Seite der Straße einen mittelalterlichen Galgen. "Den muß ich mir genauer ansehen." Hätte sie sich umgeschaut, hätte sie die Kutsche bemerkt, die auf sie zufuhr, aber sie schaute sich nicht um.
    "Miss Curtis!" schrie Darcey. Es war bereits zu spät. Der Kutscher hatte die Pferde nicht mehr so schnell zum Stehen bringen können. Sie rasten auf Anabel zu. Die junge Frau stolperte und stürzte. Darcey schlug die Hände vors Gesicht. Sie hörte Leute schreien, hörte das Wiehern der Pferde... Um sie herum herrschte ein wahres Tohuwabohu. Dann wurde es still, zu still...
    Darcey zwang sich, die Hände vom Gesicht zu nehmen. Anabel Curtis lag wie eine weggeworfene Puppe auf der Straße. Um ihren Kopf herum hatte sich der schmutzig graue Schnee rot verfärbt. Schritt für Schritt ging sie auf Anabel zu. Die Leute, die sich um die junge Frau gescharrt hatten, machten ihr schweigend Platz. Sie kniete sich neben Anabel, berührte ihre Hand.
    Anabel schlug die Augen auf. "Was ist passiert?" formten ihre Lippen.
    "Sie dürfen jetzt nicht sprechen, meine Liebe", sagte die Postmeisterin. Sie winkte ein paar Leute herbei, die dicke Decken trugen.
    Nachdem man die Decken auf dem Boden ausgebreitet hatte, wurde Anabel Curtis hinaufgeschoben und von vier Männern in den Gastraum gebracht. Darcey folgte ihnen bedrückt
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