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Flucht aus Oxford

Titel: Flucht aus Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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bewegen uns im Kreis. Sollen wir für heute aufhören und zu Bett gehen?«
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon.
    »Ich hasse Anrufe zu so später Stunde«, sagte Kate, während sie aufstand, um abzunehmen. »Man fürchtet immer schlechte Nachrichten.«
    Es war Tim Widdows.
    »Mir ist gerade eingefallen, wo ich den anderen Ausländer gesehen habe«, eröffnete er der verblüfften Kate. »Ich dachte mir, dass Sie noch auf sind, und wollte es Ihnen direkt mitteilen. Es war vor Gatts Farm an dem Morgen, als ich gebeten wurde, Donnas Leiche zu identifizieren.«
    »Und wer war es?«
    »Keine Ahnung. Es war nur eine Stimme, die mich gefragt hat, was passiert war – wie alle anderen auch. Ich habe ihn nicht gesehen, weil er hinter mir stand.«
    »Ein Mann, und obendrein Ausländer. Sehr interessant. Danke, Tim. Schlafen Sie gut.«
    »Sehen wir uns morgen? Finden Sie nicht, dass wir dieser Spur nachgehen sollten?«
    »Wenn Sie meinen.«
    Kate legte auf und erzählte Roz, was sie erfahren hatte.
    »Bringt uns das irgendwie weiter?«, fragte Roz.
    »Ich weiß nicht recht. Selbst wenn es eine Verbindung zu dem Toten in Broombanks gäbe, wüsste ich nicht, wo uns das hinführen könnte. Es macht auch keinen Sinn, morgen zu Gatts Farm zu gehen und nach dem Mann zu suchen. Er wird wohl kaum noch dort herumstehen.«

24
    Am folgenden Morgen erwachte Kate sehr früh. Da sie nicht gern liegen blieb, wenn sie erst einmal wach war, schlüpfte sie aus den Kissen und ging nach unten, um sich eine Tasse Kaffee aufzubrühen. Der Morgen war kühl und diesig, die frische Luft draußen lockte. Über den Feldern am Fluss lag weißer Dunst, auf dem Bäume und ein ferner Kirchturm schwammen wie Requisiten einer geträumten Landschaft. Bald würde es morgens dunkel und feucht sein, und Kate beschloss, das gute Wetter auszunutzen, solange es noch ging. Sie duschte und zog Jeans, ein T-Shirt und Laufschuhe an. Zum Schluss griff sie nach einem Sweatshirt – falls ihr unterwegs kalt werden sollte – und öffnete die Haustür. Kühle, feuchte Luft schlug ihr ins Gesicht.
    Halt, dachte sie und blieb stehen. Ich sollte Roz vielleicht besser eine Nachricht hinterlassen, wohin ich gegangen bin. Zwar hatte sie sich längst abgewöhnt, irgendwem mitzuteilen, wo sie sich aufhielt, doch in diesem Fall erschien es ihr höflicher. Der Gedanke, dass es im Cottage jemanden gab, den es interessierte, ob sie zu Hause war oder nicht, kam ihr merkwürdig vor. Aber wenn sie für ein, zwei Stunden so mir nichts, dir nichts verschwand, würde sich Roz vielleicht Sorgen machen. Du glaubst wohl an den Weihnachtsmann , meldete sich eine innere Stimme, doch Kate glaubte inzwischen daran, dass ihre Mutter sich seit den leichtsinnigen, sorglosen Tagen ihrer Jugend verändert hatte. Und so schrieb sie eine kurze Notiz: Gehe in Richtung Gatts Farm spazieren , bin rechtzeitig zum Frühstück zurück . Kuss , Kate .
    Sie legte den Zettel unter einen Briefbeschwerer auf dem kleinen Tisch neben der Haustür und schloss leise die Tür hinter sich. Mit schnellen Schritten lief sie den Hügel hinunter; die Luft war wirklich sehr kühl, fast ein wenig frostig, und sie musste sich bewegen, wenn sie nicht frieren wollte.
    Als sie das Rasenoval vor Gatts Farm erreichte, war ihr so warm, dass sie sogar ein wenig schwitzte. Sie blieb stehen, joggte aber auf der Stelle, um ihren Kreislauf nicht absacken zu lassen. Was mochte hinter diesen Mauern, in diesen Gebäuden vorgegangen sein? Was hatte Donna dort gemacht, und wer hatte zugesehen, wie sie starb? Kate spähte in den Hof. Gab es vielleicht irgendeinen Hinweis auf das Geschehen? Trotz der frühen Morgenstunde war das Tor bereits weit offen. Mitten im Hof stand ein gelber Lieferwagen, der, im Gegensatz zu den glänzend polierten Fahrzeugen, die man häufig im Dorf sah, mit Schlamm bespritzt war und sehr schäbig wirkte.
    Wahrscheinlich ist der Wagen erst vor wenigen Minuten aus Ungarn oder der Ukraine zurückgekommen, dachte Kate. Welches war noch das dritte Land, aus dem Derek Fuller seine Möbel bezog? Ach ja, Rumänien.
    Der Hof wirkte verlassen, doch dann hörte Kate Männerstimmen und schwere Schritte, die sich von der Werkstatt her näherten. Am anderen Ende des Hofes tauchten drei Gestalten auf. Sie erkannte Derek Fuller, der eine Wachsjacke und eine Tweedkappe trug; die beiden anderen Männer waren ihr fremd. Ihre massigen Körper steckten in dunkler Kleidung, und sie hatten ihre Wollmützen tief in die Stirn gezogen,
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