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Fluch der Unsterblichkeit

Fluch der Unsterblichkeit

Titel: Fluch der Unsterblichkeit
Autoren: Roger Zelazny
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hast du sehr kräftige Hände.«
    »Bist du eine von den Rückkehrern?«
    »Ja, und du?«
    »Ich arbeite für das Büro. Ich habe keinerlei politische Ansichten.«
    »Karaghiosis hat Schutzzentren bombardiert.«
    »Ja, das hat er.«
    »Tut dir das leid?«
    »Nein.«
    »Ich weiß wirklich nicht sehr viel von dir, nicht?«
    »Du weißt alles über mich. Du brauchst nur zu fragen. Ich bin wirklich überhaupt nicht schwierig. – Da kommt mein Lufttaxi.«
    »Ich kann nichts hören.«
    »Du wirst es gleich hören.«
    Einen Augenblick später glitt das Taxi aus dem Himmel den Leitstrahl herunter, den ich am Rand der Terrasse aufgestellt hatte. Ich stand auf und zog auch sie auf die Beine, als das Ding niedrig heransummte: ein Radson-Gleiter, eine spiegelnde, transparente Nußschale von sieben Metern Länge mit flachem Bauch und stumpfer Nase.
    »Willst du irgendwas mitnehmen?« fragte sie.
    »Das weißt du doch, aber ich kann es nicht!«
    Der Gleiter setzte auf, die Tür glitt zur Seite. Der Pilot drehte seinen Insektenkopf zu uns herüber.
    »Ich habe so ein dummes Gefühl«, sagte sie, »so als stolpertest du direkt in eine Gefahr hinein.«
    »Das glaube ich nicht, Kassandra.«
    »Auf Wiedersehen, mein Kallikanzaros!«
    Ich stieg in den Gleiter, und wir schossen in den Himmel hinauf. Ich hauchte ein Gebet zu Aphrodite. Unter mir sah ich Kassandra winken. Hinter mir spannte die Sonne ihr Lichtnetz aus. Wir sausten nach Westen. – Und hier wäre jetzt die Stelle für einen geschickten Übergang, aber es gibt keinen. Von Kos bis Port-au-Prince brauchten wir vier Stunden: graues Wasser, bleiche Sterne, und ich sehr wütend. Schau, die farbigen Lichter ...
    In der Halle wimmelten Menschen wie Ungeziefer herum. Ein riesiger tropischer Mond hing am Himmel, als wollte er gleich zerplatzen. Ich konnte beides so gutbeobachten,weil es mir schließlichgelungenwar, Ellen Emmett auf den Balkon hinauszulocken; die Türen wurden durch Magnetstopper offengehalten.
    »Na, wieder von den Toten auferstanden«, hatte sie mich begrüßt und dabei leicht gelächelt. »Fast ein Jahr warst du weg, und nicht mal eine Karte mit herzlichen Genesungswünschen aus Ceylon hast du mir geschrieben.«
    »Warst du krank?«
    »Ich hätte ja immerhin krank sein können.«
    Sie war klein, und wie alle Nachtmenschen hatte sie eine milchweiße Haut irgendwo unter ihrer Simifarbe. Sie erinnerte mich an eine komplizierte mechanische Puppe mit einem nicht ganz intakten Werk – kühle Grazie und eine Neigung, den Leuten gegen das Schienbein zu treten, wenn die am wenigsten damit rechnen. Und sie trug ihr üppiges volles orangebraunes Haar zu einem Gordischen Knoten geschlungen. Ihre Augen hatten jeweils die Farbe, die dem Gott ihrer Wahl für den Tag gerade gefiel – ich weiß es jetzt nicht mehr, aber sie sind tief, tief unten immer irgendwie blau. Wie immer das Zeug heißt, das sie anhatte, es war braungrün und reichlich bemessen. Sie sah aus wie eine formlose Pflanze, und das war die schamlose Lüge eines Couturiers, wenn sie nicht schon wieder mal schwanger war, was ich bezweifelte.
    »Na, dann werd' bald wieder gesund«, sagte ich, »wenn das nötig ist. Ich bin übrigens nicht nach Ceylon gefahren. Ich war meistens im Mittelmeerraum.«
    Drinnen hörte man jetzt Applaus. Ich war froh, daß ich draußen stand. Die Akteure hatten gerade Grabers Maske der Demeter beendet, die er in Pentametern und zuEhren unseres Gastes von der Wega geschrieben hatte. Die ganze Angelegenheit hatte zwei Stunden gedauert und war außerdem noch schlecht gewesen.
    Der Applaus erstarb. Ich hörte das gläserne Klingeln der Thelinstra-Musik und das aufbrodelnde Stimmengemurmel. Ellen lehnte sich gegen die Balustrade.
    »Ich hab' gehört, du bist derzeit gerade ein bißchen verheiratet?«
    »Stimmt«, pflichtete ich ihr bei, »aber ich bin auch sonst ein bißchen unter Druck. Warum hat man mich zurückgerufen?«
    »Frag deinen Chef.«
    »Hab' ich gemacht. Er hat mir erklärt, ich solle eine Führung übernehmen. Aber was mich dabei interessiert ist, warum? – Der wirkliche Grund. Ich hab' lange darüber nachgedacht, und es wird immer undurchsichtiger.«
    »Wie also soll ich dann darüber Bescheid wissen?«
    »Du weißt doch immer alles.«
    »Du überschätzt mich, mein Lieber. Wie ist sie? «
    Ich zuckte die Schultern.
    »Eine Seejungfrau, vielleicht. Warum?«
    Nun zuckte sie mit den Schultern.
    »Schlichte Neugierde. Wie beschreibst du mich anderen Leuten gegenüber?«
    »Ich
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