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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman
Autoren: Stephen King
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einmal irgendwelche unberechenbaren Bewegungen machte.
    »Billy, ich bin so froh, daß du wieder da bist. Versprich mir, daß du mich für das, was ich dir angetan habe, nicht mehr hassen wirst. Versprichst du mir das?«
    »Ich versprech's dir«, sagte er freundlich, und strich ihr wieder übers Haar. Sie hat recht, dachte er. Die Torte ist immer noch warm. »Jetzt laß uns aber reingehen.«
    Sie stellte die Platte auf der Küchentheke ab und fing an, das Geschirr abzuspülen.
    »Willst du nicht gleich ein Stückchen essen?« fragte Billy.
    »Vielleicht nachher, wenn ich das hier fertig habe«, antwortete sie. »Aber nimm du dir ruhig eins, wenn du magst.«
    »Nach der Mahlzeit, die ich vorhin weggeputzt habe?« Er lachte.  
    »Du wirst in nächster Zeit alle Kalorien brauchen, die du nur kriegen kannst.«
    »Ja, aber im Augenblick ist es einfach ein Fall von: Kein Platz mehr frei. Soll ich dir beim Abtrocknen helfen?«
    »Ich möchte, daß du schon mal vorgehst und dich gleich ins Bett legst. Ich komm gleich nach.«
    »Na gut.«
    Er ging hinauf, ohne sich noch mal umzusehen. Es war viel wahrscheinlicher, daß sie noch an der Torte naschen würde, wenn er nicht dabei war. Aber vielleicht würde sie heute nacht doch nichts mehr davon essen. Heute nacht wollte sie zu ihm ins Bett - vielleicht sogar mit ihm schlafen. Nun, da gab es ein gutes Abschreckungsmittel. Er brauchte sich nur nackt ins Bett zu legen. Wenn sie ihn so sah ...
    Und was die Torte betraf ...
    »›Fiedel-didel-die‹, sagte Scarlet. ›Ich esse meinen Kuchen nicht. Morgen ist auch noch ein Tag‹.« Er lachte über die Bosheit in seiner Stimme. Jetzt stand er im Bad auf der Waage. Als er in den Spiegel blickte, sah er Ginellis Augen.
    Er wog schon wieder hunderteinunddreißig Pfund, aber das machte ihm keine rechte Freude. Immer noch empfand er überhaupt keine Gefühle, nur Müdigkeit. Er war unglaublich müde. Er ging den Flur, der ihm jetzt auch völlig fremd war, entlang ins Schlafzimmer und stolperte in der Dunkelheit.
    Fast wäre er gefallen. Heidi hatte die Möbel umgestellt. Sie hatte sich die Haare schneiden lassen, eine neue Bluse gekauft und den kleinen Schreibtisch mit dem Stuhl im Schlafzimmer umgestellt - aber das war nur der Anfang von Fremdheit in diesem Haus. Sie mußte, während er weggewesen war, irgendwie darin gewachsen sein. Ob Heidi nicht doch auch verflucht worden war, nur eben auf viel subtilere Weise? So lächerlich war der Gedanke gar nicht.
    Linda hatte die Fremdheit im Hause jedenfalls erkannt und war vor ihr geflohen.
    Langsam zog er sich aus.
    Er lag im Bett und wartete, daß sie heraufkam. Doch statt dessen hörte er gedämpfte Geräusche, die ihm eine bekannte Geschichte erzählten. Das Quietschen einer der oberen Schranktüren – die linke, hinter der sie ihre Dessertteller aufbewahrten. Heidi hatte sie offenbar geöffnet. Dann das Rasseln der Schublade und das Scheppern von Besteck, als sie ein Messer herausnahm.
    Mit klopfendem Herzen starrte Billy ins Dunkel.
    Ihre Schritte durchquerten die Küche - sie ging zur Theke, auf der sie die Torte abgestellt hatte. Er hörte es an einem der mittleren Bodenbretter, das schon seit Jahren knarrte.
    Was wird es aus ihr machen? Mich hat es dünn gemacht. Cary Rossington ist zu einer Art Tier geworden, aus dessen Haut man nach dem Tode Leder machte Und Duncan Hopley hat es zu einer menschlichen Pizza werden lassen. Was wird es aus ihr machen?
    Das Bodenbrett knarrte nochmals, als sie durch die Küche zurückging. Er sah sie vor sich, den Dessertteller mit der Torte in der rechten, Zigaretten und Streichhölzer in der linken Hand. Er sah das Tortenstück mit den dunkelroten Erdbeeren, dem blutroten Saft, der auf dem Teller zu einer Pfütze zusammenlief.
    Er wartete auf das leise Quietschen der Schwingtür, die ins Eßzimmer führte, aber es blieb aus. Nun, das überraschte ihn nicht. Vermutlich stand sie an der Theke, schaute in den Garten und aß die Torte mit kleinen, sparsamen Bissen. Eine alte Gewohnheit von ihr. Fast konnte er die Gabel auf dem Teller kratzen hören.
    Er merkte, daß er langsam einschlief.
    Einschlafen? Nein, unmöglich. Doch nicht, während man gerade einen Mord begeht.
    Doch er schlief trotzdem ein. Er wartete wieder auf das Knarren des Bodenbretts. Sie mußte noch einmal drauftre-ten, wenn sie zur Spüle hinüberging. Wartete auf das Rauschen des Wasserhahnes, wenn sie den Teller und das Besteck spülte. Die vertrauten Geräusche, wenn sie noch
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