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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman
Autoren: Stephen King
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fragte sie schließlich.
    »Es ist ein bißchen besser geworden. Ich wiege schon wieder hundertzweiundzwanzig Pfund.«
    Sie atmete hörbar ein. »Das sind sechs Pfund weniger als zu dem Zeitpunkt, an dem du weggefahren bist.«
    »Aber es sind sechsundzwanzig Pfund mehr als gestern morgen, als ich mich hier gewogen habe«, erwiderte er sanft.
    »Billy ... wir können das gemeinsam wieder in Ordnung bringen. Ich möchte, daß du das weißt. Ehrlich, das können wir. Das Wichtigste ist jetzt erst mal, daß du wieder gesund wirst, und danach können wir miteinander reden. Wir können auch einen Eheberater zuziehen, wenn du willst ... ich mache mit, wenn du mitmachst. Es ist nur ... wir ... wir ...«
    O Gott, sie fängt schon wieder an zu heulen, dachte er gleichzeitig belustigt und schockiert von seiner eigenen Bosheit.
    Aber diese Gefühle waren nur sehr gedämpft. Dann sagte sie etwas, das ihn eigenartig berührte. Für einen kurzen Augenblick gab ihm das ein Gefühl für die alte Heidi wieder zurück ... und damit auch für den alten Billy Halleck.
    »Ich gebe auch das Rauchen auf, wenn du möchtest«, sagte sie wie ein kleines Kind.
    Billy blickte zur Torte auf dem Fernseher hinüber. Die Kruste hob und senkte sich gleichmäßig. Auf und ab, auf und ab. Er mußte daran denken, wie dunkel es in dem Spalt gewesen war, den der alte Zigeuner hineingeschlitzt hatte; und an die unklar zu erkennenden Klumpen, die allen physischen Jammer dieser Welt darstellen konnten - oder auch einfach nur Erdbeeren. Er dachte an sein Blut, das aus der Wunde in diesen Spalt geflossen war. Und er dachte an Ginelli.
    Der Augenblick der Wärme, die er kurz für sie empfunden hatte, war vorüber.
    »Lieber nicht«, sagte er. »Wenn du das Rauchen aufgibst, wirst du bloß fett.«
    Später lag er, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, auf dem Motelbett und blickte ins Dunkel.
    Er hörte ein Geräusch.
    Nein.
    Doch, da war eins. Es klang wie Atmen.
    Nein. Das ist pure Einbildung.
    Aber es war keine Einbildung; das war Heidis Religion, nicht seine. Er war inzwischen eines Besseren belehrt worden, als zu glauben, daß solche Dinge nur in der Einbildung existierten. Wenn er früher auch daran gezweifelt hatte, dieser Zweifel war jetzt behoben. Die Kruste bewegte sich wie helle Haut über lebendem Fleisch. Und er wußte, wenn er jetzt hinüberginge und die Aluminiumplatte berührte, würde sie auch jetzt noch, sechs Stunden, nachdem er sie in Empfang genommen hatte, warm sein.
    »Purpurfargade ansiktet«, murmelte er in die Dunkelheit, und es klang wie eine Beschwörungsformel.
    Als er die Hand entdeckte, sah er sie nur. Erst eine halbe Sekunde später realisierte er, was er da sah, und er fuhr zurück und schrie laut auf. Durch die heftige Bewegung wippte die Hand zuerst riach links und dann nach rechts - es sah so aus, als ob Billy sie gefragt hätte, wie es ihr ginge, und sie darauf mit einer comme-ci-comme-ca-Geste antwortete. Zwei Stahlkugeln schlüpften heraus und rollten bis zum Spalt zwischen Sitz und Rückenlehne.
    Billy schrie noch einmal. Er hatte die Hände ans Kinn geschlagen und grub die Fingernägel in den Unterkiefer. Seine Augen waren riesig und naß. Sein Herz begann ein jammervolles, lautes Klagen in seiner Brust. Die Torte rutschte gefährlich auf den Sitzrand zu. Um ein Haar wäre sie auf den Boden gefallen.
    Er griff schnell zu und stellte sie wieder richtig hin. Das Herzklopfen legte sich allmählich; er konnte wieder durchatmen. In dem Augenblick legte sich die Kälte, die Heidi später in ihrem Telefongespräch fühlen sollte, wie ein Stahlpanzer um ihn. Ginelli war vermutlich tot – nein, beim zweiten Nachdenken, streich das ›vermutlich‹. Was hatte er zuletzt zu ihm gesagt?
    Wenn sie mich noch einmal sieht, ohne daß ich sie vorher entdecke, brauche ich nie wieder das Hemd zu wechseln, William.
    Dann sag es lautl
    Nein, das wollte er nicht. Das nicht, und er wollte auch die Hand nie wieder ansehen. Also tat er beides.
    »Ginelli ist tot«, sagte er laut und deutlich. Er schwieg einen Augenblick, und dann, weil es zu helfen schien: »Ginelli ist tot, und es gibt nichts mehr, was ich dagegen tun kann.
    Außer, so schnell wie möglich von hier abhauen, bevor die Bullen ...«
    Er schaute zum Lenkrad und fand den Schlüssel im Zündschloß. Der Anhänger – ein Foto von Olivia Newton John im Aerobictrikot - baumelte an einen Stück Rohleder. Es konnte sehr wohl das Mädchen – Gina – gewesen sein, das den Schlüssel
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