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Schoene, raetselhafte Becca

Schoene, raetselhafte Becca

Titel: Schoene, raetselhafte Becca
Autoren: Raeanne Thayne
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1. KAPITEL
    Trace Bowman liebte Pine Gulch über alles. Aber auch er musste zugeben, dass seine Stadt an einem kalt-grauen, verregneten Tag wie diesem, der alle Farben und Konturen verwischte, keinen guten Eindruck machte.
    Sogar die Weihnachtsdekorationen, die selbst bei einem Zyniker wie ihm eine romantische Saite zum Klingen brachten, wirkten im bleichen Licht des tristen Novembermorgens nur abgedroschen und kitschig. Er parkte seinen SUV vor The Gulch , dem Lokal, in dem sich die ganze Stadt zu treffen pflegte.
    Vermutlich würde der Graupelregen, der von Markisen und Dachrinnen tropfte, am späten Nachmittag oder früher in Schnee übergehen. Um diese Jahreszeit, eine Woche nach Thanksgiving, war Schnee in Pine Gulch, Idaho, östlich der Rocky Mountains gelegen, ohnehin die Regel und nicht die Ausnahme.
    Gähnend bewegte er den Kopf hin und her, um die Verspannungen zu lockern und die Müdigkeit zu vertreiben. Nach drei Tagen Doppelschicht konnte er es kaum erwarten, nach Hause zu kommen, ein dickes Holzscheit auf das Feuer zu legen, ins Bett zu kriechen – und am liebsten eine Woche lang zu schlafen.
    Doch erst einmal musste er etwas essen. Gestern Abend hatte er sein letztes Sandwich verspeist. Jetzt, zwölf Stunden und einige wetterbedingte Verkehrsunfälle später, freute er sich auf eine von Lou Archuletas’ köstlichen Zimtrollen. Sein Bett konnte noch eine halbe Stunde warten.
    Eine wohltuende Wärme und der Duft von gebratenem Speck sowie frisch gebrühtem Kaffee kamen ihm entgegen, als er das Lokal betrat, das von den Bildern an den Wänden bis zu den Drehstühlen an der altmodischen Theke exakt dem Klischee einer Kleinstadtkneipe entsprach. Ein Ort der Tradition und Beständigkeit. Würde er fortziehen und nach zwanzig Jahren zurückkehren, hätte sich im Gulch wahrscheinlich immer noch nichts verändert.
    „Morgen, Chef!“ Jesse Redbear saß an einem der Tische, die für Stammgäste reserviert waren.
    „Hallo, Jesse.
    „Hi, Boss!“
    „Morgen, Boss!“
    Die Begrüßungen kamen von Mick Malone, Sal Martinez und Patsy Halliday, die am selben Tisch saßen. Er hätte sich zu ihnen quetschen können. Stattdessen entschied er sich für einen Platz an der Bar und winkte ihnen nur kurz zu.
    Langsam ließ er seinen Blick durch das Lokal schweifen – eine Angewohnheit, die er aus seiner Zeit bei der Armee beibehalten hatte und die ihm oft zugutekam. Bis auf ein Paar, das wohl im Hotel wohnte, und ein Mädchen, das in einer Ecke in ein Buch vertieft war, kannte er jeden. Die Kleine schien so alt zu sein wie seine Nichte Destry, und er wunderte sich, was ein neunjähriges Mädchen um halb acht morgens an einem Schultag allein im Gulch machte.
    Dann entdeckte er eine schlanke Frau, die mit einem Rechnungsblock an einem der weiter entfernten Tische stand. Seit wann gab es hier eine neue Bedienung? Er war zwar länger nicht mehr hier gewesen, weil er die Schichten für einen Kollegen übernommen hatte, der gerade Vater geworden war. Soweit er wusste, kam Donna Archuleta, die Frau des Besitzers, vormittags ganz gut allein zurecht. Gut möglich, dass sie ein bisschen kürzertreten wollte. Schließlich war sie mittlerweile auch schon siebzig.
    „Hallo, Boss!“ Lou Archuleta, der Koch und Donnas Mann, stand am Herd und begrüßte ihn, ehe Trace sich bei Donna nach dem einsamen Mädchen und der neuen Kellnerin erkundigen konnte. „Lange Nacht gehabt?“
    Woher wusste Lou, dass er die ganze Nacht gearbeitet hatte? Stand es auf seiner Stirn geschrieben? Vielleicht schloss er es auch nur aus seinen schmutzigen Stiefeln und seiner erschöpften Miene.
    „Kann man wohl sagen. Der Eisregen hat für ein paar schwere Unfälle gesorgt. Ich musste die Kollegen von der Bundespolizei unterstützen.“
    „Dann solltest du jetzt aber schleunigst ins Bett.“ Unaufgefordert schob Donna eine Tasse Kaffee vor ihn hin.
    „Das hatte ich auch vor. Aber mit vollem Bauch schläft man besser.“
    „Was darf’s denn sein?“ Von den vielen Zigaretten klang ihre Stimme ganz rau. Immerhin hatte sie sich das Rauchen inzwischen abgewöhnt. „Das Übliche – ein Kräuteromelett?“
    Er schüttelte den Kopf. „Lieber was Süßes. Hat Lou noch ein paar Rosinenbrötchen übrig behalten?“
    „Ich denke, für einen meiner Lieblingskunden lässt sich da bestimmt was machen.“
    „Danke.“
    Er ließ sich auf einen Barhocker fallen und nahm die neue Kellnerin genauer in Augenschein. Sie war schlank und hübsch und hatte ihr dunkles
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