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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten
Autoren: N Wilson
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dicke Elf.
    »Aber wir sind in Eile«, meinte Henry. »Und wir müssen einfach hoch zum Gipfel.« Vor den Sternen war schon die Felsspitze zu erkennen. Der Elfen-Korridor befand sich offenbar ziemlich weit oben auf dem Berg. Henry war froh, dass sie nicht den ganzen Weg von unten herauf zurücklegen mussten.
    Während sie liefen, genoss Henry das Prickeln der frischen sauberen Luft in seiner Lunge. Bald schon wurden die Bäume um sie herum lichter und ein Stück weiter oberhalb konnte Henry im Schimmer des Mondes die eingestürzte Steinmauer
erkennen. Als sie dort waren, schoben sie sich durch die zerstörte Pforte zu der rechteckigen Felsplatte.
    Henry gönnte sich kaum einen Blick zum Himmel, über den der Wind die Wolken trieb und an dem ein Publikum aus Sternen hing. Er lief zu dem alten gespaltenen Baum und kniete sich neben seinen Stamm.
    Er war nervös, genau wie damals, als er zum ersten Mal durch die Fächer geschlüpft war. Es kam ihm vor, als würde er zu etwas Fremdem zurückkehren, etwas, das er nicht mehr war.
    Er schloss die Augen und quetschte sich in den Spalt. Er streckte den Arm, ertastete mit der Hand Großvaters Teppich und kroch ins Zimmer hinaus.
    Er kniete auf dem Boden und eine Gänsehaut überlief ihn. Da stand das Bett. Dort waren die offene Tür, die Bücher, eine Lampe, ein anderes Leben, ein geschlossenes Kapitel. Der Himmel vor den zerschmetterten Fensterscheiben war grau, ohne Sonne. Es war noch vor der Dämmerung.
    Henry setzte sich aufs Bett und wartete auf die anderen.
    Henrietta kam aus dem Schrank. Sie stellte sich schnell hin und rieb sich die Arme. Frank folgte ihr mit einem Purzelbaum.
    »Also«, begann Henry. »Auf der Zeichnung im Notizbuch war zwischen diesem Schrank und den Kompass-Schlössern eine gerade Linie eingezeichnet. Dort, wo diese Gerade den Dachboden durchschneidet, hatte Großvater einen Pfeil gemalt. Diesen Pfeil suchen wir.«
    »Dann müssen wir also nach oben und sämtliche Bodendielen hochnehmen?«, fragte Henrietta.

    »Genau«, antwortete Henry. »Ich habe ein Messer. Sonst aber nichts.«
    »In der Kramschublade liegt ein Hammer«, sagte Henrietta und lachte überrascht auf. »Und ich glaube, ich weiß sogar, unter welcher Diele wir nachsehen müssen.«
    Der dicke Frank guckte sich im Zimmer um und sah aus dem Fenster hinaus auf die endlosen Grasflächen. »Hier habt ihr gewohnt?«, fragte er. »Ein ziemlich trostloser Ort.«
    »Oh nein«, entgegnete Henrietta. »Das hier ist ja gar nicht Kansas. Kansas hat … äh, also … Kansas hat kein Gras, sondern Getreide. Und außerdem noch Menschen.«
    Henry spurtete auf den Flur und seine Dachbodentreppe hinauf, während Henrietta nach unten ging, um einen Hammer zu holen. Der Elf folgte Henry.
    Auf dem Dachboden gab es nur wenig Licht, das durch das kaputte Fenster am Ende einfiel. Das war zu wenig. Henry öffnete seine Zimmertür und versuchte sich eine gerade Linie von den Kompass-Schlössern bis dahin vorzustellen, wo im Stockwerk drunter Großvaters Schrank stehen mochte. Aber er konnte noch nicht mal die Ritzen zwischen den Holzdielen erkennen.
    »Ich brauche Licht«, knurrte er.
    Der Elf fischte den leeren Beutel unter seinem Hemd hervor, schwang ihn um seinen Kopf herum, trat zwei Mal dagegen, schüttelte ihn, zog dann an einer Schnur und leerte ihn aus.
    Dunkelheit tröpfelte auf den Boden und zersprang zu Helligkeit. Der Dachboden wurde zum ersten Mal von natürlichem Licht ausgeleuchtet.

    »Das ist zu viel«, sagte Henry blinzelnd. »Ich kann nichts sehen.«
    »Oh, keine Angst«, sagte Frank. »Es hat das Fenster entdeckt. Es wird gleich schwächer werden.«
    Henry kniete sich hin und inspizierte die Dielenbretter. Er fand keines, auf dem Nagellöcher zu erkennen waren.
    Henrietta kam die Dachbodentreppe herauf und reichte Henry einen Hammer. Das Licht wurde schon schwächer.
    »Du kannst Licht mit dir herumtragen?«, sagte sie zu Frank.
    »Das können wir auch«, knurrte Henry. »Mit Taschenlampen. Welches Brett hast du denn gemeint?«
    Etwa zwei Meter von Henrys Zimmer entfernt ging Henrietta in die Hocke und zeigte vor sich auf den Boden. Die Holzbohle hatte nicht nur kleine Löcher, man konnte auch Nagelköpfe und rundherum im Holz Kerben von Hammerschlägen erkennen.
    »Ich habe mich immer schon gefragt, warum ausgerechnet dieses Brett genagelt worden ist«, meinte Henrietta. »Ich dachte, es hat vielleicht geknarrt. Aber hier oben knarrt eigentlich jedes Brett.«
    Henry fühlte mit der Hand
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