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Flossen weg

Flossen weg

Titel: Flossen weg
Autoren: Christopher Moore
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blies nur zwanzig Meter vor ihrem Bug aus. Nate gab Vollgas. Amy wurde glatt von den Füßen gerissen und klammerte sich gerade noch rechtzeitig an die Reling neben der Ruderkonsole, als das Boot einen Satz nach vorn machte. Nate blieb rechts neben dem Wal, kaum zehn Meter abseits, als das Tier zum zweiten Mal auftauchte. Er hielt das Ruder mit der Hüfte, hob die Armbrust an und schoss. Der Bolzen prallte von dem gummiartigen Rücken ab. Wie eine bleistiftgroße Plätzchenform trennte die hohle Spitze Haut und Fettgewebe heraus, bis das breite Plastikende ein weiteres Eindringen verhinderte.
    Der Wal hob seinen Schwanz aus dem Wasser und schlug ihn in die Luft, gab ein Geräusch von sich, als knackte ein mächtiges Gelenk, als er die massigen Schwanzmuskeln anspannte.
    »Er ist genervt«, sagte Nate. »Nehmen wir eine Messung vor.«
    »Jetzt?«, fragte Amy. Normalerweise warteten sie den nächsten Tauchzyklus ab. Offensichtlich fürchtete Nate, der Wal könnte weiterziehen, obwohl sie erst die Hautprobe genommen hatten. Sie konnten ihn verlieren, bevor eine Größenmessung vorgenommen war.
    »Jetzt. Ich schieße, du bedienst den Entfernungsmesser.«
    Nate nahm das Gas zurück, damit er die Schwanzflosse auch wirklich ganz in den Sucher bekam, wenn der Wal abtauchte. Amy schnappte sich den lasergesteuerten Entfernungsmesser, der aussah wie ein Fernglas für Zyklopen. Indem sie genau ermittelten, wie weit der Schwanz entfernt war, und diesen Wert mit der Schwanzgröße auf dem Bild verglichen, konnten sie die Grüße des Tieres relativ genau berechnen. Nate hatte einen Algorithmus gefunden, mit dem sie die Länge eines Wales mit 98%iger Genauigkeit ausrechnen konnten. Noch vor wenigen Jahren hatten sie im Flugzeug sitzen müssen, wenn sie wissen wollten, wie lang ein Tier war.
    »Fertig«, sagte Amy.
    Der Wal blies aus und wölbte seinen Rücken zu einem hohen Buckel auf, als er sich zum Tauchen bereitmachte (deshalb nannte man sie »Buckelwale« ). Amy richtete den Entfernungsmesser auf den Walrücken. Nate hielt das Teleobjektiv auf dieselbe Stelle, und die kleinen Motoren zur Autofokussierung summten leise, glichen die Bewegungen des Bootes aus.
    Der Wal zeigte seine Fluke, hob den Schwanz hoch in die Luft, und dort sah man – statt der markanten, schwarzweißen Zeichnung, nach der Buckelwale identifiziert wurden – in dreißig Zentimeter hohen schwarzen Buchstaben die Worte FLOSSEN weg!
    Nate drückte den Auslöser. Vor Schreck fiel er rückwärts in den Kapitänssitz und riss dabei den Gasgriff nach hinten. Die Nikon sank auf seinen Schoß.
    »Ich glaub’s nicht!«, rief Nate. »Hast du das gesehen?«
    »Was gesehen? Ich hab hier dreiundsiebzig Fuß«, sagte Amy, während sie den Entfernungsmesser abnahm. »Von da, wo du bist, wahrscheinlich sechsundsiebzig. Was waren deine Bildziffern?« Sie griff nach dem Notizbuch, als sie sich zu Nate umdrehte. »Bist du okay?«
    »Alles klar. Bild Nummer sechsundzwanzig, aber ich hab ihn verpasst«, log er. Sein Hirn blätterte in einem gewaltigen Stapel Karteikarten, durchforstete eine Million Artikel, die er gelesen hatte, suchte eine Erklärung für das, was er eben gesehen hatte. Es konnte unmöglich wahr sein. Der Film würde es beweisen.
    »Dir ist keine ungewöhnliche Zeichnung aufgefallen, als du das Foto gemacht hast?«
    »Nein, dir?«
    »Nein, vergiss es.«
    »Ganz ruhig, Nate. Wir kriegen ihn, wenn er wieder hochkommt«, sagte Amy.
    »Kehren wir um.«
    »Willst du denn keine Längenmessung vornehmen?« Um die Daten zu komplettieren, brauchten sie ein Erkennungsfoto, eine Tonaufnahme von mindestens einem vollständigen Liedzyklus, eine Hautprobe zur Ermittlung von DNS und Toxinen – und eine Längenmessung.
    »Kehren wir lieber nach Lahaina zurück«, sagte Nate und starrte die Kamera auf seinem Schoß an. »Du fährst.«

2 Maui No Ka Oi (Maui ist der Beste)
     
    Am Anfang war der alte Schwindler Maui, der im Kanu saß, seine Leine auswarf und die Inseln vom Grund des Meeres angelte. Er sah sich an, was er da heraufgezogen hatte. Mitten in der Kette sah er eine Insel, die aus zwei großen Vulkanen bestand, wie die warmen, schiefen Brüste des Meeres. Zwischen diesen beiden lag ein tiefes Tal, das in Mauis Augen wie ein weiblicher Busen aussah, was ihm gut gefiel. Und so gab Maui der Insel mit den beiden Möpsen seinen Namen, und ihr Spitzname wurde »Buseninsel«, was so blieb, bis ein paar Missionare auftauchten und sie in »Insel des Tales« umtauften (denn
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