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Flossen weg

Flossen weg

Titel: Flossen weg
Autoren: Christopher Moore
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hinterher.«
    »Wir könnten heute eine Menge schaffen. Schließlich ist bestes Wetter, und wer weiß, ob wir in dieser Saison ein Dutzend windstiller Tage zusammenbekommen. Wir können es uns nicht leisten, einen vollen Tag zu verlieren, Amy. Wobei mir einfällt: Was ist eigentlich los mit Nate? Sieht ihm gar nicht ähnlich, einen Arbeitstag ausfallen zu lassen.«
    »Du weißt doch, dass er ’ne Schraube locker hat«, sagte Amy, als sei die Antwort nahe liegend. »Er denkt einfach zu viel über Wale nach.«
    »Ach ja, stimmt. Hatte ich ganz vergessen.« Als sie aus dem Hafen fuhren, winkte Clay ein paar Forschern drüben am Tankanleger zu, die sich gerade einen Kaffee holten. Zwanzig Universitäten und ein Dutzend Stiftungen waren in dieser Gruppe vertreten. Clay hatte es höchstpersönlich in die Hand genommen, aus den Wissenschaftlern, die von Lahaina aus arbeiteten, ein soziales Gefüge zu formen. Er kannte sie alle, und er konnte nichts dagegen tun: Er mochte Menschen, die mit Walen arbeiteten, und es freute ihn, wenn sie sich gut verstanden.
    Er hatte wöchentliche Treffen und Präsentationen von Forschungsarbeiten im Gebäude der Walschutzstation in Kihei organisiert, bei denen sämtliche Wissenschaftler zusammenkamen, miteinander redeten, Informationen austauschten und versuchten, den anderen nützliche Daten aus dem Kreuz zu leiern, um sich die mühevolle Feldforschung zu ersparen.
    Auch Amy winkte der Gruppe, während sie in einer der orangefarbenen, wasserdichten Kisten herumwühlte. »Komm schon, Clay, folgen wir Tarwater und sehen nach, was er im Schilde führt.« Sie holte ein riesiges Fernglas aus der Kiste und zeigte es Clay. »Wir könnten es uns aus einiger Entfernung ansehen.«
    »Vielleicht solltest du lieber vorn am Bug nach Walen Ausschau halten, Amy.«
    »Wale? Die sind groß und schlüpfrig. Muss man sonst noch was wissen?«
    »Ihr Wissenschaftler erstaunt mich doch immer wieder«, sagte Clay. »Komm, halt mal das Steuer. Ich hol mir einen Stift. Das muss ich mir aufschreiben.«
    »Los, fahren wir Tarwater hinterher!«

3
Ein Stückchen Natodraht um den Himmel
     
    Das Tor zum Gelände von Papa Lani stand offen, als Nate näher kam. Nicht gut. Clay achtete gewissenhaft darauf, dass sie das Tor jedes Mal mit dem großen Vorhängeschloss verriegelten, sobald sie das Gelände verließen.
    Papa Lani war eine Ansammlung von Holzhäusern auf zwei Morgen Land nordöstlich von Lahaina, umgeben von einem halben Dutzend Zuckerrohrfelder, die eine reiche Frau Maui Whale gespendet hatte. Clay und Nate nannten sie nur liebevoll die »Komische Alte«. Das Anwesen bestand aus sechs kleinen Bungalows, die früher als Unterkunft für Plantagenarbeiter gedient hatten, aber vor seit langer Zeit zu Wohnungen, Labor und Büro für Clay, Nate und sämtliche Assistenten, Forscher oder Filmcrews umgebaut worden waren, die während der Saison bei ihnen arbeiteten. Dieses Gelände zu bekommen, war für Maui Whale ein Geschenk Gottes gewesen, angesichts der Kosten für Unterkunft und Einlagerung in Lahaina. Clay hatte es »Papa Lani« getauft (Hawaiianisch für »Himmel« ) zu Ehren ihrer Glückssträhne, aber irgendwer hatte das Tor zum Himmel offen stehen lassen, und soweit Nate sehen konnte, war die Engelskacke schon am Dampfen.
    Noch bevor er aus seinem Truck stieg, sah Nate einen ramponierten, grünen BMW auf dem Gelände stehen. Vor dem Gebäude, das sie als Büro benutzten, lagen Akten verteilt. Er sammelte einiges davon auf, während er über die sandige Auffahrt und die Stufen in den kleinen Bungalow hinaufhastete. Drinnen herrschte Chaos: Schubladen waren aus Aktenschränken gerissen worden, Kassettenregale umgekippt, die Bänder wie Luftschlangen im Raum verteilt, Computer umgeworfen, die Gehäuse an der Seite aufgebrochen, so dass Drähte heraushingen. Nate stand mitten im Chaos, wusste nicht recht, was er tun oder wohin er schauen sollte. Er fühlte sich geschändet. Fast hätte er sich übergeben. Selbst wenn nichts fehlte, war doch sein Lebenswerk im Wind verweht.
    »Oh … Jah, steh bei mir!«, hörte er eine Stimme hinter sich.
    »Wenn das kein ekelhaft abscheulich Schweinerei ist, Mann! Aber echt jetzt!«
    Nate fuhr herum und ging in Kampfstellung – ungeachtet des Umstands, dass er von asiatischer Kampfkunst keine Ahnung hatte – und quiekte wie ein kleines Mädchen. Die Silhouette einer schlangenhaarigen Gorgone war in der Tür zu sehen, und Nate hätte gleich noch einmal aufgeschrien, wäre die
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