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Flöte und Schwert

Flöte und Schwert

Titel: Flöte und Schwert
Autoren: Christoph Lode
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den Keller und warte auf mich!“
    Der Dämon hatte die Schmiede fast erreicht. Omar konnte nur hoffen, dass Bahir verstanden hatte. Er griff nach einem Speer, der neben der Leiche eines Soldaten lag, und stürmte los. In der Umgebung des Dämons war die Luft heiß und schweflig. Bei jedem Atemzug hatte Omar das Gefühl, als ertrinke er in kochendem Öl. Er brachte den Speer in Anschlag und trieb die Waffe mit der Kraft, die ihm sein Anlauf verliehen hatte, in den geschuppten Leib. Heißes Blut spritzte, und der Dämon wälzte sich brüllend herum. Omar wurde der Schaft aus der Hand gerissen, der Schlangenkopf schnellte zur Seite, dann nach hinten, und der Rest des Körpers folgte der Bewegung. Omar starrte die brennenden Augen an, als würde ein Bann auf ihm liegen, und erst, als der Dämon erneut brüllte, wirbelte er herum.
    Rasch ließ die Hitze nach, als er seinen Verfolger hinter sich ließ. In der Tür des Palastes wandte er sich um. Der Dämon war noch ein gutes Dutzend Schritte entfernt. Omar wollte sichergehen, dass dieser nicht im letzten Moment von ihm abließ, und warf ihm eine Vase entgegen, die im Korridor gestanden hatte. Das Geschoss zersplitterte zwischen den Augen des Geschöpfs. Omar stürmte durch den Gang. Hinter sich hörte er ein böses Zischen.
    Im großen Gemach stieß er fast mit zwei Dienern zusammen. Ihre Gesichter waren bleich und schweißglänzend. „Der Dämon kommt!“, keuchte Omar, „versteckt euch oben auf dem Dach.“ Dann lief er weiter, zur Treppe. Schwacher Lichtschein und Rauchgeruch kamen von unten. Im Keller, zwischen den schwelenden Überresten der Kisten und Fässer, wartete Bahir. Als der Hüne Omar sah, legte er seine Pranken auf die Holme der Schubkarre. Omar hob eine Kiste auf; ihr Boden war verbrannt und brüchig. Er warf sie weg und griff nach der nächsten. Diese war groß genug und stabil. Kurz darauf fand er eine zweite. „Hilf mir, den Sand in die Kästen umzufüllen!“
    Auf seine Worte folgte ein Krachen. Es kam vom oberen Ende der Treppe. Omar schob die Kiste an die Schubkarre und schaufelte mit den Händen Sand hinein. Bei seiner Flucht aus dem Keller hatte der Dämon von ihm abgelassen, weil der Treppenschacht zu eng für dessen gewaltigen Leib gewesen war. Diesmal jedoch brannte der Zorn heiß in seinem Verfolger. Er würde nicht so schnell aufgeben.
    Wieder krachte es. Staub rieselte von der Decke.
    Mit den gefüllten Kisten in den Armen setzten sich Omar und Bahir in Bewegung. Als sie den Gang zur Beschwörungskammer erreichten, dröhnte hinter ihnen das Bersten und Poltern von Stein, als stürze der Palast über ihnen ein. Die Treppe verschwand unter einer Gerölllawine, Staub füllte den Raum. Omar sah das Aufblitzen von goldenen Schuppen. „Schneller!“, schrie er und hastete in den Gang. Die Luft schmeckte nach Asche. Die Kanten der Kiste schnitten Omar in die Unterarme. Seine Muskeln brannten, Schweiß lief ihm in die Augen.
    Die Schachtöffnung glühte in rotem Licht wie ein Tor zur Unterwelt.
    Omar stellte seine Last ab und schwang sich in die Öffnung. Er hörte, wie der Schutt unter dem Schlangenleib knirschte. Als er bis zu den Schultern im Schacht steckte, sah er am Eingang des Tunnels zwei leuchtende Punkte: die Augen des Dämons. Omar ließ sich fallen. Bei der Landung knickte sein Knöchel um, und ein Stechen durchlief sein Bein. „Die Kisten!“, rief er nach oben. Bahir reichte sie ihm und kletterte dann in den Schacht. Als Omar das Gebrüll hörte, richteten sich seine Nackenhaare auf. Es klang ganz nah!
    Schwer atmend betrachtete er die Kupferbecken. Die Feuersäule war der Länge nach aufgebrochen wie eine Muschel; Dunkelheit erfüllte den Spalt.
Ein Portal
, dachte Omar. Er wagte nicht, näher heranzugehen – aus Furcht, darin Dinge zu sehen, die ihn den Verstand kosten könnten.
    Dennoch, die Feuersäule war nichts weiter als ein Tor.
Und Tore können geschlossen werden!
Er trat zu den Becken.
    Das Öl glitzerte wie geschmolzenes Gold. Omar schüttete Erde hinein. Augenblicklich erstarben die Flammen, und die Feuersäule flackerte auf. Es gelang! Rasch ging Omar zum nächsten Becken und löschte auch dort das Feuer, dann war die Kiste leer. „Gib mir die andere!“, rief er Bahir zu – und erblickte den Dämon.
    Züngelnd schob sich der Schlangenkopf in das Gewölbe, die Augen gierig auf die beiden Menschen gerichtet.
    Bahir warf seine massige Gestalt herum, stemmte ein Kohlebecken über den Kopf und schleuderte es zum
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