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Flitterwochen

Flitterwochen

Titel: Flitterwochen
Autoren: Anne Hertz
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dastehe, hält mich noch hier. Wie weit es wohl ist bis zu diesem Kolberg? Muss ja an der Ostsee liegen. Aber die meisten Ostseebäder in Meck-Pomm erreicht man von Lübeck aus recht schnell. Ich schiele auf meine Uhr. Kurz nach vier. Also, selbst wenn Kolberg irgendwo bei Rügen liegt, dann müssten wir es über die Ostseeautobahn in gut zwei Stunden schaffen. Schnell die Asche verstreuen, wieder retour – also, ich sach mal, bis neun könnte ich wieder zu Hause sein. Okay, vielleicht zehn – konservativ gerechnet und mit Sicherheitspuffer, da ist dann aber auch schon drin, dass Oma Strelow vielleicht noch eine Gedenkminute einlegen will. Alex wird zwar eine Mörderlaune haben, weil er Planänderungen dieser Art hasst, aber es wird in jedem Fall noch genug Zeit zum Kofferpacken sein. Ich zupfe Oma am Ärmel, die immer noch nach dem ominösen Jan Ausschau hält. »Äh, ich geh mal kurz telefonieren.«
    Vor der Haustür krame ich mein Handy hervor. Einundzwanzig Anrufe in Abwesenheit, alle von Alexander. Okay, er
hat
bereits eine Mörderlaune.
    »Tine, WO STECKST DU ?« Alex kommt fast durch den Hörer gesprungen, bevor ich noch hallo sagen kann.
    »Äh, Schatz, es tut mir so leid, es gab hier Probleme … ich, hm …«
    »Was denn für Probleme? Und warum gehst du nicht an dein beschissenes Telefon? Ich sitze hier seit Stunden und warte auf dich. Ich habe mir heute Nachmittag extra freigenommen!«
    »Tschuldige, ich verstehe ja, dass du sauer bist, aber … aber …« Mist, die Wahrheit kann ich Alex kaum erzählen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er es gut aufnimmt, dass ich gewissermaßen aus Versehen eine Filiale seiner Bank überfallen habe. Wie erkläre ich ihm also, dass es noch ein paar Stunden dauern wird?
    »Was
aber?
«, faucht Alex ungeduldig ins Telefon.
    »Ich musste noch …
mein Brautkleid!
« Da isser, der Geistesblitz! »Mein Brautkleid passt nicht. Also, ich habe es anprobiert, und es sitzt leider überhaupt nicht.«
    »Dein Brautkleid passt nicht?«
    »Ja, die reinste Katastrophe. Da komme ich nicht rein, keine Chance. Kann man auch nicht einfach ändern, ich brauche ein neues. Und das kaufe ich gerade.«
    Alex schnauft wie ein asthmatisches Walross. »Das glaube ich jetzt nicht! Du kaufst ein neues Brautkleid? Mal eben so?«
    »Nein, nicht
mal eben so.
Was bleibt mir denn anderes übrig? Ich habe sogar schon ein tolles gefunden, allerdings haben sie es hier in Lübeck nicht in meiner Größe, deshalb … muss ich mal schnell nach Hamburg fahren.«
    »Du kannst doch jetzt nicht extra nach Hamburg fahren. Wir haben doch auch nur noch heute, um alles zu erledigen!« Ich höre Alex atmen. Wahrscheinlich überlegt er, ob es eigentlich eine gute Idee war, mir einen Antrag zu machen. »Hm, was hältst du davon, wenn ich mitkomme?«, fragt er. »Dann kann ich noch schnell ein paar Unterlagen beim Anwalt abgeben. Wollte ich eigentlich in die Post tun, aber wenn du jetzt sowieso fährst …«
    Och nö, der ist doch sonst nicht so anhänglich! Aber es gibt ja zum Glück einen guten offiziellen Grund, Alexander hierzulassen.
    »Nein, das geht auf keinen Fall, Schatz. Du darfst mein Kleid doch vorher nicht sehen! Das bringt Unglück.«
    Jetzt lacht Alexander. Na, wenigstens hat er wieder bessere Laune.
    »Na gut, Süße, wenn du meinst, dass du noch dringend ein Kleid kaufen musst, dann mach das. Wäre nur schön, wenn du rechtzeitig zurück bist, um mit mir in den Flieger zu steigen.«
    Ich lache auch.
    »Bis der abhebt, bin ich dreimal wieder da. Schließlich will ich nur nach Hamburg.«

4 . Kapitel

    W ieder im Haus, stolpere ich fast über einen jungen Mann, der genau in diesem Moment die Treppe aus dem oberen Stockwerk herunterkommt. Das wird wohl der ominöse Jan sein. Hübsches Kerlchen – braune, lockige Haare, dazu grüne Augen, vielleicht Mitte, Ende zwanzig. Vom Alter her also eher der Enkel als der Sohn von Oma Strelow. Um nicht über mich zu fallen, legt er eine Vollbremsung hin und mustert mich neugierig.
    »Hallo. Wer sind Sie?«
    Melodische Stimme, klingt allerdings ein bisschen ungewöhnlich, als ob der Typ kein Muttersprachler ist.
    »Das Gleiche wollte ich Sie auch gerade fragen. Sind Sie vielleicht ein Enkel von Frau Strelow?«, frage ich hoffnungsvoll. Denn wenn dem so ist und man mit dem Typen vernünftig reden kann, dann könnte ich die ganze Angelegenheit unter Umständen jetzt unglaublich abkürzen. Ich könnte ihn überzeugen, mit seiner Omi zur Polizei zu
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