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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell
Autoren: Fred Vargas
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keine Pest?« fragte er, mühsam nach Worten ringend.
    »Nicht die geringste.«
    »Sie sind nicht an der Pest gestorben?«
    »Nein. Sie sind gestorben, weil sie von deinem Halbbruder Antoine Hurfin erwürgt wurden.«
    Damas fiel noch mehr in sich zusammen und umklammerte seine Knie noch ein wenig krampfhafter.
    »Erwürgt und geschwärzt«, fuhr Adamsberg fort. »Haben dich die Würgemale und die Kohle nicht gewundert?«
    »Doch.«
    »Und?«
    »Ich habe gedacht, die Polizei hätte sich das ausgedacht, um die Pest zu verheimlichen, damit die Leute nicht durchdrehen. Aber es hat gestimmt?«
    »Ja. Antoine kam nach dir und hat sie liquidiert.«
    Damas blickte auf seine Hand und berührte den Diamanten.
    »Und Marie-Belle hat die Anweisungen gegeben?«
    »Ja.«
    Wieder herrschte Schweigen, wieder brach ein Stück von Damas' Welt in sich zusammen.
    In diesem Moment kam Danglard herein, und Adamsberg deutete mit dem Finger auf den Brief, der auf den Boden gefallen war. Danglard hob ihn auf, las ihn und schüttelte ernst den Kopf. Adamsberg schrieb ein paar Worte auf einen Zettel und gab ihn Danglard.
     
    Rufen Sie Doktor Ferez wegen Damas an: Es ist dringend. Benachrichtigen Sie Interpol wegen Marie-Belle: Keine Hoffnung, viel zu gerissen.
     
    »Und Marie-Belle mochte mich nicht?« flüsterte Damas.
    »Nein.«
    »Ich dachte, sie mochte mich.«
    »Das habe ich auch geglaubt. Alle haben das geglaubt. So haben wir uns alle getäuscht.«
    »Mochte sie Antoine?«
    »Ja. Ein bißchen.«
    Damas krümmte sich zusammen.
    »Warum hat sie mich nicht um das Geld gebeten? Ich hätt's ihr gegeben, alles.«
    »Die beiden haben sich nicht vorstellen können, daß das möglich gewesen wäre.«
    »Ich will's sowieso nicht haben.«
    »Du wirst es brauchen, Damas. Du wirst einen guten Anwalt für deinen Halbbruder engagieren.«
    »Ja«, erwiderte Damas, das Gesicht noch immer in den Armen.
    »Du mußt dich auch um ihre Mutter kümmern. Sie hat nichts zum Leben.«
    »Ja. Die ›Dicke von Romorantin‹, so wurde sie zu Hause immer genannt. Ich wußte nicht, was sie damit sagen wollten und wer damit gemeint war.«
    Plötzlich hob er den Kopf.
    »Sie werden es ihr nicht sagen, nicht? Sie werden es ihr nicht sagen?«
    »Ihrer Mutter?«
    »Mané. Sie werden ihr nicht sagen, daß ihre Flöhe nicht... daß ihre Flöhe nicht...«
    Adamsberg versuchte nicht, ihm zu helfen. Damas mußte die Worte selbst aussprechen, und zwar viele Male.
    »Nicht... infiziert waren?« vollendete Damas seine Frage. »Das würde sie umbringen.«
    »Ich bin kein Mörder. Und du auch nicht. Denk daran, denk immer daran.«
    »Was passiert mit mir?«
    »Du hast niemanden umgebracht. Du bist nur für etwa dreißig Flohbisse und eine allgemeine Panik verantwortlich.«
    »Also?«
    »Der Richter wird die Sache nicht weiterverfolgen. Du kannst heute raus, jetzt.«
    Damas erhob sich mit der Unbeholfenheit eines kreuzlahmen Mannes und ballte die Finger um seinen Diamanten zur Faust. Adamsberg sah ihm nach, als er den Raum verließ, und wartete gespannt auf Damas' ersten Kontakt mit der Realität da draußen. Aber Damas bog zu seiner offenen Zelle hin ab, legte sich mit angewinkelten Beinen auf die Pritsche und rührte sich nicht mehr. Antoine Hurfin in seiner Zelle hatte dieselbe Haltung eingenommen, nur spiegelverkehrt. Heller-Deville senior hatte ganze Arbeit geleistet.
     
    Adamsberg ging hinüber zu Clémentine, die rauchte und eine Patience legte.
    »Nun?« fragte sie und sah ihn an. »Kommt da was in Bewegung? Ein Kommen und Gehen, da weiß man nie genau, was passiert.«
    »Sie können gehen, Clémentine. Wir fahren Sie nach Clichy zurück.«
    »Es ist nicht gerade früh.«
    Clémentine drückte ihre Kippe auf dem Boden aus und zog ihre Strickjacke an, die sie sorgfältig zuknöpfte.
    »Ihre Sandalen sind gut«, sagte sie anerkennend. »Das macht einen schlanken Fuß.«
    »Danke«, erwiderte Adamsberg.
    »Sagen Sie, Kommissar, jetzt, wo wir uns ein bißchen kennen, können Sie mir vielleicht sagen, ob die drei letzten Dreckskerle auch noch ins Gras gebissen haben? Bei all dem Durcheinander habe ich die Nachrichten nicht mehr verfolgt.«
    »Alle drei sind an der Pest gestorben, Clémentine. Kevin Roubaud als erster.«
    Clémentine lächelte.
    »Dann ein anderer, dessen Name ich vergessen habe, und schließlich Rodolphe Messelet, vor nicht mal einer Stunde. Er ist umgefallen wie ein Kegel.«
    »Prächtig, prächtig«, sagte Clémentine mit einem breiten Lächeln. »Es gibt also
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