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Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst
Autoren: Brenda Novak
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Er nahm einen Notizblock in die Hand und schrieb etwas auf. Bekam sie jetzt einen Strafzettel?
    Emma ließ die Gangschaltung los. Offenbar hatte die Überprüfung ihrer Papiere nichts Negatives ergeben, sonst hätte er längst etwas gesagt. Erstaunlicherweise war der Wagen also nicht als gestohlen gemeldet. Dass sie selbst nicht im Computer auftauchte, wunderte sie allerdings nicht. Manuel würde die Polizei erst als allerletztes Mittel einschalten. Er hatte viel zu viel zu verbergen. Und da er sie bei ihrem letzten Fluchtversuch so schnell gefunden hatte, rechnete er sicherlich damit, sie auch diesmal wieder allein nach Hause zu holen.
    “Die Versicherungskarte hätte ich dann gern noch gesehen”, sagte der Polizist.
    Diesmal machte sie es richtig, klappte ihre Handtasche auf und suchte, bis sie die entsprechende Bescheinigung fand.
    Er verglich die Daten darauf mit denen auf dem Führerschein und gab ihr beides zurück. “Wenn Sie jetzt bitte hier unterschreiben”, bat er und reichte ihr den Notizblock. “Falls Sie Einspruch erheben möchten, finden sie die nötigen Hinweise auf der Rückseite. Wenn Sie das Strafmandat unterzeichnen, ist das keineswegs ein Schuldeingeständnis.”
    Als ob ihr das nicht völlig egal gewesen wäre! Sie hätte alles unterschrieben, wenn sie nur weiterfahren durfte.
    Emma unterschrieb und nahm den Durchschlag in Empfang. Dann wollte sie das Fenster wieder hochlassen, aber der Polizist trat einen Schritt nach vorn und legte eine Hand auf die Scheibe, um sie daran zu hindern.
    “Einen Moment noch.”
    “Ja, bitte?”
    Er zog etwas aus der Tasche. Einen Schokoriegel. “Den hatte ich heute in meiner Frühstücksbox. Vielleicht tut er dem Kleinen ja gut.”
    “Vielen Dank.”
    “Gern geschehen.” Er beugte sich herunter und sah durchs Fenster zu Max. “Du bist ein hübscher Junge”, sagte er. “Wie heißt du denn?”
    Die Aussicht auf etwas Süßes, was ihm wegen seiner strengen Diätvorschriften lieber war als irgendein Spielzeug, machte Max gesprächig. “Dominick”, antwortete er mit breitem Lächeln, ohne daran zu denken, seinen neuen Namen anzugeben. Stattdessen wiederholte er: “Dominick Escalar Rodriguez.”
    Wieder krampfte sich Emmas Hand um die Gangschaltung. “Schnall dich bitte an”, forderte sie ihren Sohn auf und versuchte dabei so normal wie nur möglich zu klingen. In Wirklichkeit wollte sie so schnell es ging von hier verschwinden, bevor wer weiß was passierte. “Du möchtest doch nicht, dass Mommy noch einen Strafzettel bekommt, oder?”
    Max verzog das Gesicht, ließ sich auf den Sitz zurückfallen und griff nach dem Sicherheitsgurt. “Fahren wir jetzt wieder nach Hause?”
    Der Streifenpolizist trat einige Schritte zurück. “Wenn ihr nach Hause wollt, fahrt ihr aber in die falsche Richtung”, stellte er fest.
    “Wir machen ein paar Tage Ferien”, sagte Emma und schloss das Seitenfenster. Dann startete sie den Wagen und reihte sich bei der nächsten Gelegenheit in den Verkehrsfluss ein. Das war ja gerade noch einmal gut gegangen. Aber wie lange hielt ihre Glückssträhne an?
    Eins stand jedenfalls fest: Sie musste Kalifornien so schnell wie möglich verlassen.
    Endlich kam die Dunkelheit. Nun fühlte Emma sich sicherer. Ursprünglich wollte sie gar nicht nach Nevada fahren, aber nach ihrem Erlebnis mit dem Polizisten fuhr sie Richtung Osten anstatt nach Norden, wie ursprünglich geplant. Überrascht stellte sie fest, dass sie die wilde zerklüftete Landschaft in dieser Gegend mochte. Sie durchquerte viele Orte, manche davon waren sehr klein und auf ihrer Straßenkarte gar nicht verzeichnet. In anderen, größeren Orten gab es Kasinos, Motels und altmodische Kinos. Jeder Ort besaß mindestens eine Kirche, ein Schnellrestaurant, eine Tankstelle und gelegentlich ein Postgebäude oder eine öffentliche Bibliothek, manchmal sogar eine Art Rathaus. Alle Städtchen ähnelten sich, im Ortskern standen hübsche alte Gebäude, am Rand hässlichere, neuere Häuser und weiter draußen windschiefe Hütten und verbeulte Wohnwagen.
    Irgendwie sieht Nevada aus, als gehörte es noch zum Wilden Westen, dachte Emma. Und auch die Leute schienen aus einer anderen Zeit zu stammen.
Sie brauchen all den modernen Luxus nicht, an den wir Großstädter uns so gewöhnt haben. Hier gibt’s ja noch nicht mal richtige Bäume, sondern nur Gebüsch
. Am zuversichtlichsten stimmte sie, dass die Menschen hier ganz eindeutig aussahen, als hätten sie nicht die geringste Lust,
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