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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen
Autoren: Lucie Flebbe
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Boden.

    Während er sich auf einen freien Platz fallen ließ,
rappelte ich mich hoch. Ich griff meine Teetasse: »Und was hast du heute
rausgefunden?«

    Molle stellte Danner ein Bier auf die karierte Tischdecke.

    Der Detektiv zuckte die Schultern: »Berti ist kein Genie,
aber seinen Job nimmt er sehr ernst. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen,
dass der sich eine Erpressung ausdenkt.«

    Das war nämlich der Grund, aus dem Simone Müller-Wunk,
Leiterin der Kindertagesstätte Zwergenland, die Detektei Danner mit den
Ermittlungen im Kindergarten beauftragt hatte. Die gepflegte, eher streng
wirkende Diplom-Pädagogin hatte eine kurze, aber offenbar heftige Affäre mit
dem dicken Berti gehabt. So heftig immerhin, dass auf dem Handy der
Kindergartenleiterin mehrere Videos entstanden waren, die zeigten, wie der
Hausmeister die schicke Rothaarige auf ihrem Schreibtisch beglückte.

    Zu gern hätte ich gewusst, wie genau das ausgesehen hatte,
denn meiner Meinung nach konnten weder die zierliche Diplom-Pädagogin noch der
Schreibtisch eine Nummer unter Bertis Massen ohne größere Schäden überstehen.

    Doch leider waren die lehrreichen Aufnahmen letzte Woche
samt Handy verschwunden. Und weil Simone Müller-Wunk seit elf Jahren mit Peter
Wunk, einem biederen Beamten der Agentur für Arbeit, verehelicht war,
befürchtete sie nun, dass der dicke Berti ihr nach dem Ende ihrer kurzen
Beziehung das Handy entwendet hatte. Die Kindergartenleiterin glaubte, der
Hausmeister sei bis über beide Ohren verliebt und wolle sie zwingen, zu ihm
zurückzukehren. Oder noch schlimmer – er zeigte die interessanten Aufnahmen
ihrem Mann, um so die Trennung zu provozieren.

    Also hatte sie Danner und mich beauftragt, das Telefon
schnellstmöglich wiederzubeschaffen.

    Â»In Bertis Werkstatt habe ich jedenfalls kein knallrotes
Handy gefunden.« Danner nippte an seinem Bier.

    Dank der Signalfarbe sollte Frau Müller-Wunks Telefon
eigentlich nicht zu übersehen sein. Stilbewusst hatte die Kindergartenleiterin
es nämlich passend zu Haaren, Handtasche und Schuhen in ihrer Lieblingsfarbe
gekauft.

    Im Klartext waren wir mit unseren Ermittlungen also keinen
Schritt vorangekommen. Das bedeutete, mir stand morgen ein weiterer Tag in der
Schlumpfgruppe bevor. Seufzend rutschte ich vom Stuhl und trat neben Molle
hinter den Tresen.

    Â 
    Â»Wofür schuftest du hier, Mädchen? Lohnt sich doch
nicht! Benutz dein Köpfchen nicht nur zum Haarefärben, denk mal drüber nach.«

    Inzwischen war es halb neun und ich wollte zurück an den
Tisch an der Theke, an dem Danner und meine Teetasse auf mich warteten. Nach
einem Tag unter kreischenden Kleinkindern war meine Toleranz für die
Vollstrammen in Molles Kneipe begrenzt.

    Wortlos stellte ich dem Idioten das nächste Fiege- Bier hin. Dabei betrachtete ich
seine violett verfärbte Kartoffelnase etwas länger als nötig und überlegte, wie
dick und blau sie erst anschwellen würde, wenn ich sie mit einem schnellen, gut
platzierten Karatehieb zertrümmerte.

    Die geplatzten Adern auf den Wangen des Mannes und die
stark gerötete, von Knubbeln, alten Aknenarben und Bartstoppeln unebene Haut
seines Gesichtes verrieten mir, dass er seinen Kopf seit Jahren nur benutzte,
um Alkohol in seinen Körper zu füllen. Zumindest entschuldigten die freundlich
geschätzten drei Promille, die er heute bereits in seine Blutbahn gepanscht
hatte, seine hirnfreien Sprüche ein klitzeklein wenig und bewahrten dieses Mal
sein bunt schillerndes Riechorgan vor dem Zusammenstoß mit meiner Handkante.

    Ich sparte mir eine Antwort.

    Â»Die wollen dich auslutschen«, lallte er hinter mir her.
»Alle! Bei Vater Staat fängt’s an und bei der lieben Familie hört’s auf! Wenn
du ’n dickes Auto unterm Arsch hast, lieben se dich. Aber wenn de inner Gosse
liegst, trampeln sogar die Penner auf dir rum!«

    Seine Zunge schien ihm beim Sprechen im Weg zu sein, was
ihn aber nicht am Weiterfluchen hinderte. »Dat is unser doller Sozialstaat. Der
lässt dich nich mehr hochkommen, wenn du einmal auf die Schnauze jefallen
bist!«

    Er setzte das Bierglas an die rissigen Lippen und trank
mit großen Schlucken.

    Â»Bring das mal Ben und Lenny, Lila!« Molle schob seinen
beschürzten Bauch hinter der Zapfanlage hervor und reichte mir zwei Gläser.
Sein grauer Haarkranz wippte um das von hellen
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