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Fliege machen

Fliege machen

Titel: Fliege machen
Autoren: Lucie Flebbe
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du sagst, du Arsch!«, zischte ich wütend.

    Der Penner hustete mir eine Wolke aus Alkohol und
Mundgeruch entgegen und seine Fusselbürste kläffte aufgeregt meine Füße an.

    Ich spürte Muskeln, die ich unter dem dicken, kratzigen
Stoff seines Sakkos nicht erwartet hatte. Unkontrolliert ruderte er mit den
Armen – nicht so sehr, weil er sich gegen meinen Griff wehren wollte, sondern
eher, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Ich hätte Schwierigkeiten
gehabt, ihn festzuhalten, hätte Danner nicht einen Moment später den rechten
Arm des Penners gepackt und Staschek den linken.

    Â»Das war’s für heute, Fliege«, brummte Molle und deutete
mit dem Kopf zur Tür.

    Ich ließ den Sakkokragen los.

    Â»Du kannst dir aussuchen, ob du die Nacht in der Ausnüchterungszelle
oder im Obdachlosenasyl in Gelsenkirchen verbringen willst«, informierte ihn
Staschek.

    Â»Oder im Krankenhaus«, ergänzte Danner freundlich.

    Na toll, das Arschloch bekam auch noch eine Gratisübernachtung
für seine große Fresse. Ärgerlich plumpste ich am Tisch neben der Theke vor
meine Teetasse und schnappte mir die Zeitung, die Danner dem Penner entwendet
hatte.

    Ich blätterte durch die Schlagzeilen, während Danner und
Staschek den Obdachlosen zur Tür schoben. Doch die Überschriften kannte ich
bereits, das Blatt war mindestens zwei Wochen alt. Wahrscheinlich benutzte der
Typ es auf seiner Parkbank als Decke.

    Â»Ihr versteht ja echt kein Spaß, wa? Locker bleiben,
Leute, kommt nich wieder vor, ehrlich!«, versicherte der Penner. »Mach mir ma
noch ’n Bier, Molle, ja?«

    Â»Dir machen wir hier heute gar nichts mehr«, klärte Staschek
ihn auf.

    Â»Du wills’ mir vorschreiben, wie viel ich saufen darf?«,
wurde der Penner schon wieder lauter. »Arrogante Wichser seid ihr Bullen! Aber
wenn ihr selber mal auffe Fresse fliegt, werdet ihr euch an meine Worte
erinnern! Dann merkt ihr schon, dat der alte Fliege recht hatte. Jetzt sach wat,
Molle! Sach deinen Bullen, dat ich noch ’n Bier krieje!«

    Molle zögerte.

    Â»Och nö, Molle!«, stöhnte Staschek.

    Seufzend stellte der dicke Wirt ein neues Glas auf die
Theke: »Deine letzte Chance, Meister.«

    Â»Mann, Molle!« Wütend ließ Danner den Arm des Besoffenen
los. Der taumelte zur Seite und polterte gegen einen Barhocker.

    Â»Adoptier lieber ’ne Katze!«, schnauzte Danner den Wirt
an.

    Doch wie immer prallte Danners Ärger wirkungslos an Molle
ab.

    Der Penner stützte sich mit den Ellenbogen auf den Tresen.
»Wär janz schlecht, wenn se mich heute einbuchten würden«, verriet er Molle.
»Ich muss nämlich noch auffe Jagd gehn, weißte?!«

    Â»Auf die Jagd?« Über seine Brille hinweg blickte Molle
den Betrunkenen streng an. »Und was willste jagen?«

    Fliege lehnte sich noch ein bisschen weiter zu ihm hinüber.
Molle wich vor dem Atem des Penners zurück.

    Â»Vampire«, verkündete der Vollstramme verschwörerisch.

    Molle zog eine buschige Augenbraue in die Höhe.

    Doch der Alte nickte ernsthaft: »Blutsauger, die lauern
da draußen überall, weißte?«

    Ich blätterte kopfschüttelnd in der Zeitung. Was für ein
Spinner. So was passierte eben, wenn man sich sein Gehirn mit ’ner Flasche Korn
pro Tag wegballerte.

    Beinahe ironisch, dass die Schlagzeile ausgerechnet in
der Zeitung, unter der der Mann offenbar jede Nacht schlief, Gepanschter Schnaps lautete. Daneben ein
Foto von einem zerfetzten Sportwagen. 2,3 Promille! – Nach Silvesterfeier verunglückt Bauunternehmer tödlich in
seiner S-Klasse, las ich. Wollten die
Veranstalter mit Billigschnaps Geld sparen?

    Tja, da hatte auch der Sportwagen dem Gehirn nichts mehr
genutzt. Immerhin würde sich Fliege, der Penner, wohl nicht mit einer S-Klasse
ins Jenseits befördern.

    Ich warf die Zeitung neben das Bierglas des Obdachlosen
auf den Tresen.

    Â»Ich lass mir nix mehr gefallen, ich nicht!«, wetterte
Fliege lauter. »Heute ist endgültig Schluss! Ich spiel das Scheißspiel nicht
mehr mit! He, merk dir das, du Nutte! Du kriegst auch irgendwann die Quittung!«

    Bevor ich begriff, dass der Besoffene sich umgedreht
hatte und wild gestikulierend auf mich zuwankte, hatte Danner ihn an der
Schulter gepackt. »Jetzt ist endgültig Schluss, Kollege! Abmarsch!«

    Deutlich sah ich die Spannung von Danners
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