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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut
Autoren: Jonathan Kellerman
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machen einen auf ... Kontrollfreak. Besonders er.« Sie senkte ihre Stimme zur feindseligen Parodie eines Baritons. ›»Lauren, du verpfuschst dein Leben. Dieser Therapie-Scheiß ist verdammt teuer. Ich will, dass du da reinmarschierst und dich auskotzt. ‹«
    Letzte Woche hatte sie davon geredet, Geheimnisse auszuspucken. Der emetische Zugang zur Einsicht.
    »Also«, sagte ich, »Ihre Eltern sind nicht glücklich, sie lassen es an Ihnen aus, und ich bin die Waffe.«
    »Sie stecken in einer Sackgasse fest, und mir geht's super, ich bin ungebunden, genieße mein Leben, und das stinkt ihnen. Sobald ich mein eigenes Geld habe, bin ich da raus, bye, bye, Lyle and Jane.«
    »Haben Sie einen Plan, wie Sie an Geld kommen?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Ich denke mir schon was aus - allerdings weiß ich, dass mich momentan nicht mal McDonald's ohne ihre Erlaubnis einstellt. Aber eines Tages.«
    »Haben Sie versucht, bei McDonald's zu arbeiten?«
    Nicken. »Ich wollte mein eigenes Geld haben. Aber sie haben Nein gesagt. ›Keine Arbeit nebenher, bevor deine Noten besser werden.‹ Was sie nicht tun werden, also kann ich das vergessen.«
    »Warum werden Ihre Noten nicht besser werden?«, fragte ich.
    »Weil ich es nicht will.«
    »Also wird es noch ein paar Jahre so weitergehen.«
    Ihr Blick wurde unruhig. »Ich denke mir schon was aus - hören Sie, vergessen Sie den Sex. Ich will nicht darüber reden. Oder über irgendwas sonst. Nichts gegen Sie, aber ich will einfach nicht mein Herz ausschütten.«
    »Okay.«
    »Okay, prima.« Sie sprang auf. »Bis nächste Woche.«
    Noch zehn Minuten. Ich sagte: »Können Sie es nicht mehr aushaken?«
    »Werden Sie es ihnen sagen, dass ich früher abgehauen bin?«
    »Nein, aber -«
    »Danke«, sagte sie. »Nein, ich kann es wirklich nicht mehr aushaken, mir brummt der Schädel - ich sag Ihnen was, nächste Woche komme ich pünktlich und bleibe die ganze Zeit, okay? Versprochen.«
    »Es sind nur noch zehn Minuten.«
    »Zehn Minuten zu viel.«
    »Versuchen Sie's doch mal, Lauren. Wir müssen nicht über Ihre Probleme reden.«
    »Worüber dann?«
    »Erzählen Sie mir von Ihren Interessen.«
    »Ich bin am Strand interessiert«, sagte sie. »Okay? Ich bin an Freiheit interessiert - und das ist genau das, was ich jetzt brauche. Nächste Woche bin ich ein braves Mädchen - das mein ich ernst.«
    Nächste Woche. Wollte sie mir was vormachen, oder hatte sie wirklich vor wiederzukommen?
    »Ich muss hier raus.«
    »Klar«, sagte ich. »Alles Gute.«
    Breites Lächeln. Haare flogen nach hinten. »Sie sind süß.« Sie schwang die Handtasche wie eine Schleuder und eilte hinaus. Ich holte sie im Wartezimmer ein, als sie ihr Feuerzeug hervorkramte.
    Sie rammte die Zigarette in ihren Mund und stieß die Tür auf. Ich sah zu, wie sie durch den Flur trabte, ein Mädchen in Eile, eingehüllt von einer Rauchwolke.
    Ich dachte noch ein paarmal an sie - das Ebenbild selbstzerstörerischer Flucht. Dann verblasste auch das.
    Sechs Jahre später war ich am Wochenende vor Halloween zu einer Junggesellenparty eingeladen.
    Ein fünfundvierzigjähriger Strahlentherapeut am Western Pediatrics war im Begriff, eine Operationsschwester zu heiraten, und eine Gruppe von Krankenhausärzten und -Verwaltern hatte die Präsidentensuite des Beverly-Monarch-Hotels für den Abschiedsabend gemietet.
    Steaks, Spareribs, scharf marinierte Hähnchenflügel, gemischte gebratene und gegrillte Teile auf dem Büffet. Bierflaschen in eisgefüllten Badewannen, Selbstbedienungsbar, kubanische Zigarren, klebrige Desserts. Mein Kontakt mit dem Ehrengast - ein nuschelnder Einzelgänger ohne Umgangsformen - beschränkte sich auf ein paar steife, unergiebige Diskussionen über Patientenfürsorge, und ich fragte mich, warum ich eingeladen worden war. Vielleicht zählte jedes Gesicht.
    Es herrschte kein Mangel an Gesichtern, als ich schließlich eintraf. Die Suite war riesig, eine Reihe abgedunkelter Zimmer mit schwarzem Teppichboden voller verschwitzter Männer. Penthousehöhe - zweifellos eine großartige Aussicht -, aber die Vorhänge waren zugezogen, und die Luft fühlte sich schwer an. Jacketts und Krawatten lagen gehäuft auf einem Sofa neben der Tür unter einem handbeschrifteten Schild, auf dem stand: MACH'S DIR BEQUEM! Ich bahnte mir durch testosterongeschwängerte Lachsalven, gelegentliches Schulterklopfen, blauen Zigarrenqualm und die verkrampfte Begeisterung versoffener Trinksprüche meinen Weg.
    Das Büffet war umlagert. Ich kam
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