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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut
Autoren: Jonathan Kellerman
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schwer gemacht, nicht wahr?«
    Ich lächelte. »Nicht schwerer als andere.«
    »Es hat wahrscheinlich nicht den Eindruck erweckt, aber ich hatte mich eigentlich mit dem Gedanken angefreundet, eine Therapie zu machen. Ich hatte mich dafür hochgeputscht. Dann haben sie es abgeblasen.«
    »Ihre Eltern?«
    Als sie die Überraschung in meiner Stimme hörte, wurde sie rot.
    »Sie haben es Ihnen nicht erzählt.« Ihr Lächeln war kalt. »Sie haben behauptet, sie hätten es getan, aber ich war mir nie ganz sicher.«
    »Ich habe nur eine telefonische Absage bekommen«, sagte ich. »Keine Erklärung. Ich hab mehrmals bei Ihnen zu Hause angerufen, aber es ist niemand an den Apparat gegangen.«
    »Mistkerl«, sagte sie mit plötzlicher Wut. »Arschloch.«
    »Ihr Vater?«
    »Verlogenes Arschloch. Er hat versprochen, er würde Ihnen alles erklären. Es war seine Entscheidung - er hat nie aufgehört, sich über das Geld zu beklagen. An dem Tag, als ich zu Ihnen kommen sollte, hat er mich an der Schule abgeholt. Ich dachte, er wollte dafür sorgen, dass ich pünktlich bin - ich dachte, Sie hätten mich belegen und ihm verraten, dass ich zu spät gekommen war. Ich war wütend auf Sie. Aber anstatt zu Ihrem Büro zu fahren, fuhr er in die andere Richtung - ins Valley. Zu diesem kleinen Golfplatz - diesem Familienerholungs-Center. Einkaufspassagen, Schlagkäfige, dieser ganze Mist. Er parkt, stellt den Motor ab und sagt zu mir: ›Du brauchst ein bisschen Zeit mit deinem Dad und keinen Psychofritzen als Babysitter, der hundert Dollar die Stunde kassiert.«!
    Sie biss sich auf die Lippe. »Klingt das nicht ein bisschen ... als wenn er auf Sie eifersüchtig wäre?«
    Als ich mir eine Antwort überlegte, sagte sie: »Verlockend, finden Sie nicht?«
    Ich dachte weiter nach. Machte den Sprung. »Lauren, ist es je zu irgendwelchen -«
    »Nein«, sagte sie. »Nie, nichts in der Art, er hat mich nie angefasst. Weder aus irgendeinem gruseligen Grund noch aus normaler Zuneigung. Tatsache ist, ich kann mich nicht erinnern, dass er mich jemals berührt hätte. Er ist ein kalter Fisch. Und stellen Sie sich vor: Er und Mom haben sich schließlich scheiden lassen. Er hat sich ein Mäuschen angelacht, eine Schlampe, die er bei der Arbeit kennen gelernt hat... Also haben sie Ihnen nie erzählt, dass sie die Therapie abgebrochen haben, dass es nicht meine Idee war. Hätte ich mir denken können. Sie haben mich mit Lügen aufgezogen.«
    »Was für Lügen?«
    Die blauen Augen sahen mich an. Wurden hart. »Spielt keine Rolle.«
    »Der Tag auf dem Golfplatz«, sagte ich. »Was ist da passiert?«
    »Was passiert ist? Nichts ist passiert. Wir haben ein paar Löcher gespielt, schließlich hab ich gesagt, mir war langweilig, hab angefangen zu nörgeln und zu jammern, er solle mich nach Hause bringen. Er versuchte mich zu überzeugen. Ich hab mich auf das Grün gesetzt und nicht nachgegeben. Er ist wütend geworden - wurde wie üblich ganz rot im Gesicht und hat mich schließlich wutschnaubend nach Hause gefahren. Mom war in ihrem Zimmer - sie hatte offensichtlich geweint. Ich dachte, es hätte mit mir zu tun. Ich dachte, alles hätte mit mir zu tun - das hab ich die ganze Zeit gedacht, und der Gedanke hat in meinem Kopf gesessen wie ein Tumor. Jetzt weiß ich es besser: Sie waren die ganze Zeit schon völlig verkorkst.«
    Sie schlug die Beine übereinander. »Ein paar Wochen später hat er uns verlassen. Hat die Scheidung eingereicht, ohne ihr Bescheid zu sagen. Sie hat versucht, Unterhaltszahlungen von ihm zu bekommen, und er hat behauptet, die Geschäfte gingen schlecht, und hat uns nie einen Penny gegeben. Ich hab ihr gesagt, sie solle ihn verklagen, aber das hat sie nicht getan. Sie war keine Kämpfernatur - ist nie eine gewesen.«
    »Also haben Sie mit ihr zusammen gewohnt.«
    »Eine kurze Zeit. Wenn Sie es wohnen nennen wollen. Wir haben das Haus verloren, sind in eine Wohnung in Panorama City umgezogen, ein richtiges Loch - nachts wurde geschossen, das volle Programm. Es war Scheiße, wir waren pleite, sie hat die ganze Zeit geheult. Aber mir ging's prima, weil sie nicht mal versucht hat, mich zu erziehen, und ich endlich tun konnte, was ich wollte. Mit mir wollte sie auch nicht kämpfen.«
    Sie nahm ein Papiertuch aus der Schachtel, die ich strategisch günstig platziert habe, zerknüllte es zu einer Kugel und zupfte es wieder auseinander.
    »Männer sind Arschlöcher«, sagte sie und starrte mich an. »Und jetzt reden wir über letzte
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