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Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau

Titel: Jetzt tanzen alle Puppen - Aus dem Alltag einer Comedy-Fachfrau
Autoren: Andrea Volk
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    Köln, 3 . Mai, halb acht morgens, das Gesicht sitzt
    Na, kein Wunder, dass das Gesicht sitzt. War ja teuer genug. Wenn ich mein Badezimmerschränkchen aufmache, sieht es darin aus wie der Chemiebaukasten eines Achtklässlers: Hyaluronsäure-Maske, Botox-to- go-Stift, Q-10-Lotion, Ampullen mit Vitamin A bis E, diverse Tiegel Augencremes, Faltencremes, Körpercremes und nicht zu vergessen die Großpackung Anti-Zellulitis-Kur.
    Hoffentlich fliegt mein Badezimmerschrank nicht irgendwann in die Luft, hab die Haftpflicht nicht bezahlt. Blöde Zellulitis-Kur. Wirkt gar nicht, meine Oberschenkel sehen immer noch aus, als hätte ich einen Hagelschaden. Vielleicht sollte ich meine Beine bei der Haftpflicht einreichen. Dann hätte ich wenigstens die Miete für den nächsten Monat zusammen.
    Aua. Augenfaltencreme brennt. Bin ich eigentlich die einzige, die sich das Zeug immer aus Versehen in die Augen reibt? Na toll. Jetzt sehe ich aus wie ein Karnickel aus der Tierversuchsanstalt. Ist ja auch keine Uhrzeit, halb acht, für Glamourgirls. Unsereins schält sich doch frühestens um zwölf aus den Federn, um dann mit irgendeinem reichen Berühmten frühstücken zu gehen. Ich kenne kaum reiche Berühmte und wenn, kennen die mich nicht. Hätte ich wenigstens eine reiche berühmte Familie, aber meine Familie ist wie die Adamsfamily: verrückt, nur leider ohne Schloss und Schatz.
    Oder wenn wir finanziell erfolgreicher wären, die Frau Knecht und ich, mit unserer Volk und Knecht GbR, Gesellschaft für Musik, Text und Blödsinn. Aber nein, die Konten sind leer und der Presserummel hält sich in Grenzen. Die letzte Kritik kam von einer Schülerzeitung. Und die haben uns noch verrissen. Naja, ich kam mir ja selber doof vor als »Hauptact« beim »Tag der offenen Tür im Sankt-Ingelbert-Gymnasium«. Ein verquarzter Alt-68er-Kunstlehrer hatte uns engagiert. Aus Gründen, die vermutlich nur seine Drogentherapeutin kennt. Ein Auftritt zwischen rappenden 15-Jährigen der Theater-AG. Gott.
    Missmutig glotze ich in den Spiegel. Halb acht aufstehen. Pff. Nur weil ich für ein paar Wochen einen Brot-Job im Büro angenommen hab. Früh aufstehen, na gut, aber am Ende des Monats sind die Fixkosten drin, rede ich mir selber gut zu. Ich glaube mir kein Wort, das sehe ich an meinem misstrauischen Spiegelbild. Irgendwie sieht meine Nase heute Morgen auch echt dick aus. Knollenförmig beinah. Verdammt. Das riecht nach einem Loriot-Tag.

1 Loriot im Alltag
    Loriot-Tage erkenne ich sofort beim morgendlichen Blick in den Spiegel. An Loriot-Tagen ist meine Nase knollenförmig. Wenn mein Freund fragt, was los ist, sage ich: »Ich heiße Volk und ich wohne hier.« Er antwortet dann: »Aber doch nicht jetzt. Jetzt musst du zur Arbeit.« Da gehe ich dann auch hin. Selbst Glamourgirls mit Knollennasen müssen von Zeit zu Zeit Erwerbstätigkeiten nachgehen, um ihr ausschweifendes Luxusleben zu finanziere n – also bei Aldi einkaufen und den Ford Ka betanken. Im Büro lese ich meine Mails und finde: »Heute, 1 1 Uhr, Geburtstagsfeier von Abteilungsleiter Worbel, Teamchefin Möller und Sekretärin Diebenhaus-Knöbler. Wir freuen uns auf mehrstimmigen Gesang.« »Nein«, sage ich, »nein, nein. Ich möchte hier einfach nur so sitzen.« Selbstverständlich muss ich mit.
    Die Geburtstagsfeier findet im Konferenzraum statt. Links Kuchen, rechts Schnittchen, dazwischen wir Angestellten mit einem Glas Schaumwein. Aufgereiht wie die Orgelpfeifen. Wie die unsortierten Orgelpfeifen eines sehr betrunkenen Orgelbauers. Auf LSD. Dicke, dünne, rothaarige und Hubschrauberlandeplatz-Orgelpfeifen. Uns gegenüber stehen nervös lächelnd Abteilungsleiter Worbel und Sekretärin Diebenhaus-Knöbler, nur zwei der drei Geburtstagskinder.
    Worbel: »Frau Diebenhaus-Knöbler, wo bleibt denn bitte die Frau Möller. Wir singen doch jetzt.«
    »Die Frau Möller hat einen Termin.«
    Worbel, indigniert: »Ja, aber die Frau Möller wusste doch, dass wir jetzt singen. Gut, dann singen wir jetzt eben ohne die Frau Möller. Frau Diebenhaus-Knöble r – wir singen jetzt.«
    »Gern, Herr Worbel, was singen wir denn?«
    »Ein Geburtstagslied.«
    Frau Diebenhaus-Knöbler verneint: »Frau Möller hat doch morgen erst Geburtstag. Da können wir doch nicht heute ein Geburtstagslied singen.«
    »Ja«, sagt Worbel, »aber die Frau Möller ist doch gar nicht da.«
    »Trotzdem.«
    »Gut«, sagt Herr Worbel, »dann singen wir eben was anderes.«
    »Was denn?«, fragt Frau Diebenhaus-Knöbler,
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