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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut
Autoren: Jonathan Kellerman
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vorn bis hinten gelesen hatte.
    Schließlich ergab ich mich ins Unvermeidliche. Während ich auf die große Kiefer starrte, die vor dem Küchenfenster stand, tippte ich die Nummer ein.
    Es klingelte zwei Mal. »Hallo?«
    »Mrs. Abbot?«
    »Ja, wer ist da?«
    »Dr. Delaware.«
    Zwei Takte Schweigen. »Mir war nicht klar, ob Sie anrufen würden - erinnern Sie sich an mich?«
    »Laurens Mom.«
    »Laurens Mom«, sagte sie. »Mein Anspruch auf Ruhm.« Ihre Stimme brach. »Wegen Lauren rufe ich an, Dr. Delaware. Sie wird vermisst. Seit einer Woche. Ich weiß, dass Sie mit der Polizei zusammenarbeiten. Ich habe Ihren Namen in der Zeitung gesehen. Lauren auch. Das hat sie beeindruckt. Sie hat Sie immer gut leiden können, wissen Sie. Es war mein Mann - mein Ex-Mann -, der sie davon abgehalten hat, weiter zu Ihnen zu kommen. Er war ein sehr unangenehmer Zeitgenosse - ist ein unangenehmer Zeitgenosse. Lauren hat seit Jahren keinen Kontakt zu ihm gehabt. Aber das gehört nicht hierher ... Das Problem, das ich jetzt habe, besteht darin, dass ich sie nicht finden kann. Sie lebt seit einiger Zeit allein, aber das - es kommt mir einfach nicht richtig vor. Am dritten Tag habe ich die Polizei angerufen, aber die sagen, sie ist erwachsen und solange es keinen Beweis dafür gibt, dass ein Verbrechen vorliegt, können sie nichts unternehmen, es sei denn, ich komme vorbei und melde sie offiziell als vermisst. Ich habe gemerkt, dass sie mich nicht ernst nahmen. Aber ich weiß, dass Lauren nicht einfach so von der Bildfläche verschwinden würde. Nicht ohne mir Bescheid zu sagen.«
    »Unternimmt sie keine Reisen?«
    »Manchmal, aber nicht so lange.«
    »Also stehen Sie mit ihr in regelmäßiger Verbindung«, sagte ich, wobei ich mich fragte, ob Lauren immer noch als Stripperin arbeitete und ob ihre Mutter davon wusste.
    Pause. »Ja. Natürlich. Ich rufe sie an, und sie ruft mich an. Wir stehen in Kontakt, Dr. Delaware.« Nach einem Moment fügte sie hinzu: »Ich wohne jetzt im Valley«, als sei das eine Erklärung dafür, dass sie sich nicht persönlich sahen.
    »Wo wohnt Lauren?«, fragte ich.
    »In der Stadt. In der Nähe der Miracle Mile. Sie würde nicht einfach weggehen, ohne mir Bescheid zu sagen, Doktor. Ihrem Mitbewohner hat sie auch nichts gesagt. Und es sieht nicht so aus, als hätte sie einen Koffer gepackt. Halten Sie das nicht für beunruhigend?«
    »Dafür könnte es eine Erklärung geben.«
    »Bitte, Dr. Delaware, ich weiß, wie der Hase läuft. Das wissen Sie auch. Sie haben für die Polizei gearbeitet - bei Ihren Verbindungen werden sie Ihnen zuhören. Sie müssen jemanden kennen, der helfen kann.«
    »Wie lautet Laurens Adresse?«
    Sie nannte eine Nummer auf der Hauser. »Nähe Sixth Street. Nicht weit vom Museumskomplex - die La Brea Tar Pits. Ich hab sie immer zu den Teergruben mitgenommen, als sie klein war. Bitte, Dr. Delaware, rufen Sie Ihre Kontaktpersonen an und bitten Sie sie, mich ernst zu nehmen.«
    Meine Kontaktperson war Milo. Sein Revier war die West L. A. Division, und die Hauser Nähe Sixth gehörte zu Wilshire. Petra Connor, meine einzige andere Bekannte im LAPD, gehörte zum Morddezernat der Hollywood Division. Beides Leute, die in Mordfällen ermittelten. Das wollte Jane Abbot sicher nicht hören.
    Ich sagte: »Ich rufe jemanden an.«
    »Ich danke Ihnen vielmals, Doktor.«
    »Wie macht Lauren sich?«
    »Sie wären superstolz auf sie - ich bin's. Sie - wir hatten ein paar harte Jahre, nachdem ihr Vater uns verlassen hatte. Sie ist von der High School abgegangen, ohne einen Abschluss zu machen - es war ... Aber dann hat sie sich zusammengerissen, hat ihn über den zweiten Bildungsweg nachgemacht, hat das Junior College besucht, ihr Vordiplom mit Auszeichnung bestanden und ist letzten Herbst an die Uni übergewechselt. Sie hat gerade ihr erstes Quartal beendet und nur Einsen bekommen. Ihr Hauptfach ist Psychologie, sie möchte Therapeutin werden. Ich weiß, das ist Ihr Einfluss. Sie bewundert Sie, Doktor. Sie hat immer gesagt, was für ein einfühlsamer Mensch Sie wären.«
    »Vielen Dank«, sagte ich; ein Gefühl von Unwirklichkeit überkam mich. »An der Uni sind die nächsten Wochen noch vorlesungsfrei. Manchmal gehen Studenten auf Reisen.«
    »Nein«, erwiderte sie. »Lauren wäre nirgendwohin gefahren, ohne es mich wissen zu lassen. Und nicht ohne Gepäck.«
    »Ich werde tun, was ich kann.«
    »Sie sind ein guter Mensch, das hab ich immer gespürt. Sie hatten großen Einfluss auf sie, Doktor. Sie war
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