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Fleisch und Blut - Der Kannibale

Fleisch und Blut - Der Kannibale

Titel: Fleisch und Blut - Der Kannibale
Autoren: Sharon Lee
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detailliert, ohne etwas zu verschweigen, berichten, was Sie mit Ihren Opfern angestellt haben.»
    «Unter der Bedingung, dass das Interview auf meinem Hof durchgeführt und als Titelstory publiziert wird.»
    «Einverstanden. Ich rufe Felix Tägli gleich an und kläre die Frage mit ihm.»
     

    Chefredaktor Tägli brannte auf die Story. Er versicherte Kommissar Aemisegger, sofort auf den Weg ins Zürcher Unterland aufzubrechen.
    «Sie bekommen, was Sie gewünscht haben. Felix Tägli ist auf dem Weg hierher.»
    «Sehen Sie, es geht doch.»
     

    Nach einem längeren Schweigen, fragte die Detektivin, die sich noch immer erhoffte, das Interview umgehen zu können und Reinwarth im Vorfeld zu einem Geständnis bringen zu können:
    «Was treibt sie an, Menschen zu verspeisen?»
    «Das wollen Sie wirklich wissen? Sie sind eine von der schlauen Sorte, Frau Fuchs.»
    «Wir alle würden das gerne wissen.»
    «Wie gesagt, Sie erfahren von mir keine Silbe. Gerne können Sie zuhören, wenn ich mich gleich mit Felix Tägli unterhalten werde. Das Haus ist ringhörig genug, so dass sie aus dem Nebenraum alles mithören können.»
     

    Detektivin Fuchs stockte der Atem. Es widerte sie an, sich mit diesem Irren zu unterhalten. Er war ein gestörter Mensch, dem man es erlauben würde, sich in jeglicher Facette des Bösartigen ungehemmt zu präsentieren und sich mit seinen perversen Ungeheuerlichkeiten zu brüsten, als wären sie das Selbstverständliche, das Normale. Er hatte die seltene Gabe, sie einzulullen, ihnen seine Normalität aufzudrücken und vermittelte ihnen das Gefühl, dass ihre Vorstellung von der Norm abwegig war. Für den Moment verwirrte er sie.
    Lex Reinwarth schien ihre Gedanken lesen zu können: «Bedenken Sie bitte, das Verspeisen von Artgenossen war früher, vor noch nicht allzu langer Zeit, an der Tagesordnung. Unsere frühen Vorfahren haben Menschen gegessen, wie wir heute das Kalb oder Lamm. Haben Sie denn kein schlechtes Gewissen, wenn Sie eine Kälblein, das kaum das Licht des Lebens erblickt hat, essen?»
     

    Kommissar Köppel rannte hinaus, direkt hinters nächste Gebüsch. Lex Reinwarth, der dies mit einem breiten Grinsen verfolgte, kommentierte den Abgang von Köppel: «Was in unseren Genen steckt, lässt sich nicht von der Hand weisen. Sie sehen, die Erinnerungen werden abgerufen. Es ist reine Kopfsache. Bei Ihnen scheint etwas blockiert zu sein. So, und mehr sage ich nicht dazu. Setzen wir uns in die gute Stube und warten, bis der Chefredaktor kommt.»
     

     

Exakt am Siedepunkt
     
     
    So tief waren sie in Bezug auf ihre Handlungsfähigkeit gesunken. Kleinlaut waren sie geworden und liessen sich ein Interview von dieser menschlichen Bestie diktieren. Er hatte ihnen sinnbildlich die Handschellen angelegt. Aber was wäre die Alternative gewesen?
     
    Felix Tägli traf auf dem Anwesen ein. Lex Reinwarth führte ihn an Carla Fuchs, Aemisegger und Köppel vorbei. Felix Tägli begrüsste sie einzeln, richtete den Laptop ein, um sich auf das Interview vorzubereiten. Man sah ihm die Anspannung deutlich an. Selbst nach unzähligen Interviews, die er in seiner langjährigen Journalisten-Karriere durchgeführt hatte, stand das heutige ausser Konkurrenz. Ein Interview mit einem Menschenfresser war für Tägli alles andere als alltäglich. Die Erinnerung an Ambauen verblasste daneben. Dies jetzt war der absolute Oberknüller. Noch nie hatte Tägli sich mit einem Menschen wie diesem unterhalten. Es ehrte ihn, dass Lex Reinwarth darauf bestanden hatte, ausschliesslich mit ihm allein sprechen wollte. Warum nur? Vielleicht hätte er sich diese Frage vorher beantworten sollen. Doch dazu war es nun zu spät. Reini war bereit.
     
    «Unter vier Augen, das war meine Bedingung!», befahl Lex Reinwarth und schickte die beiden Kommissare und Detektivin Fuchs aus dem Raum. Von der Küche aus, konnten sie jedes Wort hören – jedoch nichts sehen. Carla Fuchs vergewisserte sich bei Tägli, ob er das Interview nicht doch abbrechen wollte. Doch der Chefredaktor dachte nicht daran. Er brannte geradezu darauf, seine Fragen zu stellen. Das Interview war die Krönung seiner doch eher trockenen journalistischen Karriere.
    «Schon gut Carla, um mich braucht Ihr euch keine Sorgen zu machen. Tut einfach, was er sagt und gut ist.»
    «Felix, bist du dir wirklich sicher?»
    «Bombensicher, so eine Chance lasse ich mir nicht entgehen!», rief er ihr zu. Dann begann er eifrig zu schreiben. Er tippte die ersten Worte in seinen Laptop.
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