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Fleisch und Blut - Der Kannibale

Fleisch und Blut - Der Kannibale

Titel: Fleisch und Blut - Der Kannibale
Autoren: Sharon Lee
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Richtung Flughafen Kloten zum Waldstück, das Familienvater Kunz am Telefon beschrieben hatte. Sie sprachen kaum ein Wort miteinander. Köppel war ohnehin in ständigem telefonischem Kontakt mit Kunz, der die Kommissare an die Fundstelle lotste.
     
    «Hier muss es sein!», rief Köppel aufgeregt. Aemisegger parkierte den Polizeiwagen auf einem Feldweg. Rechts daneben plätscherte ein Bach, das Wasser glitzerte im Spiel des Sonnenlichts. Weit und breit war keine Menschenseele in Sicht. Aemisegger spottete verärgert: «Wir stehen mitten im Nichts. Was soll das, Köppel?»
    «Geniessen Sie wenigstens das Wetter, Aemisegger, oft sind wir in letzter Zeit nicht aus dem Büro gekommen. Ich bin mir zudem absolut sicher, dass wir hier richtig sind.» So sicher er sich war, so wenig konnte er seinen Chef überzeugen.
    «Wo ist dieser Herr Kunz, sollten wir den nicht hier antreffen?»
     
    Köppel blickte ratlos umher. Weiter hinten, beim Waldrand, blitzte Blech durch die Baumstämme. «Hab ich es Ihnen nicht gleich gesagt. Sehen Sie, da hinten steht ein Auto, das ist bestimmt der Wagen der Familie Kunz.»
     
    Tatsächlich trafen sie weiter vorne auf den dunkelblauen Kombi der Familie. Ein aufgelöster Vater Kunz empfing die beiden Kommissare. Er wirkte so, als ob er vor einem wild gewordenen Tier geflüchtet wäre. Im Wagen sassen eine Frau, sehr wahrscheinlich Frau Kunz, und zwei Söhne im vorpubertären Alter. Mit grossen Augen starrten sie durch die Scheiben. Kommissar Aemisegger konnte die Furcht in ihren Augen sehen.
     
    Köppel versicherte sich, dass er die Polizeipistole griffbereit hatte. Ein seltsames Gefühl überkam ihn. «Sie haben uns angerufen: Sie haben einen Schädel und Knochen gefunden?»
    Familienvater Kunz zuckte beim Wort Knochen zusammen. Er nickte.
    «Haben Sie sonst noch jemanden gesehen? Ich meine, waren andere Leute hier in der Nähe?»
    Kunz schüttelte den Kopf.
    «Dann lassen Sie uns die Fundstelle sichten.»
     
    Die beiden Kommissare folgten Kunz, der einen halben Schritt vor ihnen ging. Dieser fühlte sich im Schutze der Polizei halbwegs sicher und fasste all seinen Mut zusammen, um ihnen die Fundstelle zu zeigen. Sie gingen ein paar Meter dem Waldrand entlang bis zu einem Holzstapel und bogen dann links in den Wald hinein. Kleine Äste knackten unter den Sohlen der Polizeistiefel. Der Familienvater blickte besorgt zurück zum Wagen, wo er Frau und Kinder gelassen hatte. Im Wald war es unheimlich still, so still, dass Köppel ausser ihren Schritten nur das Keuchen von Aemisegger hörte.
     
    «Da vorne ist die Stelle!» Kunz blieb stehen und weigerte sich, auch nur einen weiteren Schritt zu gehen. Verängstigt schaute er um sich. Die beiden Kommissare schritten weiter und kamen zu einem Grillplatz, einem, wie man ihn aus jedem Wald kannte. Dachten sie erst. Bänke, Tische, die Feuerstelle umringt mit Steinen.
    «Schauen Sie, da, was ist das denn!», rief Köppel.
    Aemisegger konnte es nun auch sehen. Beide Kommissare starrten auf den Boden. Es war mindestens so abscheulich, wie es Kunz geschildert hatte: Im Zirkel der Steine lagen Knochen. Es waren eindeutig menschliche Knochen, die in verschiedenen Dicken und Längen auf dem Boden verstreut lagen. Die Knochen waren sauber. Womöglich hatten Tiere das Fleisch abgenagt. Aemisegger griff nach dem mobilen Telefon, um Kägi, den Untersuchungsmediziner, und das Team der Spurensicherung anzurufen. Der Kommissar konnte zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht wissen, dass der Wunsch nach Gewissheit ein kaum erfüllbarer war.
     
    Köppel begutachtete die Fundstelle.
    «Sehen Sie nur, das sieht aus wie die Hand eines Menschen!», sagte er mit rauer Stimme.
    «Fassen Sie nichts an, Köppel! Dr. Kägi ist unterwegs», ermahnte ihn Aemisegger aufgebracht. «Sehen Sie nicht, das sind die Knochen eines Menschen!»
    «Hab ich es Ihnen nicht gleich gesagt? Was ist hier nur Schreckliches geschehen?»
     
    Kunz stand noch immer mit einem Sicherheitsabstand zum Fundort mitten im Wald und bibberte vor sich hin. Ihm war angst und bange.
    «Herr Kunz, haben Sie mir vorher von einem Schädel erzählt oder irre ich mich?», rief ihm Köppel zu.
    Ohne die Ellbogen von den Rippen zu heben, zeigte Kunz mit dem Finger nach rechts, etwa drei Schritte weiter von Köppels Standort aus gesehen.
    «Grauenhaft!», krächzte Köppel. In seiner unmittelbaren Nähe lag ein menschlicher Schädel. Geputzt, wie man ihn aus einem Völkerkundemuseum kannte.
     
    Rund um den Schädel
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