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Fleckenteufel (German Edition)

Fleckenteufel (German Edition)

Titel: Fleckenteufel (German Edition)
Autoren: Heinz Strunk
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mein bester Freund.»
    Fast jeden Nachmittag treffe ich mich mit Ute, damit sie mir den Fahrradkeller aufschließt und ich endlich fahren kann. Peter Behrmann nennt diesen Zustand der Vorfreude «fahrgeil». Wo er recht hat, hat er recht, selbst wenn es Peter Behrmann ist.

    Endlich sind alle da, bis auf einen. Scheiße, dann muss der eben hierbleiben, er ist schließlich nicht alleine auf der Welt.
    «Abfahrt! Wir wollen mal endlich los!» Herr Schrader hat vor Wut eine rote Rübe. «Selber schuld. Wer nicht hören will, muss fühlen. Los jetzt, Abfahrt!»
    Pastor Schmidt entscheidet, noch ein paar Minuten zu warten.
    Zwanzig nach drei. Herr Schrader rast vor Wut: «Was soll die Scheiße. Abfahrt!!!»
    Endlich erscheint am Horizont eine flirrende Silhouette. Als sie näher kommt, erkenne ich, dass es Harald Stanischewsky ist, im algengrünen Sportblouson. Oneinonein, Harald Stanischewsky, bitte nicht Harald Stanischewsky! Was soll das denn, wieso kommt der denn mit, der ist ja noch nicht mal konfirmiert und nix! Da muss der Diakon mit seiner scheißsozialen Ader dahinterstecken. Harald ist mein Feind, nicht weil ich das will, sondern weil er das will. Er ist mit fast achtzehn immer der Älteste, Stärkste und Dümmste von allen.
    «Harald, zwanzig mal zwanzig, wie viel ist das?»
    Harald haut zu.
    Er ist eine arglistige Missgeburt, ein böser Schwachsinniger, ein elender Mistkäfer, aus gepresstem Müll gebacken. Ich bin mir sicher, dass er es auf mich abgesehen hat, deshalb suche ich Kontakt zu ihm, damit er runterkommt und es normal wird zwischen uns, aber er will einfach nicht. Was mir ernsthaft Angst macht. Er guckt mich immer wie wahnsinnig an und sagt nur einen einzigen Satz zu mir, egal, um was es geht. Beispiel:
    «Sag mal, Harald, weißt du eigentlich, wie das Wetter am Wochenende werden soll?»
    Harald:
    «Hast du dir eigentlich schon mal in den Arsch gekackt?»
    Das war’s. In den Arsch gekackt. Nicht mehr und auch nicht weniger. Er beherrscht zehn hoch zehn Varianten dieses einen Satzes:
    «Hat dir jemand schon mal so richtig schön in den Arsch geschissen?»
    «Wann hat man dir eigentlich das letzte Mal in den Arsch reingekackt?»
    Unheimlich. Da kommt noch was. Er weiß es, und ich soll es auch wissen. Jetzt muss ich zwei Wochen in der Angst leben, von Harald aufs Maul zu kriegen. Vielleicht findet er ja ein anderes Opfer, hoffentlich, Peter Behrmann zum Beispiel. Trübe Aussichten. Na ja, jetzt ist’s eh zu spät.

    Die Erwachsenen sitzen vorn und die Jugendlichen hinten. Vom Ding her ist es so, dass man umso geiler ist, je weiter hinten man sitzt, und die Geilsten sitzen auf der letzten Bank. Das war so, ist so und wird auch immer so bleiben. Ich hab mich irgendwo in der Mitte hingepflanzt, neben einem Jungen, den ich original noch nie gesehen habe. Er trägt noch beknacktere Klamotten als ich und sieht total bescheuert aus: ganz dünne, wirre gelbe Haare, wie ein alter Opi, seine Augen stehen dicht nebeneinander, und in den Mundwinkeln nisten eingetrocknete Spucke und/oder Speiseklümpchen. Außerdem sieht er irgendwie verwachsen aus, selbst im Sitzen eine gnomenhafte Erscheinung. Ich befürchte, dass er sich an mich dranhängt und ich in seinem Sog mit untergehe. Vielleicht kommt er auf die Idee, wir wären Freunde, nur weil wir im Bus nebeneinandersitzen. Von wegen. Träum weiter, Junge.
    Und dann entdecke ich sie, die eine , die Göttliche, Diva, Unberührbare, heilige Maria: Susanne Bohne. Sie muss sich unbemerkt in den Bus gesetzt haben, als ich noch hinten war. Susanne Bohne, der Name ist natürlich total bescheuert und lässt in keiner Weise auf die Person schließen: Susanne ist das schönste Mädchen weit und breit, ich bin seit drei Jahren verliebt in sie, heimlich, das darf niemand mitkriegen, weil es einfach lächerlich ist. Selbst wenn ich eine Chance bei ihr hätte, bestünde die einzige Möglichkeit darin, es zu verheimlichen und bei allen Gelegenheiten eine leichte Gleichgültigkeit zu demonstrieren. Traurig, aber wahr. Aber da ich eh niemals bei ihr landen werde, brauche ich mir darum auch keine Gedanken zu machen. Susanne ist so schön, dass ich gar nicht auf die Idee käme, mir einen auf sie zu pellen. Es gibt Wichsvorlagen, und es gibt Susanne Bohne. Sie hat die Anziehungskraft derer, die keine Anstrengung unternehmen, um zu leuchten. Und sie hat wie meine Ute einen älteren Freund, Dieter Dorsch, der ist schon zwanzig. Zwanzig, unvorstellbar. Dieter Dorsch, auch schon wieder
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