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Fleckenteufel (German Edition)

Fleckenteufel (German Edition)

Titel: Fleckenteufel (German Edition)
Autoren: Heinz Strunk
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hat er so eine schnarrende, halsig-heisere Stimme. Die meisten Jungen haben meckernde Scheißstimmen, aber die von Andreas ist besonders hässlich.
    Das Auffälligste an ihm ist jedoch sein Schwanz. Andreas scheint ausschließlich aus Schwanz zu bestehen. Es ist, als wäre er zu groß für ihn, der Schwanz führt den Menschen spazieren statt umgekehrt und hat längst die Kontrolle über den Gesamtorganismus übernommen. Sagenhaft, wenn Andreas nach vorne muss in Mathe. Er ist extrem schlecht in Logarithmen und dem ganzen Wahnsinn und wird deshalb dauernd an die Tafel zitiert, wo er verzweifelt von einem Bein aufs andere tippelt und sich wie ein Irrer verrechnet. Herr Dierks, unser Mathelehrer, ist ein echtes Schwein, er weidet sich an seinen Qualen.
    Wenn Andreas da steht, sind sechsundzwanzig Augenpaare auf sein Genital gerichtet. Die Mädchen tuscheln und kichern, und die Jungen tun so, als ob nichts wäre. Was bleibt ihnen übrig. Andreas scheint nichts mitzubekommen, er tut wenigstens so. Ob er wirklich nicht weiß, was eigentlich los ist? Manchmal denke ich ja, dann wieder nein. Einmal Andreas einen wichsen, herrlich muss das sein. Ich bin genauso wenig schwul wie er, aber Bock hätte ich schon. Ich stelle mir vor, wie er dabei mit seiner kaputten Quakstimme ununterbrochen dünn und glucksend lacht. Ohne Schwanz würde seine meckernde Stimme einfach nur meckern, mit Schwanz klingt das Gegacker geil. Furchtbar. Was ist das nur für ein Leben.
    Meine aktuellen Phantasien schwanken fifty-fifty zwischen Jungen und Mädchen. Von den Weibern denke ich am häufigsten an meine Klassenkameradinnen Petra Barfknecht und Simone Jahn, wahrscheinlich, weil ich sie jeden Tag sehe und sich im Laufe der Zeit eben einiges anstaut. Ansonsten gibt es keinen Grund: Petra drall und leicht vergnomt, Simone groß, dünn und kamelig. Männliche Ausweichphantasie ist gelegentlich Uwe Lohmann, dessen Schwanz klein und dünn ist, mit einem noch kleineren, extraprallen Sack, hab ich mal in der Umkleide gesehen. Auch schon wieder geil irgendwie. Eigentlich ist alles irgendwie geil.

    «Na ja, dann, viel Spaß.»
    Frau von Roth holt mich wieder in die ungeile Wirklichkeit zurück. RRRRRuuummms. Sie lässt zum Abschied nochmal ordentlich die Tür knallen, denn ich soll wissen, dass ich ein Schwein bin, ein menschliches Schwein. Oder vielmehr ein menschliches Schweineäffchen, weil ich so klein bin. Gottogott, wie soll ich ihr nur jemals wieder in die Augen schauen?
    Pppppffffffff.
    Es nützt nichts, ich muss mich im Garten hinter dem Gemeindehaus erleichtern, das Arschwasser steht mir mittlerweile bis zum Hals. Allein zu Hause kann man den Arschdruck auskosten und genießen. Arschdruck ist geiler als Kiffen. Ich habe zwar noch nie gekifft, weiß aber trotzdem, dass ich recht habe. Happy Hour.

    Mit zusammengekniffenen Arschbacken kreisel ich nach hinten. Ach du Elend: Herr von Roth (geborener Drechsler, er hat den Namen seiner Frau angenommen) mäht den heiligen Gemeinderasen. Bahn um Bahn um Bahn, schneckenlangsam und gewissenhaft, als ob er fürs Rasenmähen geboren wäre. Das kann dauern, wahrscheinlich den ganzen Nachmittag, bis in die Abendstunden. Was soll ich nur machen? PPffrröööökkkkrr. Fühlt sich schon verdächtig nach braunem Bremser an. Meine Güte, wie soll ich das nur aushalten, ich habe doch noch gar nichts verbrochen. Zum Glück hat er mich nicht gesehen. Erst mal zurück nach vorne auf die Treppe, um Zeit zu gewinnen und die drohende Spontanentleerung zu verhindern.
    Plötzlich kommt Herr von Roth samt Rasenmäher um die Ecke. Hinten ist’s doch noch gar nicht fertig, da kann er doch nicht einfach vorne weitermachen!
    «Hallo, Thorsten.»
    «Guten Tag, Herr von Roth.»
    Ich kenne Herrn von Roth seit der Konfirmandenzeit. Eigentlich mag ich ihn ganz gern und er mich, glaube ich, auch.
    «Na, gleich geht’s los. Freust du dich schon?»
    «Ja.»
    «Du bist ja heute zum ersten Mal mit auf Familienfreizeit. Weißt du eigentlich, wie oft Fiedlers schon waren?»
    «Nö, keine Ahnung.»
    «Sechzehnmal!»
    Die Fiedlers sind Ende sechzig und halten den Rekord. Ich kenne sie schon seit Ewigkeiten, sie hatten bis zu ihrer Rente eine kleine Reinigung, in der es immer komisch roch. Saurer Armeleutegeruch, ich konnte mir nie so richtig vorstellen, wie bei so einem Geruch die Klamotten sauber werden. Fiedlers interessieren sich wie die meisten anderen Erwachsenen nicht für christliche Inhalte, sie fahren nur mit, weil es so billig
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