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Flashback

Titel: Flashback
Autoren: Dan Simmons
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mit Sicherheit über eine der ungefähr fünfzigtausend Über wachungskameras beobachtet, die seine Fahrt hierher verfolgt hatten.
    Er räusperte sich. »Also …, ich fahre einen zwanzig Jahre alten GoMotors Gelding.«
    Mit leicht zur Seite gewandtem Kopf bellte der Milliardär japanische Worte in Satos Richtung. Ohne gerade Haltung anzunehmen und mit dem Hauch eines Lächelns gab der Sicherheitschef eine noch tiefere und schnellere Kaskade von kehligen Lauten zurück.
    Nakamura nickte offenbar zufrieden. »Ist Ihr … äh … Gelding ein zuverlässiges Fahrzeug, Mr. Bottom?«
    »Die Lithium-Ionen-Batterien sind uralt, Mr. Nakamura, und Bolivien ist im Augenblick so schlecht auf uns zu sprechen, dass sie wahrscheinlich in nächster Zeit nicht ersetzt werden. Nach einer zwölfstündigen Aufladung schafft das blöde Sch…, das Auto ungefähr fünfundsechzig Kilometer mit sechzig Sachen oder sechzig Kilometer mit fünfundsechzig Sachen. Wir müssen eben hoffen, dass sich bei diesem Auftrag keine Verfolgungsjagden im Höchsttempo wie in Bullit ergeben.«
    Mr. Nakamura verzog keine Miene. Sahen sich die in Hiroshima keine tollen alten Filme an?
    »Wir können Ihnen für die Dauer Ihrer Ermittlungen ein Fahrzeug der Delegation zur Verfügung stellen, Mr. Bottom. Vielleicht eine Lexus- oder Infiniti-Limousine.«
    Diesmal platzte das Lachen tatsächlich aus Nick heraus. »Einer von Ihren Wasserstoffschlitten? Nein, Sir. Das funktioniert nicht. Erstens würde er überall, wo ich in Denver parken kann, einfach auseinandergebaut. Zweitens – und das kann Ihnen Ihr Sicherheitschef bestimmt genau erklären – brauche ich einen Wagen, der sich
nicht von der Umgebung abhebt, falls ich jemanden beschatten muss. Bloß nicht auffallen, das ist die Devise jedes Privatdetektivs.«
    Aus Mr. Nakamuras Kehle drang ein tiefes Grollen, als wollte er spucken. In seiner Zeit als Cop hatte Nick diesen Laut öfter von japanischen Männern gehört. Er drückte wohl Überraschung und ein wenig Unmut aus, allerdings gaben sie ihn auch von sich, wenn sie zum ersten Mal etwas Schönes wie eine Gartenlandschaft erblickten. Wahrscheinlich unübersetzbar.
    »Also gut, Mr. Bottom«, meinte Nakamura schließlich. »Sollten wir uns für Sie entscheiden, brauchen Sie auf jeden Fall ein Fahrzeug mit größerer Reichweite, wenn Ihre Ermittlungen Sie nach Santa Fe in Nuevo Mexico führen. Aber diese Einzelheiten können wir auch später erörtern.«
    Santa Fe , schoss es Nick durch den Kopf. Gottverdammt, nicht Santa Fe. Überall, bloß nicht Santa Fe. Allein die Erwähnung des Namens reichte, damit das tiefe Narbengewebe auf und in seinen Bauchmuskeln heftig zu ziehen begann. Aber er hörte auch eine andere Stimme in seinem Kopf, eine von den Hunderten Kinostimmen, die dort hausten: Vergiss es, Jake. Wir sind in Chinatown.
    »In Ordnung«, antwortete Nick. »Über das Auto reden wir später. Falls Sie mich engagieren.«
    Erneut betrachtete Nakamura das Blatt E-Pergament in seiner Hand. »Sie leben derzeit in einem ehemaligen Baby Gap in dem früheren Cherry-Creek-Einkaufszentrum. Ist das richtig, Mr. Bottom ?«
    Verflucht. Seine ganze Zukunft hing wahrscheinlich vom Ausgang dieses Vorstellungsgesprächs ab, und Mr. Nakamura hätte tausend Fragen stellen können, deren Beantwortung möglich war, ohne dass er auch noch den letzten Rest seiner ohnehin schon arg ramponierten Würde verlor. Aber ausgerechnet das musste es sein: Sie leben derzeit in einem ehemaligen Baby Gap in dem früheren Cherry-Creek-Einkaufszentrum?

    Ja, Sir , hätte Nick am liebsten erwidert, derzeit wohne ich in einem Sechstel eines früheren Baby Gap in der ehemaligen Cherry Creek Mall in einem beschissenen Teil einer beschissenen Stadt in einem Vierundvierzigstel der früheren Vereinigten Staaten von Amerika, ich, der kleine Nick Bottom. Sie hingegen leben mit den anderen Japsen hier oben auf dem Hügel, geschützt von drei Sicherheitsringen, durch die nicht mal der verdammte Geist von Osama bin Laden durchschlüpfen könnte.
    Seine tatsächliche Antwort fiel deutlich kürzer aus. »Cherry-Creek-Wohnkomplex heißt das Ding jetzt. Und der Teil, zu dem meine Wabe gehört, war tatsächlich früher ein Baby Gap.«
    Von den drei Männern waren zwei teuer gekleidet, in schwarze Anzüge mit schmalen Revers und Hosenbeinen, mit weißen Hemden und dünnen schwarzen Krawatten – der nach über fünfundsiebzig Jahren wiederbelebte Kennedy-Look. Nicht einmal Nakamura, der schon Ende sechzig war,
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