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Flandry 7: Am Ende des Weges

Flandry 7: Am Ende des Weges

Titel: Flandry 7: Am Ende des Weges
Autoren: Poul Anderson
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sich über die Schneewechten, alles stützend, was während der Nacht darauf gefallen war, noch immer standhaft der Dolmen. Kulembarach verweilte und hielt Wacht über ihr Volk. Denen, die sie aufsuchten, schenkte sie noch immer Träume und Glück … oder wenigstens die Kraft, die dem Gedenken entstieg, dass sie sich in ihren Tagen behauptet hatte und ihr Blut fortdauerte … Yewwls Puls pochte.
    Ych hatte den Dolmen als Erster erreicht. Da keine Hüter übrig waren, fiel ihm das Recht zu, die Stammherrin im Namen seiner Begleiter zu grüßen. Er nahm sein Horn vom Sattelknauf und setzte es sich an die Lippen. Immer wieder um das Grabmal herumreitend forderte er die Einsamkeit mit dem Jagdruf seiner Mutter heraus.
    Die Schneekuppe geriet in Bewegung.
    Ein gewaltiger Wind stürmte von ihr herab, schlug wie mit Hämmern, brüllte wie Donner. Statuen und Baumstämme gingen vor ihm zu Boden.
    Die Erde erzitterte. Hügelgroße Massen rutschten vom Hang und brachen ab, flogen durch die Luft, prallten auf, zerschmetterten und begruben, was sie trafen. Hinter ihnen folgte die tödliche Flut.
    Yewwl erinnerte sich später nicht, was geschehen war. Sie musste sich aber geduckt auf den Sattel gestellt und die Schwingen ausgebreitet haben, dann war sie hinunter gesprungen, als wollte sie auf offener Ebene ein Beutetier angreifen. Gewiss war sie in den Gleitflug gegangen und lange genug in der Luft geblieben, um nicht verschüttet zu werden. Folglich musste sie Aufwinde gefunden haben und auf den rauen Lüften geritten sein, die der Schneerutsch vor sich herschob, um schließlich auf einem Sims abzustürzen, der oberhalb der Bahn der Vernichtung lag, voller Prellungen und Blutungen, aber dennoch körperlich nicht ernsthaft verletzt.
    Was sie zuerst bemerkte, waren ein Lärm, der die Welt entzweibrechen wollte, Blindheit und eine zugeschnürte Kehle. Sie rollte sich hilflos – sie stieß gegen nackten Fels und versuchte sich festzukrallen, während das Chaos toste –, und schließlich herrschte bis auf das Klingeln in ihren Ohren Stille; Schmerzen; sie erhob sich benommen und starrte um sich.
    Wo der Schrein gewesen war, die Straße, die Onsaren, ihre Familie: Schnee füllte das Tal bis fast an die Höhe, auf der Yewwl stand. Ein Kristallnebel begrenzte die Sicht auf fünfzig Meter; es würde Stunden dauern, bis er sich legte. Plötzlich gab es keinen Wind mehr, als wäre sogar er gepackt und überwältigt worden.
    »Robreng!«, brüllte Yewwl. »Ungn! Ych! Ngao!«
    Es brauchte Stunden des Umherkriechens und Rufens, bis für sie feststand, dass keiner von ihnen entkommen war. Mittlerweile war sie an den Fuß des Abhangs vorgedrungen, in die Hügel vor dem Berg.
    Sie taumelte davon. Sie würde nicht rasten, ehe sie musste, ehe Fleisch und Knochen am Boden zusammenbrachen. Und selbst dann würde sie nicht lange liegen bleiben; sie würde wieder aufstehen, erneut ihren Kummer herausheulen und herausfauchen, und sie würde jagen und töten, was immer sich in dem öden Land regte, weil sie nicht töten konnte, was ihre Liebsten ermordet hatte.
     
    In Wainwright Station schlug Miriam Abrams auf den Schalter ihres Multitransceivers, riss sich jede Verbindung dazu ab und sprang vom Sessel auf. Einen Taschenrechner, der zufällig auf der Konsole lag, schmetterte sie zu Boden. Er zerbarst nicht, wie sie gehofft hatte, aber er schlitterte davon. »Zum Teufel mit ihnen!«, schrie sie. »Gott verdamme sie an das tiefste Loch der Hölle!«
    Außer ihr war nur der Elektroniker Iwan Polevoy im Raum, der an einem Ausrüstungsgegenstand werkelte. Er hatte beobachtet, dass Abrams in ihren Rapport mit der Eingeborenen vertieft gewesen war, aber er hatte nicht sehen können, was vorging, denn Seitenklappen verstellten ihm den Blick auf den Videoschirm. Abrams vertrat den Standpunkt, dass ihre Beziehung einen wesentlichen Eingriff in die Privatsphäre bedeutete – auch wenn sie zugab, dass »Privatsphäre« ein Konzept war, das sich auf das Verhältnis zwischen Mitgliedern zweier unterschiedlicher Spezies nur schwierig anwenden ließ. Banner verbrachte einen unglaublich großen Teil ihres Lebens damit, das Leben ihrer Probandin zu beobachten. Der Ramnuanerin war es offensichtlich gleichgültig, ganz egal, wie intim die Situationen wurden. Wahrscheinlich störte es sie nicht einmal, wenn auch andere Menschen zusahen. Abrams hatte jedoch von Anfang an, vor zwei Jahrzehnten, darauf bestanden, dass allein sie die Rohdaten empfing. Die Berichte, die
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