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Flammenzungen

Flammenzungen

Titel: Flammenzungen
Autoren: Administrator
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vierunddreißig Jahren nun gut oder schlecht?
    Die Blüte einer Orchidee, dachte Lorcan triumphierend, silbern mit weißen Blättern. Doch er konnte seinen Triumph nicht auskosten, weil er die Schultern zuckte und schwieg.
    „Hab ich euch, Jungs. Ha!“, rief sie übermütig mit dem Charme einer Zwanzigjährigen, dabei ging sie auf die vierzig zu. Kultiviert, elegant und würdevoll, aber keinesfalls steif- eine Southern Belle, die mit jedem weiteren Lebensjahr keineswegs verblühte, sondern reifte. Obwohl Gavin Mitbesitzer der kleinen florierenden Firma Buckley MacConmara und ein erfolgreicher Geschäftsmann war, stand er, fünf Jahre jünger als sie, im Schatten der Südstaatenschönheit.
    Sie braucht einen Mann, der es mit ihr aufnehmen kann, der nicht neben ihr untergeht, dachte Lorcan kämpferisch, doch einen Atemzug später verkrampften sich seine Eingeweide. Wenn sich sein schlechtes Gewissen bemerkbar machte, brachte es ihn fast um, deshalb bemühte er sich, es zu verdrängen. Aber jetzt, da Gavin besitzergreifend seinen Arm um Kimora legte, war der Drang, sie an sich zu reißen, beinahe stärker als seine Skrupel.
    „Ich wollte mir gerade eine Tasse Kaffee aus der Küche holen. Möchtest du auch eine?“, fragte er sie und konnte sich nicht verkneifen zu sticheln: „Gavin braucht sicher noch einige Minuten, bis er seine Krawatte gebunden hat. Das klappt bei ihm nie auf Anhieb.“
    Gavin hob beide Hände, als hätte man ihn überführt. „Er kennt mich einfach zu gut. Danke, Kumpel, wie stehe ich denn jetzt da? Als könnte ich die einfachsten Dinge nicht.“ „Wenn es so wäre, hättest du nicht vor Kurzem erst die Auszeichnung für den erfolgreichsten Jungunternehmer des Jahres verliehen bekommen“, beschwichtigte Kimora ihn und küsste ihn flüchtig auf die Wange.
    Nicht auf den Mund, fiel Lorcan auf. Er ging in Richtung Küche und lockte sie von Gavin weg: „Du trinkst ihn schwarz, wenn ich mich richtig erinnere.“
    „Ah“, machte sie und folgte ihm. „Also kannst du doch aufmerksam sein.“
    Als Lorcan an der Tür auf sie wartete, sah er, dass Gavin noch einige Sekunden lang unschlüssig dastand, bevor er in sein Büro verschwand. Sie hatten ihn praktisch auf dem Korridor stehen lassen. Fühlte er sich vor den Kopf gestoßen?
    Lorcan machte sich keine Sorgen, dass es ein Donnerwetter geben würde. Gavin war ein wortgewandter Verhandlungspartner, wenn es um Buckley MacConmara ging, aber privat schluckte er Ärger meistens herunter. Sie arbeiteten schon lange zusammen und waren noch viel länger befreundet. In den ganzen achtzehn Jahren hatten sie sich kein einziges Mal gestritten. Wenn es dicke Luft gab, zog Gavin sich zurück. Was er machte, um seinen Groll loszuwerden, wusste Lorcan nicht. Vielleicht vertiefte er sich in seinen Job, spielte Golf oder drosch, wie Lorcan selbst es tat, auf einen Sandsack ein. Was auch immer es war, es funktionierte, denn wenn sie sich wieder an einen Tisch setzten, war jeglicher Unmut verflogen. 
    Damit machte Gavin es ihm aber auch leicht, ihn zu hintergehen. Denn selbst wenn Lorcan aufflog, musste er nicht mit einem Gewitter rechnen, sondern lediglich mit harmlosem Wetterleuchten.
    Lorcan zog die Tür zu dem kleinen Raum, in dem gerade mal ein Kühlschrank, ein Herd mit zwei Kochplatten und eine Mikrowelle für die Mitarbeiter Platz fanden, so weit zu, dass er nur noch durch einen Spalt den Korridor im Blick halten konnte.
    Endlich war er mit Kimora allein.
    Ihre Wangen röteten sich. Sie betrachtete ihn von oben bis unten und löste dadurch ein Kribbeln in ihm aus, das zwischen seinen Schenkeln am stärksten war. Aber sie hatte es nicht verdient, dass er wie eine Raubkatze über sie herfiel. Sie war eine Dame, und eine Lady musste man verführen, um sich ihrer würdig zu erweisen.
    Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Als Kimora sich umwandte, ihre Handtasche auf die Arbeitsfläche legte, eine Tasse aus dem Hängeschrank nahm und sich Kaffee eingoss, schmiegte er sich von hinten eng an sie. Lorcan wusste, es war ein Fehler. Er sollte die Finger von ihr lassen, aber er konnte nicht. Es war der falsche Ort und die falsche Frau, doch die verbotenen Früchte schmeckten am süßesten.
    „Tu das nicht“, bat sie leise, aber das Stöhnen, das gleichzeitig ihrem Mund entwich, strafte ihre Worte Lügen.
    Sanft strich er ihre Locken über ihre Schulter nach vorn. Mit seinen Lippen zupfte er zärtlich an den Härchen an ihrem Nacken. Er küsste jeden Zentimeter Haut
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