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Flammenzungen

Flammenzungen

Titel: Flammenzungen
Autoren: Administrator
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Kriminalitätsrate. Die Einwohner waren weder so wohlhabend, dass es sich lohnte, bei ihnen einzubrechen, noch bezogen sie staatliche Unterstützung. Direkt hinter der Abfahrt vom Highway 90 begann die Ortschaft Waggaman. Ein- und zweistöckige Häuser reihten sich rechts und links der Straße. Die Vorgärten waren gepflegt, Spielzeug lag hier und da auf dem Rasen.
    Amy drosselte die Geschwindigkeit und parkte schließlich vor einem Grundstück, das nicht ganz so adrett aussah wie die benachbarten. Seit sie neben ihrem Job in der Verwaltung auch noch ehrenamtlich Essen im Obdachlosenasyl verteilte, fand sie kaum Zeit für etwas anderes. Nein, eigentlich war das eine Ausrede, gestand sie sich ein. Gartenarbeit hatte nie besonders weit oben auf ihrer Prioritätenliste gestanden.
    Lorcan stieg aus. „Ah, Vorstadtidylle“, meinte er sarkastisch, während er sich umschaute, und streckte sich. Doch sogleich atmete er scharf ein und hielt sich wieder den Bauch. Geschieht ihm recht, dachte Amy.
    Mit einem Blick, den sie nicht zu deuten wusste, schaute er sie an. „Rauchst du?“
    Sie runzelte die Stirn. Was sollte diese Frage?
    Er kam um das Auto herum zu ihr. „Trinkst du? Ich meine, Alkohol natürlich.“
    „Natürlich“, sagte sie und meinte damit, dass sie ihn schon verstand, doch dann fiel ihr ein, dass er ihre Antwort falsch interpretieren konnte, und fügte hinzu: „Natürlich nicht.“
    „Keinen Tropfen?“ Er zog seine Augenbrauen zusammen. „Nicht einmal ein Glas Sekt zum Geburtstag?“ „Nein.“ Nicht mehr seit dem Vorfall im letzten Dezember, der beinahe aus ihr ebenfalls eine Kriminelle gemacht hatte.
    „Eine ehrenamtliche Tätigkeit in der Notunterkunft, ein kleiner Pkw, ein eigenes Haus ... “
    „Das habe ich von meiner Großmutter geerbt“, warf sie ein, als müsste sie sich rechtfertigen. Eigentlich hatten es ihre Eltern vermacht bekommen, aber sie konnten sich nicht mit der Vorstellung anfreunden, in einem Shotgun House zu leben, und besaßen ohnehin schon ein eigenes, größeres Haus, daher hatten sie es Amy überschrieben.
    Lorcan nahm seinen Rucksack von der Rückbank, warf die Wagentür geräuschvoll zu und schnaubte. „Es fehlt nur noch der weiße Zaun.“
    „Meinen Ehemann und meine beiden Kinder - ein Mädchen und ein Junge - wirst du gleich kennenlernen“, bemerkte sie ironisch, um das Klischee der Mittelklasse perfekt zu machen.
    Er stellte sich ihr in den Weg. „Du hast gar keine Familie.“ „Woher willst du das wissen?“ Ihr wurde mulmig zumute. Hatte er sich über sie erkundigt? Oder ihr sogar hinterherspioniert?
    Er nahm ihre Hand, was augenblicklich dazu führte, dass sie sich anspannte, und streichelte über ihren Ringfinger. „Du trägst keinen Ehering.“
    „Gute Beobachtungsgabe.“ War seine Berührung absichtlich sinnlich, oder wünschte sie sich das nur? Verlegen entzog sie ihm die Hand. Er löste Gefühle in ihr aus, die sie nicht haben sollte. Nicht für einen Mann wie ihn.
    „Die habe ich im Knast entwickelt, denn dort weiß man nie, ob der Typ, an dem man vorbeigeht, einem nicht im nächsten Moment ein selbst gebasteltes Messer in den Rücken stechen wird. Deshalb habe ich gelernt, alles im Blick zu behalten und Details wahrzunehmen.“ Seine Miene wirkte mit einem Mal verschlossen und düster. Einige Sekunden lang schien er weit weg zu sein. Dann schulterte er seinen Rucksack und marschierte auf die Veranda zu.
    Sie eilte an ihm vorbei, aufgebracht über das, was er zwischen den Zeilen gesagt hatte. „Ich bin kein naives Mädchen vom Lande.“ Energisch schloss sie die Tür auf.
    „Das habe ich nie behauptet.“ Seine Stimme klang rauer als zuvor. „Aber ich könnte mir vorstellen, dass deine Rebellion gegen den Kleinstadtmief darin besteht, nackt zu schlafen. Liege ich richtig?“
    Hitze stieg in Amys Wangen. Sie öffnete ihren Mund, um etwas Kesses zu erwidern, doch heraus kam nur ein empörtes Schnaufen.
    Das Lächeln, das er ihr daraufhin schenkte, war unwiderstehlich. Er ging an ihr vorbei und kam ihr dabei viel näher, als es notwendig war. Sie spürte die Wärme seines Körpers. Wie er sie ansah! War das Verlangen? Oder projizierte sie ihr eigenes Begehren auf ihn? Eventuell machte ersieh aber auch nur lustig über sie, die Landpomeranze, und spielte mit ihr.
    Bevor sie ihm hineinfolgte, spähte sie in alle Richtungen, um sicherzugehen, dass niemand sie beobachtete. Sie hatte keine Lust, zum Gesprächsthema von Waggaman zu werden. Nicht ein
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