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Flammentod

Flammentod

Titel: Flammentod
Autoren: Oliver Buslau
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wieder auf die Uhr. »Vor einer Minute hat die Börse in Düsseldorf aufgemacht, und ich werde mir von den fünfzigtausend Mark, die von damals noch übrig geblieben sind, einen Wagen zulegen. Wahrscheinlich einen BMW. Mindestens 7er Serie.«
    Jutta klang komischerweise gar nicht begeistert. »Für fünfzigtausend?«
    »Aus denen wahrscheinlich mittlerweile hundert- oder zweihunderttausend geworden sind.«
    »Wie bitte?«
    »Aktien. Neuer Markt. Bombensicher.«
    »Oh, oh«, machte Jutta und war plötzlich sehr schweigsam.
    »Bist du noch dran?«
    »Ja, ja - sag mal, wie heißen die Papiere, in die du fünfzigtausend investiert hast?«
    Ich sah auf den geöffneten Aktenordner, der neben den Autoprospekten auf dem Schreibtisch lag. Links oben prangte die Depotnummer, etwas weiter unten stand in unpersönlicher Computerschrift der Name des Wertpapiers.
    »Money-from-nowhere.com«, sagte ich, fuhr mit dem Zeigefinger in die rechte Spalte und packte in einem Satz alles zusammen, was ich jemals über Aktiengeschäfte gelernt hatte. »Sie haben vor einem halben Jahr 134,1 Euro pro Stück gekostet. Ich bin der stolze Besitzer von - äh - genau einhundertvierundachtzig Stück. Da staunst du, was?«
    »Da gibt’s keinen Grund zum Staunen. Was sind die Dinger denn so wert?«
    »Das wollte ich gerade durch einen Anruf bei der Bank herausfinden. Du bist mir dazwischengekommen.«
    »Na, wenn das so ist. Viel Spaß mit deiner Geldvermehrungsmaschine. Aber du scheinst mir ein ziemliches Aktiengreenhorn zu sein.«
    »Na und? Auf den Erfolg kommt es an, nicht auf die Erfahrung.«
    »Ist ja okay - aber du kannst dich ganz leicht im Internet oder im Fernsehen über die Kurse informieren. Versuch’s mal auf N-TV. Viel Erfolg. Und tschüs.«
    Es knackte unmißverständlich in der Leitung. Ich legte ebenfalls auf.
    Meine Finger wollten wieder die Nummer der Bank eintippen, doch irgend etwas sagte mir, daß das vielleicht falsch war. Jutta hatte so einen komischen Klang in der Stimme gehabt…
    Ich griff nach der Fernbedienung und suchte den Nachrichtensender. Während ich mich durch die zweihundert Kanäle arbeitete, fiel mir ein, daß Jutta gar nicht den Grund ihres Anrufs gesagt hatte. Egal - das würden wir nachholen. Die Geschäfte gingen vor.
    Eine Blondine erschien auf dem Fernsehschirm. Sie verlas gerade Nachrichten, aber die interessierten mich nicht. Ich blickte nur auf das Band von Aktienwerten, das unter ihrem Oberkörper entlangwanderte. Es ging alphabetisch, wir waren erst bei BASF. Ich lehnte mich zufrieden in meinem Sessel zurück. Am liebsten hätte ich eine dicke Zigarre geraucht. Aber ich hatte nur meine Camel und steckte mir eine an. Das mit den Zigarren würde noch kommen.
    Wer hätte vor einem guten Jahr gedacht, daß ich einmal Geld zum Anlegen haben würde? Damals war ich ein armer Schlucker gewesen, der sich für die Aufträge krumm machen mußte und trotzdem von Erbsensuppe aus der Dose lebte. Der Fall der Toten aus der Stadthalle am Johannisberg hatte alles verändert. Am Ende der Geschichte waren mir auf juristisch nicht ganz geraden Wegen herrenlose Hunderttausend zugeflossen, von denen ich nach einem guten halben Jahr noch die Hälfte übrig hatte. Das andere hatte ich auf den Kopf gehauen, investiert, und dabei hatte ich kaum gearbeitet. Zwischendurch hatte mich eine mahnende Stimme in meinem Kopf daran erinnert, daß das Geld ja irgendwann zu Ende sein würde - und ich wieder als Erbsensuppenesser mein Dasein fristen müßte. Ich hatte die Stimme mit den todsicheren Aktienkäufen zum Schweigen gebracht. Money-from-nowhere.com war ein Internet-Dienstleistungsunternehmen, auf das mich mein alter Kumpel Manni gebracht hatte -Computerexperte und, wie ich mir sicher war, absoluter Insider.
    Das Aktienband wanderte weiter, und ich rechnete im Kopf ein bißchen herum. Für gut 134 Euro hatte ich die Aktien gekauft. Wenn sie jetzt zum Beispiel 270 kosteten, war das eine Wertsteigerung von einhundert Prozent. Da konnte man sie ganz gut verkaufen. Auch wenn sie nur bei 200 standen, würde ich sie losschlagen. Man sollte ja nicht kleinlich sein, wenn es um das große Geld ging. Auch schon bei 180? Nein, auf keinen Fall. Eine Zwei mußte schon vorne stehen. Bei 180 würde ich nur die Hälfte flüssig machen und mir erst einmal einen Gebrauchten zulegen. Den konnte man dann schließlich als Betriebsvermögen in die Firma einbringen.
    Auf dem Bildschirm wanderte das Band weiter und kam schließlich bei M an: MAN,
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