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Flammentod

Flammentod

Titel: Flammentod
Autoren: Oliver Buslau
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vorzugsweise solche, die aus der Erwachsenenabteilung kamen. Er hatte mich auch mal dazu eingeladen, aber ich hatte dankend abgelehnt.
    Ich war schneller als er und flutschte in seine Privatgemächer.
    »Na gut, dann geh rüber ins Wohnzimmer«, sagte Manni. »Ich zieh mir nur was an. Oder kann ich jetzt gleich was tun, damit du wieder abhaust?«
    »Kannst du. Gib mir deinen Wagenschlüssel und die Papiere. Ich brauche dringend einen Wagen, sonst geht mir ein wichtiger Fall durch die Lappen.«
    Manni grinste und tippte sich an die Stirn. »Sonst noch was? Du hast sie ja nicht alle.« Damit verschwand er im Bad.
    Manni war mein Berater in Computerangelegenheiten. Wenn ich, ein absoluter EDV-Idiot, im Laufe meiner Ermittlungen mal eine Diskette öffnen oder eine Datenbank anzapfen mußte, fragte ich ihn. Ich war noch nie bei Manni zu Hause gewesen. Normalerweise hatte ich ihn in der Firma besucht, wo er bis vor kurzem noch angestellt gewesen war. Oder er war in mein Büro gekommen.
    Das sogenannte Wohnzimmer war wohl der größte Raum in Mannis Behausung. Auf der einen Seite standen zwei Böcke mit einer Tischplatte darauf, die sich vor Computerteilen bog. Ich sah aufeinandergestapelte Tastaturen, auseinandergeschraubte Gehäuse mit grünlichen Steckkarten, Kabel hingen herum, aus einem Drucker kam Endlospapier, das sich auf dem Boden sammelte, wo die Unordnung weitergewuchert war und langsam in einen dreckigen schwarzen Berg überging, der einmal ein ockerfarbenes Sofa gewesen war. Der Cordbezug wies dunkle Flecken auf, die Sitzpolster waren fadenscheinig.
    Keinen Meter davor prangte ein Fernseher, aus dem ebenfalls Kabel hingen. Sie führten zu einem Videorekorder, der neben der Glotzkiste auf dem Boden stand. Ich drückte auf die Taste, die den Kassettenauswurf in Gang setzte, und zog eine Kassette heraus. »Lolitas 2000« prangte in oranger Leuchtschrift darauf. Direkt darüber klebte ein Zettel der Videothek, auf dem darauf hingewiesen wurde, daß man vor dem Zurückgeben die Filme zurückspulen soll. Die waren ziemlich genau mit ihrer Verleihware.
    Auf dem Fernsehgerät stapelten sich noch mehr Videos. Ich nahm ein paar und holte mit der rechten Hand mein Feuerzeug hervor. Dann blickte ich kurz aus dem Fenster. Unten auf der Straße stand Mannis Golf. Ein mindestens fünfzehn Jahre alter Diesel. Der knallrote Lack war von Rostflecken übersät. Aber immerhin ein Auto.
    »Dir scheint’s ja geschäftlich ziemlich gut zu gehen, wenn du dir Videos ausleihen kannst«, rief ich.
    »Machst du Witze?« sagte Manni, der aus dem Schlafzimmer nebenan kam. Der Geschäftsführer von Hecking Computer Support stopfte sich ein T-Shirt in die Hose und fragte: »Hast du irgendwo meine Socken gesehen? Und was die Videos betrifft - die kosten nur ein paar Mark am Tag. Und die Kumpels beteiligen sich. Ich bring sie gleich wieder zurück.«
    »Oder auch nicht«, sagte ich, entflammte das Feuerzeug und hielt es in die Nähe der Plastikkassetten. Meine Hand zitterte.
    »Hey, was soll das«, rief Manni. »Wenn die kaputt gehen, muß ich sie bezahlen.«
    »Eben«, sagte ich.
    »Spinnst du?« Manni blieb stocksteif stehen. »Hast du ‘n Knall oder was?«
    »Mitnichten.« Meine Stimme war ganz ruhig. »Also paß auf. Entweder du hast gleich einen Mordsärger in der Videothek, oder du machst den Schaden gut, den du verursacht hast.«
    »Du meinst wohl den Schaden in deinem Kopf. Gib die Bänder her, sonst…«
    Er machte einen Schritt nach vorne, doch sofort war die Feuerzeugflamme wieder da. »Bleib stehen, Manni. Ich meine es ernst. Hör mir genau zu.«
    »Okay, sag mir, was du zu sagen hast. Geisteskranke soll man bekanntlich lassen.« Er ließ sich in das Sofa fallen und senkte beschwichtigend die Hände.
    »Schon besser«, sagte ich. »Da du ja noch so verpennt bist, hast du die Börsenkurse der von dir so hochgelobten Aktien sicher noch nicht verfolgt. Deine Scheißpapiere, die du mir so wärmstens empfohlen hast, sind um über hundert Prozent gesunken. Seit gestern.«
    »Mann, das ist doch völlig normal. Die kommen wieder. Aktionäre müssen in langen Zeiträumen rechnen, das weißt du doch. Wenn ich gewußt hätte, daß du dich aufführst wie ein kleines Mädchen.«
    »Erzähl keinen Scheiß, Manni. Du hast die Aktien in den Himmel gelobt. Du hast gesagt, ich könnte mit meinen fünfzig Mille glatt das Doppelte machen. Und das sofort. Jetzt kann ich von dem, was mal fünfzigtausend Mark waren, nicht mal mehr meine Miete bezahlen.
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