Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flammender Himmel

Titel: Flammender Himmel
Autoren: Ann Maxwell
Vom Netzwerk:
vollkommen unbewegt holte Hawk Angel ein, die soeben durch die große Wohnküche zu der riesigen, aus Zedernholz gebauten Sonnenterrasse eilte. Wie die bronzenen Flügel eines riesigen Vogels spannte sich die Terrasse über die Klippen und die darunterliegende See.
    Derry lag ausgestreckt auf einer Couch. Sein linkes Bein war vom großen Zeh bis zum Oberschenkel in einen dicken Gipsverband gehüllt, der seinen normalerweise so aktiven und sportlich durchtrainierten Körper zu Bewegungslosigkeit verurteilte. Fast zumindest.
    Angel hielt erschrocken den Atem an, als sie sah, wie blaß Derry war, als sie die dunklen Schatten unter seinen Augen und den schmerzvoll zusammengepreßten Mund bemerkte. Wortlos eilte sie zu ihm, kniete nieder und zog seinen Kopf an ihre Brust. Mit leiser, sanfter, beruhigender Stimme, fast so, als ob sie ein Kind trösten würde, sprach sie auf ihn ein.
    »Nimm die Tabletten, Derry«, murmelte sie.
    Sie fuhr mit den Fingern durch sein dichtes blondes Haar, massierte ihm Kopfhaut und Nacken, jene Stellen, die sich aufgrund seiner Schmerzen stark verkrampf hatten.
    »Schmerzen haben ihren Sinn, aber sie können dich nichts lehren, was du nicht schon weißt«, sagte Angel leise. »Nimm doch die Tabletten, wenigstens für ein paar Tage, bis du dich wieder bewegen kannst, ohne das Gefühl haben zu müssen, daß jemand ein Messer in deinem Fußgelenk umdreht.«
    Derry sagte nichts.
    Angel wippte auf die Hacken zurück und blickte forschend in Derrys blaue Augen.
    »Versprochen?« flüsterte sie.
    »He«, sagte Derry mit seiner hellen Stimme, die in eigenartigem Kontrast zu seinen breiten Schultern und seiner muskulösen Brust stand. »Ich bin okay, Angie. Wirklich.«
    »Das einzige, was du wirklich bist, ist käsig«, erwiderte Angel.
    Derry lächelte und zog sie an sich.
    »Mir geht’s gut«, versicherte er ihr. »Das einzige, was mir zu schaffen macht, ist das Gefühl, daß mir gleich die Blase platzt.«
    Angel mußte trotz ihrer Besorgnis lächeln. »So schlimm?«
    »Schlimmer.«
    Sie blickte sich suchend nach seinen Krücken um. Als sie sie sah, ergriff sie sie und legte dann einen Arm um Derry, um ihm beim Aufstehen zu helfen.
    »Na komm schon, du schwerer Ochse«, murmelte sie. »Wozu hast du denn all die Muskeln, doch nicht nur, um die hübschen Touristinnen zu beeindrucken, oder?«
    Erst jetzt begriff Hawk, was Angel vorhatte. Sie wirkte geradezu lächerlich schmal neben Derrys kräftigem Körper.
    Doch bevor Hawk noch etwas sagen konnte, begann sie auch schon, Derry hochzuhieven.
    Sofort trat Hawk vor und nahm ihr Derry ab.
    »Was zum Teufel tun Sie da?« fragte er barsch.
    »Derry zum Klo helfen«, sagte Angel.
    Sein barscher Ton überraschte sie ebensosehr wie die Kraft, mit der er Derry hochzog. Er hob ihn praktisch von der Couch.
    »Danke«, sagte sie und lächelte Hawk an. »Das Aufstehen ist immer das schwerste. Der Rest ist halb so schlimm.«
    Angel reichte Derry die Krücken.
    »Bereit?« fragte sie.
    »Das bin ich schon seit Stunden«, sagte Derry. »Konnte mich bloß nicht dazu aufraffen, mich auf die Füße zu kämpfen.«
    »Du hättest mich früher anrufen sollen.«
    »Ach, verdammt, Angie, ich kann schon auf mich selbst aufpassen. Und ich wollte dich nicht von deiner Vernissage wegholen.«
    Derry blickte von Hawk zu Angel.
    »Und ich glaube immer noch, daß ich’s nicht hätte tun sollen«, fügte er hinzu. »Ich weiß, was dir deine Arbeit bedeutet.« »Das war sicher nicht meine letzte Ausstellung«, erwiderte Angel entschieden und schob Derry die Krücken unter die Achseln. »Aber dich gibt’s nur einmal.«
    Hawk beobachtete Angel mit widerwilliger Bewunderung.
    Sie hat’s wirklich drauf, dachte er grimmig. All die liebevollen kleinen Gesten, die besorgten Blicke, das energische Lächeln, die ermunternden Worte.
    Eine perfekte Vorspiegelung von Liebe.
    Hawk wäre vielleicht schon selbst darauf hereingefallen, wenn Angel nicht dahingeschmolzen wäre wie Schnee an der Sonne, als er sie in dieser verrauchten Kneipe angefaßt hatte. Angel liebte weder Derry noch sonst jemanden.
    Aber sie spielte ihre Rolle perfekt, das mußte man ihr lassen.
    Ebenso perfekt, wie Hawk seine Rolle beherrschte.
    Das war ein notwendiger Bestandteil der Jagd, notwendig, um zu gewinnen. Hawk konnte sich geben, wie immer sein Opfer ihn haben wollte. So lange wie nötig.
    Angel lief besorgt neben Derry her, als dieser seine ersten Schritte tat. Trotz ihrer Sorge um ihn verzichtete sie darauf, ihm zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher