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Flammender Himmel

Titel: Flammender Himmel
Autoren: Ann Maxwell
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erster Linie von ihm ausstrahlte, und fragte sich, ob es überhaupt etwas gab, das stark genug war, seinen Stahlpanzer zu durchdringen, einen Panzer, der ihn so vollständig umgab wie der Himmel einen Greifvogel.
    Aber vielleicht zog er ja, wie sein Namensvetter, der Falke, die einsamen, kalten Gefilde des Himmels der menschlichen Gesellschaft vor.
    Und dennoch, einen Moment lang, einen flüchtigen Augenblick lang, war Hawk ihr so nahe gewesen, so warm und lebendig.
    Die Limousine bog in diesem Moment in den Hafen von Vancouver ein. Durch die plötzliche Richtungsänderung wurde Angel abrupt aus ihren Gedanken gerissen. Sie merkte jetzt erst, wo sie sich befanden. Dort, gleich am Hafen, vor dem fast unbewegten Pazifik, leuchtete ihr das bunte Schild des Island-Taxi-Terminals entgegen, und gleich dahinter dümpelte ein kleines Wasserflugzeug auf den Wellen.
    Angel drehte sich überrascht zu ihrem Mitfahrer um.
    Er beobachtete sie.
    Ein unbestimmtes Gefühl sagte ihr, daß er sie die ganze Zeit über beobachtet hatte. Fast schockiert stellte sie fest, daß er einen Schnurrbart trug, eine rabenschwarze Haarlinie direkt über seinem harten, gutgeschnittenen Mund. Sie glänzte fast unmerklich, als er den Kopf bewegte.
    Der Schnurrbart war ihr zuvor überhaupt nicht aufgefallen; alles, was sie gesehen hatte, waren seine finsteren, durchdringenden Augen, mit denen er sie musterte.
    »Hawk - Mr. Hawkins -«
    »Hawk«, sagte er und beobachtete, wie sie darauf reagierte, »nennen Sie mich Hawk, Angel. Das wird uns beiden helfen, uns daran zu erinnern, was wir in Wirklichkeit sind.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Daß ich ein Falke bin und Sie ein Engel.«
    Er stieß ein kurzes, verächtliches Lachen aus.
    »Nun«, fügte er hinzu, »das trifft zumindest auf einen von uns beiden zu. Einer von uns ist genau das, was er zu sein scheint.«
    »Fliegen wir etwa nach Vancouver Island?« fragte Angel verwirrt und leicht verärgert über seine rätselhaften Worte.
    »Wollen Sie vielleicht behaupten, ein Engel hat Angst vorm Fliegen?« fragte er sanft.
    »Nicht mehr als ein Falke«, erwiderte sie.
    Angel runzelte die Stirn. Hawk hatte so eine Art, sie dauernd aus der Fassung zu bringen. Sie holte tief Atem und merkte, wie sie langsam wieder ruhig wurde.
    »Mein Auto steht noch bei der Galerie«, erklärte sie. »Ich wollte eigentlich die Fähre zu Derry hinüber nehmen.«
    Hawk zog ein schmales, in Leder eingebundenes Notizbuch und danach einen goldenen Kugelschreiber aus seiner Jackentasche. Er reichte ihr beides.
    »Schreiben Sie die Adresse der Galerie auf, dazu Ihre Autonummer und eine Beschreibung des Wagens«, sagte er. »Sie haben ihn dann bis morgen.«
    Sie zögerte einen Moment, bevor sie nachgab.
    Der Kugelschreiber in ihrer Hand besaß noch die Körperwärme des Mannes, der so dicht neben ihr saß. Rasch, als ob sie fürchtete, der Stift könne sie verbrennen, kritzelte Angel die notwendigen Angaben auf den Block.
    Hawk nahm den Wagenschlüssel, den sie aus ihrer Handtasche fischte, den Notizblock und den Stift. Eine Sekunde lang streichelten seine Fingerspitzen über das glatte, goldene Metall des Schreibers.
    Angel wußte, daß er ihre Körperwärme ebenso fühlte wie sie die seine vorhin. Ihr Atem stockte.
    Hawk warf ihr einen raschen Blick zu und sah, daß sie beide das gleiche dachten. Sein Mundwinkel verzog sich höhnisch.
    Er steckte den Kugelschreiber wieder in seine Brusttasche. Das Geräusch, als er die Seite mit ihren Angaben aus seinem Notizbuch riß, klang unnatürlich laut in der wie elektrisch geladenen Stille. Er übergab Papier und Wagenschlüssel dem Chauffeur.
    »Wann - wann hat Derry sich verletzt? Wann ist der Unfall passiert?« fragte Angel und haßte es, daß ihre Stimme so atemlos klang. Doch sie konnte nichts dagegen tun.
    »Vor zwei Tagen. Ich erfuhr erst davon, nachdem er operiert worden war.«
    »Operiert!«
    Sofort war alles andere vergessen, einschließlich ihrer Reaktion auf Hawk.
    »Aber Sie sagten doch, er hätte sich bloß das Bein gebrochen!« rief sie verzweifelt.
    Wieder sah Hawk Angst und Panik in Angels Augen flackern.
    Eine verflucht gute Schauspielerin, dachte er zynisch. Hat ihren Körper mit einem Wimpernschlag unter Kontrolle. Die wirklich guten Schauspielerinnen können das alle. Identifizieren sich vollkommen mit der Rolle, die sie gerade spielen. Egal, was für eine Rolle das ist und wer die anderen Darsteller sind.
    Leere Hüllen. Schön, aber leer - und voller Lügen.
    Es
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