Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flammender Himmel

Titel: Flammender Himmel
Autoren: Ann Maxwell
Vom Netzwerk:
heranzuwinken, da wurde ihr Handgelenk ganz plötzlich von einer kräftigen, braungebrannten Männerhand gepackt.
    Angel mußte sich nicht umdrehen, um zu wissen, daß der Eisengriff Hawk gehörte. Sie versuchte auch gar nicht erst, sich ihm zu entwinden, da sie wußte, daß es zwecklos gewesen wäre. Seine Finger waren wie ... Krallen.
    Sie wandte sich langsam um und blickte ihn schweigend aus ihren großen, meergrünen Augen an.
    »Wo soll’s denn hingehen?« fragte Hawk.
    »Zu Derry«
    »Der Glückliche«, sagte er, und sein sarkastischer Ton traf sie wie ein Peitschenhieb.
    Einen Moment lang sah Angel aus, als ob sie eine Ohrfeige erhalten hätte. Ihre Augen verengten sich zornig. Doch dann glätteten sich ihre Züge, denn sie hatte sich an zwei simple Tatsachen erinnert: Hawk war wichtig für Derrys Zukunft, und Derry war wichtig für sie. Derry zuliebe würde sie Zunge und Temperament im Zaum halten.
    Und um meinetwillen. Wut und Haß führen nur zur Selbstzerstörung. Habe ich das denn immernoch nicht begriffen?
    Hawk sah, wie sich Angels Gesichtsausdruck innerhalb von zwei Atemzügen veränderte. Wo zuvor Wut und ein Sturm von Emotionen gewesen war, war auf einmal eine glatte, ausdruckslose Fassade. Regungslos und geduldig stand sie da und wartete darauf, daß er sie wieder losließ. Das machte ihn seltsamerweise wütender als jede Gegenwehr.
    Er mochte sie zwar festhalten, doch sie hatte sich innerlich vollkommen von ihm zurückgezogen.
    »Na, fällt Ihnen nichts mehr ein?« fragte Hawk herausfordernd. »Wie wär’s mit einem niedlichen Bitte-Bitte, ein paar wohleinstudierten Seufzern oder einem verführerischen kleinen Gerangel?«
    Angel stand nur abwartend da, während sie ihren Zorn im Zaum hielt. Sie war geübt darin, ihre Gefühle zu beherrschen. Seit dem Autounfall wußte sie alles darüber. Der überwältigende Zorn, der sie nach dem Tod ihrer Eltern und nach Grants Tod beherrscht hatte, hätte beinahe das zerstört, was noch von ihr übrig war, nachdem Derry sie aus dem Autowrack gezerrt hatte. Angel hatte erst wieder zu leben begonnen, nachdem sie es geschafft hatte, mit ihrer ohnmächtigen Wut über die Ungerechtigkeit des Lebens fertig zu werden.
    Genauso wie sie wieder zu gehen gelernt hatte, so hatte sie auch gelernt, ihre Gefühle zu beherrschen. Beides hatte sie fast übermenschliche Kraft gekostet, doch sie hatte es geschafft und ihren inneren Frieden wiedergefunden. Und der war ihr viel zu kostbar, als daß sie ihn gerade jetzt aufgegeben hätte.
    Angel dachte an die Sonne und an Farben, so leuchtend und vielfältig, wie man sie sich nur vorstellen konnte. Wie ein Geizhals, der jeden Pfennig hortet, raffte sie vor ihrem geistigen Auge die schönsten Farben zusammen. Sie badete in ihrer Leuchtkraft, ließ sich von ihnen überspülen wie von einem warmen Sommerregen, ließ alle zerstörerischen Emotionen von sich abgleiten.
    Farben, unglaubliche Farben. Ultramarinblau, Rubinrot und Zitronengelb, Türkis und Weinrot und Jadegrün... Vor allem jedoch beschwor sie das Bild einer perfekten, karminroten Rose herauf, deren samtige Blütenblätter sich siegessicher und dennoch gelassen dem Licht der Sonne entgegenreckten.
    Angel öffnete die Augen. Sie waren so rein und so unergründlich wie das Meer.
    »Was wollen Sie von mir, Mr. Hawkins?«
    Hawk hielt einen Moment lang den Atem an. In der kurzen Zeit, die er mit Angel verbracht hatte, hatte er sie geschockt und ängstlich erlebt, hatte Erleichterung und die ersten zarten Anzeichen von Leidenschaft in ihren tiefgrünen Augen gelesen, hatte sie verletzt und wütend erlebt. Diese unheimliche Ruhe aber, die nun von ihr ausging, traf ihn vollkommen unerwartet.
    Etwas wie dies hatte er noch nie gesehen, außer in seinem eigenen Spiegelbild, als er noch jung und unerfahren genug war, um etwas zu empfinden, gleichzeitig jedoch alt genug, um zu wissen, daß er nicht zeigen durfte, was er fühlte, oder er würde zugrunde gehen.
    Nun jedoch verfügte er über eine vollkommene Selbstbeherrschung, jederzeit und überall.
    Es ärgerte Hawk, daß Angel so ruhig war. Sie war viel zu jung, um eine solche Selbstbeherrschung zu besitzen, und viel zu oberflächlich, um sie überhaupt zu benötigen. Sie flatterte von Mann zu Mann, von Gefühl zu Gefühl, wie der hübsche, hirnlose kleine Schmetterling, der sie war.
    Aber sie ist eine verflucht gute Schauspielerin, dachte Hawk. Soviel muß ich zugeben. Das war die überzeugendste Vorspiegelung von echten Gefühlen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher