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Flammender Himmel

Titel: Flammender Himmel
Autoren: Ann Maxwell
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sich ihr Mund traurig.
    Ja, Derry wird zu mir zurückkommen.
    Hawk nicht.
    »Ich denke, ich werde meinen Zeichenblock nehmen und zum Eagle Head hinaufgehen«, sagte sie. »Wenn Hawk vor fünf vom Telefon wegkommt, dann erkläre ihm, wie er zum alten Smith-Anwesen kommt. Die Himbeeren sind reif, und er hat noch gar keine gepflückt.«
    »Aber seinen Lachs, den hat er erwischt.«
    Angel lächelte. Ja, Hawk hatte seinen Lachs gefangen, hatte die aufregende, urwüchsige Kraft des herrlichen Fisches kennengelernt, hatte gesehen und gefühlt, wie er hoch aus dem Wasser schoß und über der schimmernden See zappelte, ein silbrig funkelndes Geschöpf in der Sonne. Der Ausdruck von Ehrfurcht und Entzücken auf Hawks Gesicht war etwas, an das Angel noch lange denken würde; lange nachdem der Kummer über Hawks Fortgehen verblaßt war. Falls er je verblaßte.
    Sie hatte noch nie jemanden wie Hawk kennengelernt. Sie konnte nur vermuten, wie das Leben ohne ihn sein würde.
    »Ich verstehe immer noch nicht, warum er den Lachs wieder freigelassen hat«, sagte Derry.
    »Er war zu schön, um ihn zu töten.«
    »Das waren die anderen Fische auch, die er gefangen hat, aber wir haben sie trotzdem gegessen und uns obendrein um jeden Bissen gezankt.«
    »Das war aber sein erster Lachs, der erste Lachs des Sonnenaufgangs«, erwiderte Angel schlicht. Und dafür liebte sie Hawk so innig, daß ihr fast das Herz zersprang.
    Derry zögerte, als er den Gefühlssturm in Angels Augen sah.
    »Ich habe dich vielleicht aus dem Wrack gezogen«, sagte er leise, »aber Hawk hat dich wieder mit Leben erfüllt. Ich bin so froh, Angie. Es gab Zeiten, da habe ich befürchtet, dich zu einem Leben ohne jede Freude verdammt zu haben.«
    Angel umarmte Derry stürmisch, dann packte sie ihren Zeichenblock und rannte davon.
    Sie dachte über Derrys Worte nach, als sie den steilen Pfad zum Gipfel des Eagle Head hinaufkletterte. Die winzigen Silberglöckchen an ihren Arm- und Fußgelenken leisteten ihr mit ihrem zarten Gebimmel Gesellschaft. Sie war noch immer tief in Gedanken versunken, als sie oben ankam, sich auf einen Felsen setzte und den Zeichenblock achtlos auf ihren Schoß legte.
    Unter ihr erstreckte sich die Meerenge, die rastlose, unendliche See mit ihren zahlreichen kleinen grünen Inseln und Inselchen und den Bergen im Osten, die in der Ferne mit einem Himmel verschmolzen, der von einem so tiefen Blau war, daß er beinahe schwarz wirkte.
    Die ruhige und dennoch rauhe Landschaft berührte ihre Seele wie nichts sonst - außer Hawk. Er war wie das Land, ein Para-dox aus Stein und zartem Grün, aus Mitternacht und Mittag, aus der rätselhaften Weite des Himmels und der sinnlichen Wärme der Luft, aus dem Salz der See und der unendlichen Süße erntereifer Trauben.
    »Du liebst dieses Land wirklich, nicht wahr?«
    Hawks leise Frage erschreckte Angel nicht. Trotz ihrer Versunkenheit in die Landschaft war Hawks Gegenwart so allmählich in ihr Bewußtsein gesickert wie das leise, sanfte Pochen ihres Herzens.
    »Mehr als alles andere, außer dir«, erwiderte sie leise.
    Dann merkte sie, daß sie genau das getan hatte, was sie unbedingt vermeiden wollte. Sie hatte von ihrer Liebe zu ihm gesprochen. Sie wollte ihm nicht mit den Worten weh tun, die eigentlich das höchste Glück für ihn bedeuten sollten.
    »Wie spät ist es?« fragte Angel daher rasch.
    Sie wollte nicht, daß es so aussah, als ob Hawk nun ebenfalls von Liebe sprechen müßte. Das erwartete sie nicht von ihm.
    Hatte es auch nie von ihm erwartet, nachdem sie begriffen hatte, wie er aufgewachsen und wie sein Leben verlaufen war.
    »Es ist fast fünf«, sagte Hawk.
    »Hast du Zeit zum Beerenpflücken?«
    »Ich nehme mir die Zeit.«
    Sie blickte in seine dunklen Augen und sah die Zukunft in lautloser Bedrohung auf sich zukommen.
    Er wird geben.
    Schon bald.
    Sie sah es in seinen Augen, hörte es in seiner Stimme und las es aus der Tatsache, daß er sich extra Zeit für sie genommen hatte.
    »Angel -«, sagte Hawk erstickt, denn er sah die Schatten in ihren Augen und kannte die Ursache dafür.
    Hoch über ihnen ertönte der Schrei eines Adlers. Das schrille, herrlich wilde Pfeifen des Tiers verklang, bis nur noch Stille und der unendlich weite Himmel sie umhüllten.
    »Wir beeilen uns besser«, sagte sie. »Wir haben nicht viel Zeit.«
    Angel erhob sich mit einer anmutigen, fließenden Bewegung. Wieder zitterten und bimmelten die winzigen Silberglöckchen an ihren Händen und Füßen.
    Die süßen Töne
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