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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut
Autoren: Lisa Black
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die Knie anzog und die Klinge an das Tau um ihre Knöchel legte. Doch es war zu dick, sie würde es nie rechtzeitig durchschneiden können, um zu fliehen.
    Das trübe Licht, das auf die Treppen fiel, reichte ihm, um ihr mit der Faust gegen die Schulter zu schlagen, hart genug, um ihre Zähne zum Klappern zu bringen, dann packte er sie an ihrem Oberteil. Sie versuchte, sich wegzuducken und gleichzeitig an dem Seil weiterzuschneiden. Seine Hände glitten zu ihrer Kehle und begannen zuzudrücken.
    Sie ließ von ihren Knöcheln ab und schnitt ihm mit dem Messer in den Arm. Für sie hatte es sich angefühlt, als ob sie bloß sein Jackett erwischt hätte, doch er knurrte überrascht, als ob sie doch bis zu seiner Haut vorgedrungen wäre. Dann packte er jedoch unbeirrt weiter zu, bis Sterne vor ihren Augen tanzten.
    Sie drehte ihren Körper zu ihm hin und stieß das Messer mit beiden Händen nach oben.
    Ein tieferes Grunzen, er ließ los. Sie sah, wie er beide Hände an den Bauch presste, aber vielleicht bildete sie es sich auch nur ein.
    »Alles klar«, rief ein Mann draußen. Der Dieselmotor heulte erneut auf.
    Corliss wich zurück. Er konnte ihr das Messer nicht entwinden, ohne weitere Verletzungen zu riskieren, außerdem hatte er keine Zeit mehr. Er musste jetzt verschwinden, sonst würde er mit ihr begraben werden.
    Er rannte.
    Sie schrie, brachte jedoch nur ein jämmerliches Winseln heraus, das über den Maschinenlärm nicht zu hören sein würde. Sie versuchte, sich den Knebel aus dem Mund zu ziehen, zerkratzte sich dabei aber nur das Gesicht und vergeudete wertvolle Sekunden. Wieder setzte sie das Messer an dem Seil um ihre Knöchel an.
    Corliss stolperte die alte Holztreppe hinauf, auf allen vieren, den Geräuschen entgegen.
    Fast hatte sie das Seil durch, doch ein letzter Faden hielt ihre Füße noch zusammen.
    Dann explodierte die Welt um sie herum. Die nordöstliche Ecke des Gebäudes stürzte ein, das Geröll brach durch den Fußboden. Die alten Dielen zersplitterten mit lautem Krachen wie ein Kugelhagel. Steine prasselten schmerzhaft auf Theresa herab, die sich eng zusammengerollt hatte, um ihr Gesicht zu schützen.
    Als Nächstes kam der Staub, der ihr den Atem raubte. Sie hustete Putz, Sägemehl, Schmutz und Sand hervor und versuchte dann, nur durch den Mund zu atmen. Zumindest würde der Knebel das meiste herausfiltern.
    Licht drang nach unten. Blendende Flutlichter waren auf das Gebäude gerichtet. Konnten sie sie nicht sehen? Sie würden in sicherer Entfernung stehen, weit weg von den herumfliegenden Brocken und der staubigen Luft, zu weit weg, um in das Kellerloch sehen zu können.
    Dann erkannte sie, dass ihre Bewegungen den letzten Seilstrang zerrissen hatten und ihre Beine frei waren. Sie stand würgend auf, ihre Augen zu Schlitzen verengt, und zögerte eine schicksalhafte Sekunde lang.
    Sollte sie sich ganz nach hinten in den Keller zurückziehen und hoffen, dass die Bauarbeiter bald Kaffeepause machten? Oder sollte sie versuchen, den Schutthügel hinaufzuklettern und zu fliehen, bevor auch das restliche Gebäude über ihr einstürzte?
    Irene Schaffer hatte erzählt, dass zwischen jedem Stoß eine Pause eingelegt wurde, um die Auswirkungen des vorherigen zu überprüfen und zu entscheiden, wo die Abrissbirne als Nächstes einschlagen sollte.
    Vertrau Irene.
    Sie wählte die nordöstliche Ecke.
    Mit gefesselten Händen versuchte sie, den Schotterhügel hinaufzuklettern, fiel prompt hin, die scharfen Steinchen schnitten ihr in Hände und Knie. Als sie sich nach oben drückte, rutschten ihre Füße unter ihr weg, und sie versuchte, ihre Hände mit dem darum gewundenen Seil abzustützen. Sie hätte genauso gut versuchen können, eine Sanddüne voller Rasierklingen hinaufzuklettern.
    Als sie aufblickte, sah sie, dass sich der obere Rand des Gebäudes nach innen neigte. Der nächste Schlag würde es einstürzen lassen, vielleicht tat es das auch schon von allein, direkt auf sie.
    Noch während sie kletterte und darauf wartete, dass die Abrissbirne sie von den Füßen holte, fragte sie sich, ob Corliss es geschafft hatte. Kroch sie gerade über seine Leiche?
    Das Jaulen des Dieselmotors wurde durchdringender. Theresa bekam durch den Knebel nicht genug Luft und musste Staub durch die Nase einatmen. Schreien war immer noch unmöglich, sie brachte nicht mehr als ein leises Stöhnen heraus.
    Ihr rechter Fuß rutschte erneut weg, Splitter bohrten sich in ihr rechtes Knie, bis Übelkeit sie zu übermannen drohte.
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