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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut
Autoren: Lisa Black
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Einen knappen Meter noch. Mehr konnte es nicht mehr sein.
    Der Ruf ertönte wieder.
    »Alles klar!«
    Der linke Fuß rutschte ebenfalls weg. Ihre Finger tasteten schmerzhaft nach einem Halt.
    Panisch kroch sie die letzten Zentimeter, um ihren Kopf aus dem Loch im Boden stecken zu können. » Uh-uh-uuuh!« , versuchte sie sich bemerkbar zu machen.
    Theresa sah nichts als gleißendes Licht, nicht den Boden, nicht die Männer hinter den Maschinen, nicht die riesige Eisenkugel, die auf sie zuflog. Sie versuchte es auch nicht, sondern hielt den Kopf gesenkt und kroch stolpernd nach Nordosten. Sie hatte sich ausgemalt, gleich in Sicherheit zu sein, doch auch vor dem Gebäude im Freien lag überall Schutt verstreut, scharfkantig und uneben.
    »Hey!«
    Immer noch blind, als ob sie keine Augen mehr hätte, hörte sie die Abrissbirne durch die Luft sausen, in dem Moment, in dem ihr Fuß etwas Vertrautes berührte. Gras.
    Vielleicht war es die von der schwingenden Kugel verdrängte Luft oder irgendein sechster Sinn, der es ihr ermöglichte, die herannahende Kugel zu erspüren. Ihre Knie knickten ein, und sie warf sich auf den Boden, rollte über Steine, die sich schmerzhaft in ihr Fleisch drückten, rollte weiter, bis die Nacht wieder einmal in einem Schotterregen explodierte. Theresa presste das Gesicht ins Gras und kauerte sich so fest wie möglich zusammen.
    Dieses Mal wurde sie von weniger Brocken getroffen, und die Luft war nur ein bisschen staubig. Als das Zittern im Boden nachgelassen hatte, blieb sie bewegungslos liegen. Bloß nicht der zurückschwingenden Kugel in die Quere kommen. Und da sie nun aus dem Gebäude heraus war, gab es sowieso keinen triftigen Grund mehr, sich zu bewegen.
    Plötzlich spürte sie Hände auf sich, Füße standen um sie herum, angespannte Stimmen waren zu hören.
    »Verdammte Scheiße, Lady, was machen Sie denn hier?«
    »Was zum Teufel hatten Sie da drin zu suchen?«
    »Sie ist gefesselt. Verdammt, sie ist gefesselt.«
    Die Gesichter über ihr waren nun erkennbar, die Männer befanden sich alle zu einer Seite der Scheinwerfer, so hell beleuchtet, als ob es sich um eine Gruppe Jungs handelte, die um ein Lagerfeuer herum stand und sich im Licht einer Taschenlampe Gruselgeschichten erzählte. Sie griff nach dem Mann, der sich am weitesten zu ihr hinuntergebeugt hatte, und hievte sich in eine sitzende Position.
    »Geht es Ihnen gut? Sind Sie okay, Lady?«
    »Uh-uh-uh.«
    Ein vertrautes Klicken, und sie spürte, wie ein anderer Mann seine Finger unter ihren Knebel schob und ihn mit einem Messer durchschnitt. Theresa rieb sich den Kiefer, der sich steif anfühlte. Diese Angewohnheit von Männern, Taschenmesser mit sich herumzutragen … war sehr gut.
    »Hände«, sagte sie, auch wenn ihre Aussprache nicht besonders deutlich war, und streckte ihm ihre Handgelenke entgegen. Gehorsam säbelte er hektisch an den Stricken.
    »Schneide sie nicht«, sagte ein anderer Mann.
    »Das ist jetzt auch schon egal«, erwiderte Theresa ein bisschen undeutlich. Sie konnte das Blut sehen, das ihre Hände bedeckte, fühlte, wie es ihr die Beine hinunterrann, als sie aufstand. »Der Mann. Haben Sie einen Mann herausrennen sehen?«
    Die Bauarbeiter stellten ihr weiterhin Fragen, weshalb sie die Stimme erhob. »Haben Sie einen Mann aus dem Haus herausrennen sehen?« Doch noch während sie sprach, erkannte sie, dass dem nicht so war. Denn sonst hätten sie den Abriss unterbrochen und das Gebäude erneut überprüft.
    »Ein Mann?«
    »Was haben Sie da drin gemacht?«
    »Was für ein Mann?«
    »Meinen Sie den da?«, sagte einer und deutete in die entsprechende Richtung.
    Alle drehten sich um. Die Scheinwerfer beleuchteten auch Parkplatz und Straße, sodass man eine Gestalt sah, die sich von ihnen wegbewegte, ein Mann, der sich zwischen den schweren Maschinen hindurchdrängte und am Rand von Kingsbury Run stehen blieb. Corliss.
    »Rufen Sie die Polizei«, befahl Theresa und rannte los.
    Sie überquerte das Grundstück und schob sich zwischen den Maschinen hindurch. Mit ein bisschen Glück kam Corliss wegen seiner Verletzung nicht so schnell voran – nein, er hatte wahrscheinlich zusehen wollen, um sicherzugehen, dass ihre Leiche niemals gefunden werden würde. Er hatte das Ende dessen sehen wollen, was sein Vater begonnen hatte. Sie erreichte den Hügel.
    Der Abhang war ebenso schwer herabzusteigen wie beim letzten Mal, eine unebene Fläche voller Dickicht und Steine. In der Ferne war ratternd ein Zug zu hören.
    Was zum
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