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Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman

Titel: Flammen über Scarborough Street: Ein Inspektor-Pitt-Roman
Autoren: Anne Perry
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von diesen beiden kann es eigentlich keiner gewesen sein. Wir wissen genau, wo sie sich zum Zeitpunkt der Tat befanden. Danke, Lord Landsborough. Jetzt muss ich gehen und meine Pflicht tun.« Da es ihm widersinnig schien, dem alten Herrn einen Guten Tag zu wünschen, begnügte er sich mit einem knappen Lächeln und ging.

    Er suchte auf kürzestem Wege das Gefängnis auf, in dem sich Welling und Carmody in Haft befanden. Dort forderte er den Wärter auf, sie gemeinsam in eine Zelle zu führen, und ging dann selbst hinein.
    Die beiden sahen ihn fragend an. Sie wussten nicht, was sie von der Neuerung halten sollten, und fürchteten sich vor den möglichen Folgen. Genau diese Unsicherheit hatte er beabsichtigt, auch wenn sie nur einer der Gründe für sein Handeln gewesen
war. Es war seine Absicht, Piers Denoon aus seinem Versteck zu locken, damit er ihm das Angebot machen konnte, mit einer Aussage gegen Wetron seine Haut zu retten.
    Wartend sahen ihn die beiden Anarchisten an.
    »Ich möchte, dass Sie Piers Denoon eine Mitteilung zukommen lassen«, sagte er unvermittelt.
    Höhnisch fragte Welling: »Sie meinen, wir sollen ihm einen Brief schicken? Das können Sie ebenso gut selber tun.«
    »Nein – Sie sollen zu ihm gehen«, sagte Pitt.
    »Ach ja? Und dann brav ins Gefängnis zurückkommen, damit Sie mich für den Rest meines Lebens einsperren können?« Er sah Pitt mit einem Blick an, der deutlich machte, dass er ihn in die finsterste Hölle wünschte. Nur wagte er das nicht zu sagen, denn er fürchtete, damit die wenigen Privilegien aufs Spiel zu setzen, die man ihm eingeräumt hatte – wenn nicht gar Pitt seine Zusage zurücknahm, ihm zu glauben, dass nicht er Magnus getötet hatte.
    »Wenn Sie mich ausreden ließen«, sagte Pitt kühl, »könnte sich zeigen, dass das Angebot deutlich besser ist, als Sie es hinstellen.«
    »Also halt den Schnabel!«, fuhr Carmody seinen Gefährten an. »Ja, Mr Pitt?«
    Pitt sagte mit schmalem Lächeln: »Einer von Ihnen soll Piers Denoon aufsuchen und dazu bringen, dass er in sein Elternhaus zurückkehrt. Auf welche Weise Sie das erreichen, ist mir gleichgültig. Er hat Magnus Landsborough erschossen, und das kann ich nicht einfach durchgehen lassen.« Er sah die Gemütsbewegung auf den Gesichtern der beiden, die Wut und den Schmerz. »Falls Ihnen das noch nicht genügt«, fuhr er fort, »sollen Sie wissen, dass er auch das Geld für das Dynamit beschafft hat, mit dem die Häuser in der Scarborough Street in die Luft gesprengt worden sind. Bei diesem Anschlag, den nebenbei bemerkt die Öffentlichkeit ebenfalls den Anarchisten zuschreibt, sind, wie Sie wissen, acht Menschen ums Leben gekommen und viele weitere verletzt worden.«
    »Welchen Grund hätte er haben sollen, Magnus zu töten?«, fragte Welling zweifelnd. »Die beiden waren doch Vettern!«
    »Man hat ihn dazu erpresst«, teilte ihm Pitt mit. »Es ist ohne weiteres möglich, dass er eigentlich nichts mit den Anarchisten zu tun haben wollte, doch blieb ihm keine Wahl. Ich habe sein schriftliches Geständnis und die Aussagen von Zeugen gesehen, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, dass er vor drei Jahren eine junge Frau vergewaltigt hat. Polizeibeamte haben ihn mithilfe dieser Unterlagen, die sie in Verwahrung hatten, gezwungen, zu tun, was sie von ihm wollten.«
    Mit von Abscheu und Hass verzerrtem Gesicht gab Carmody einen obszönen Fluch gegen die Polizei von sich.
    »Vergessen Sie nicht, dass er Magnus erschossen hat, statt sich den Folgen seiner Tat zu stellen und seine Strafe auf sich zu nehmen«, erinnerte ihn Pitt.
    »Wir sollen also Verrat üben.« Carmody biss sich auf die Lippe.
    »An wem?«, fragte Pitt. »An Piers oder an Magnus?«
    »Und was ist, wenn derjenige von uns, der die Sache übernimmt, nicht zurückkommt?«, fragte Welling.
    »Das verlange ich gar nicht«, gab Pitt mit einem angedeuteten Lächeln zurück. »Wenn Sie tun, worum ich Sie bitte, wird auch der andere freigelassen. Andernfalls bleibt er hier und muss sich der Anklage wegen des Anschlags in der Myrdle Street stellen. Angesichts der vielen Todesopfer in der Scarborough Street dürften Geschworene zur Zeit Sprengstoffattentätern alles andere als wohlgesonnen sein.« Diese kaum verhüllte Drohung fügte er hinzu, weil er es sich nicht leisten konnte, auch diesen letzten Kampf zu verlieren, ganz davon abgesehen, dass er den Anarchisten nicht enthüllen konnte, was auf dem Spiel stand.
    »Ich übernehme den Auftrag«, sagte Welling
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