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Flamingos im Schnee

Flamingos im Schnee

Titel: Flamingos im Schnee
Autoren: Wendy Wunder
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eilig, die Liste abzuarbeiten.
    »Nein, es muss richtig dunkel sein.«
    »Ich glaube nicht, dass mich jemand sehen wird.«
    »Darum geht es nicht.«
    »Worum dann?«
    »Geduld, Campbell.«
    Das Boot mit seinem kehlig-tiefen Motorsound schnitt durch die tintenschwarze Bucht. Als sie sich ihrem Ziel näherten, legte Asher R. E. M. auf, und das Kielwasser am Heck begann zu schimmern und zu funkeln, als hätte jemand unter Wasser einen Scheinwerfer angemacht. Bei einer mondbeschienenen Sandbank gingen sie vor Anker.
    Es sollte dunkel sein, stellte sich heraus, weil es in der kleinen Bucht Biolumineszenz gab und lauter magische, neongrüne Fünkchen das Wasser zum Leuchten brachten. Cam hatte schon davon gehört. Das Leuchten wurde von urzeitlichen Einzellern verursacht, die weder Pflanze noch Tier waren. Sie waren der Ursprung allen Lebens, die Bewohner der einstigen Ursuppe, in der das Leben seinen Anfang genommen hatte. In der Wasser und Elektrizität zusammen existieren konnten. Es war Naturwissenschaft, und es war ein Wunder, und es war absolut unglaublich.
    Als Cam nach unten sah, entdeckte sie glitzernde Spuren, die sich durchs Wasser zogen. Winzige blaue Fische schossen durch die Dinoflagellaten, die magisch leuchtenden Algen, hin und her.
    »Ladies first«, sagte Asher. »Spring rein.«
    Cam machte FKK auf die Weichei-Art. Sie ließ sich im Badeanzug ins Wasser gleiten. Das Wasser war warm. Sie plantschte ein wenig herum, wand sich aus ihrem Anzug und warf ihn Asher im Boot zu. Er fing ihn auf und zog sich nackt aus, um dann mit einer Arschbombe hineinzuspringen. Die aufspritzende Fontäne erleuchtete den Himmel wie flüssiges Feuerwerk.
    Das Wasser war flach genug, dass er noch stehen konnte, und er zog Cam an sich und küsste sie, während sie ihre Beine um ihn schlang. Der flimmernde Feenstaub wirbelte bei jeder kleinen Bewegung um sie herum. Es war, als würde man im Innern eines Sterns schwimmen. Cam malte mit dem Finger einen fluoreszierenden Streifen auf Ashers Nase. Er bemalte ihr Gesicht und ihren Hals und ihre Brust. Sie küssten sich und schwammen zu der Sandbank, wo sie sich liebten, schlüpfrig nass, kosmisch allumfassend, halb in dieser und halb in einer anderen Welt.
    »Das stand nicht auf der Liste«, sagte Cam.
    »Ich habe improvisiert.«
    »Gute Arbeit.« Cam lag hingegossen auf dem Strand wie eine Meerjungfrau.
    »Ich will für immer mit dir zusammenbleiben«, sagte Asher und sah zärtlich auf sie herab. Ihre Haare, die jetzt wellig und lang waren, umflossen ihren Kopf wie seidiges Seegras.
    »Jetzt ist für immer.« Sie streckte die Arme aus und gähnte zufrieden.
    »Werd mir bloß nicht metaphysisch, Eselflüsterer.« Asher lächelte mit diesem entzückenden Grübchen in der Wange.
    »Nein. Dieser Augenblick.« Cam legte ihre Hände um seinen Nacken. »Dieser Augenblick kann in unendlich viele kleinere Augenblicke unterteilt werden. Dieser Augenblick ist ewig. Er ist alles, was zählt.«
    Da hörten sie beide auf einmal ein Rauschen, was ein bisschen unheimlich war, weil sie allein in der nächtlichen Bucht zu sein glaubten.
    »Sieh nur!«, rief er, und sie setzten sich auf.
    Zwei lavendelblaue Delfine sprangen gleichzeitig aus dem Meer und zogen einen golden schimmernden Wasserbogen hinter sich her.
    »Sie kommen oft hierher«, erklärte Asher. »Es ist wie ein Spielplatz für sie.«
    »Sind sie nicht farbenblind?«
    »Sie können auf jeden Fall das Leuchten sehen, schätze ich. Gilt das jetzt schon als Schwimmen mit Delfinen, oder soll ich dir einen herholen?«
    »Ich glaube, das ist nicht nötig«, erwiderte Cam. Die Delfine schossen abermals aus dem Wasser, diesmal etwas näher an der Sandbank und dem Boot. Sie waren neugierig auf Cam und Asher und wollten spielen.
    Cam stand auf und watete bis zur Taille hinein, immer noch nackt, wie Brooke Shields in Die blaue Lagune . Sie sah, wie eine Rückenflosse auf sie zukam. »Asher!«, rief sie leicht verunsichert. »Es wäre besser, wenn du dich neben mich stellst. Das sieht mir zu sehr nach Hai aus.«
    »Das sind eindeutig keine Haie, Cam.«
    Aber er kam zu ihr und legte den Arm um ihre Taille. Cam streckte eine Hand aus, woraufhin einer der Delfine herbeiglitt wie eine große schnurrende Katze zur Fütterungszeit. Seine Haut fühlte sich glatt und ein wenig glitschig an.
    »Halt dich an seiner Rückenflosse fest«, sagte Asher. »Dann nimmt er dich mit.«
    Sie umfasste die Flosse mit beiden Händen, und der Delfin, ganz Muskelpaket, ganz
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