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Flaming Bess 05 - Raumfestung ARAK-NOR

Flaming Bess 05 - Raumfestung ARAK-NOR

Titel: Flaming Bess 05 - Raumfestung ARAK-NOR
Autoren: Thomas Ziegler
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nieder und legte ihm sanft ihre Hand auf den Arm.
    »Erzählen Sie mir von der Erde, Orat-Madur«, bat sie sanft.
    Er hörte ihre Worte, aber ihre Worte berührten ihn nicht.
    »Ich habe es vollbracht«, krächzte er ohne Befriedigung, ohne Anteilnahme; es war nicht mehr als eine nüchterne Feststellung, eine bloße Tatsache. »Ich habe das Geheimnis des ewigen Lebens gelöst. Ich bin unsterblich … unsterblich … und es bedeutet mir nichts. Wissen Sie, was Gefühle sind? Wissen Sie es? Dann sagen Sie es mir. Ich habe so viel vergessen, und nur Worte sind geblieben. Nur Worte, nicht einmal Erinnerungen. Die Unsterblichkeit … Ich habe es zu spät erkannt: Sie konserviert das Fleisch, doch sie tötet die Seele. Sie muß die Seele töten, damit das Fleisch weiterleben kann. Die Jahrzehnte wandern vorbei, und die Welt altert, nur ich altere nicht. Die Menschen sterben, nur ich lebe weiter. Erinnerungen türmen sich auf, und die Erinnerungen sind so schwer, so unerträglich schwer. Eine Last, die erdrückt. Erst wenn die Gefühle sterben, weicht die Last. Das ist das wahre Geheimnis des ewigen Lebens — nur zu sein, einfach zu sein. Nur so läßt sich die Zeit durchwandern … Aber die Gefühle! Manchmal«, murmelte der Unsterbliche, »manchmal denke ich, daß ich etwas Wertvolles verloren habe. Ich denke es nur, ich fühle es nicht. Erzählen Sie mir von den Gefühlen! Sind sie wirklich mehr als bloße Worte?«
    Flaming Bess spürte, wie sich ihr Herz zusammenkrampfte, als sie die Verlorenheit in seinen stumpfen, dunklen Augen sah.
    »Gefühle«, flüsterte sie. »Ja, sie sind mehr als bloße Worte, aber ich habe nur Worte, um davon zu erzählen … Da ist die Liebe, süß und grausam zugleich. Die Liebe kann deine Augen in Sterne und dein Herz in eine Hölle verwandeln. Sie ist ein stiller Kuß im Morgengrauen, ein wildes Feuer in der Nacht, ein Messer, das dir die Seele zerschneidet, und ein Rausch, der dich hinauf zum Himmel trägt. Da ist die Furcht, klamm und kalt, wie Gift im Blut, und der Haß, stählern und scharf, ein finsterer Schlund, in dem du dich verlieren kannst … Da ist die Hoffnung, die wie ein einziges Zittern ist, und die Reue, bitter und schal. Die Eifersucht, die dunkle Seite der Liebe, und die Barmherzigkeit, die ein anderes Wort für Gerechtigkeit ist … Das Glück, im Sonnenschein durch hohes Gras zu laufen, oder die weiche Haut des Liebsten zu streicheln, oder nur dazusitzen, in Frieden und mit klaren Augen … Verzweiflung, unentrinnbar wie eine Zelle mit meterdicken Wänden und ohne Fenster, ohne Tür. Die Trauer, eine schwere, glühende Decke, klebrig wie Morast, die sanfte, stille Schwester des Todes … Da ist Heiterkeit, lärmend oder leise, der Jungbrunnen der Seele … «
    Währenddessen lief Trimalorius ruhelos hin und her, suchend, fluchend, schwitzend, voller Gier.
    »Wo ist der Kristall?« schrie er. »Der Unsterblichkeitskristall?«
    »Der Kristall der lebenden Toten«, sagte Ka mit einer Stimme kalt wie Trockeneis.
    Der Händler fuhr herum, starrte ihn an, und sein feistes Gesicht wurde grau.
    Begreift er nun? dachte Flaming Bess. Erkennt er endlich, was die Unsterblichkeit aus einem Menschen macht?
    Orat-Madur keuchte.
    »Mehr!« drängte er. »Erzählen Sie mehr!«
    Flaming Bess senkte den Kopf. »Aber es sind nur Worte«, erinnerte sie. »Worte sind tot; Gefühle leben.«
    »Leben«, krächzte der Unsterbliche. »Ich lebe nicht! Ich lebe nicht! Jetzt weiß ich es … weil ich mich erinnere, ohne mich wirklich zu erinnern; weil ich ahne, wie es einst gewesen ist … « Er beugte sich nach vorn und brachte seine Lippen ganz nah an ihr Ohr. »Deshalb haben sie die Forschungen verboten, wissen Sie. Auf der Erde müssen sie gewußt haben, was das ewige Leben aus einem Menschen macht. Aber ich wollte nicht hören, ich konnte nicht hören. Ich mußte es tun! Ich mußte es einfach tun … «
    »Sie haben einen Wall erwähnt«, sagte Bess. »Einen Wall aus blauem Licht, der um die Erde liegt.«
    »Die Schlüssel«, krächzte der Unsterbliche. »Die Sechs Schlüssel zur Erde, die Sechs Tafeln des Orat-Madur … Dort!« Er bewegte matt die Hand, und vor ihm entstand eine Öffnung in der grauen Halbkugel des Festungscomputers, und eine Schatulle aus schwarzem Stahl wurde sichtbar. »Nehmen Sie sie!« murmelte Orat-Madur. »Sie sind ein Mensch der Erde. Sie gehören Ihnen. Sie brauchen sie, um heimzukehren … «
    Vorsichtig griff Bess nach der Schatulle und klappte den Deckel
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