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Flaming Bess 01 - Das Erbe der Erde

Flaming Bess 01 - Das Erbe der Erde

Titel: Flaming Bess 01 - Das Erbe der Erde
Autoren: Thomas Ziegler
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seine Seite.
    »Sie sieht so … lebendig aus«, flüsterte Gahl. »Vielleicht stimmt die Legende; vielleicht wird sie das Eis verlassen und uns retten.«
    »Natürlich wird sie uns retten«, versicherte eines der Kinder, ein Mädchen mit schmalem Gesicht und großen dunklen Augen. »Phibus hat gesagt, daß die Legende stimmt. Er hat gesagt, daß Flaming Bess erwachen wird, wenn die Herculeaner nach Terminus kommen. Und Phibus lügt nicht.«
    Phibus Kumpel, dachte Ka. Dieser verrückte alte Mann mit seinen Taschen voller Bonbons und seinem Kopf voller wirrer Geschichten.
    »Legenden sind etwas anderes als die Wirklichkeit«, sagte er leise. Und in Gedanken fügte er hinzu: Die Wirklichkeit ist kalt und grausam, mein Kind. In ihr ist kein Platz für Märchen und Legenden. In der wirklichen Welt gibt es keine Hoffnung, keine Rettung, keine Hilfe, sondern brennende Städte und große Gräber und riesige Menschenlager, bewacht von Männern in Schwarz, die alle das gleiche Gesicht tragen. Ich kenne diese Lager, mein Kind. Ich weiß, was dort geschieht. Genetische Selektion. Krom läßt dort die Menschen sieben; Kriegsherr Krom, der wahnsinnige Führer der Herculeaner, läßt dort den genetischen Kode eines jeden Gefangenen vermessen, weil er den schrecklichen, mörderischen Ehrgeiz hat, eine Rasse von Übermenschen heranzuzüchten. Ein Herrenvolk nach seinem Bild, destilliert aus der DNS von Millionen und aber Millionen Menschen. Und jene, deren Gene gewogen und zu leicht befunden werden, müssen sterben. Alle anderen sind dazu verdammt, Kroms Herrenvolk als Sklaven zu dienen.
    Tod und Wahnsinn, dachte Ka, Wahnsinn und Tod — das ist es, was die Wirklichkeit von den Legenden unterscheidet.
    Eine der Flüchtlingsfrauen schrie entsetzt auf, und er hörte — durch das massive Tor gedämpft — das Dröhnen eisenbeschlagener Soldatenstiefel.
    Zeit zum Kämpfen, dachte er. Zeit zum Sterben.
    Abrupt drehte er dem Schrein und der Frau im Eis den Rücken zu, hob das schwere Strahlgewehr und ging mit bedächtigen Schritten auf das ferne Tor zu. Er dachte an Clansholm und an die toten Clansmänner, und in ihm loderte heiliger Zorn.
    »Aus dem Weg!« herrschte er die Frauen an.
    Sie flohen zum Schrein, wo die Kinder darauf warteten, daß Flaming Bess das Eis verließ und sie vor den Herculeanern rettete; aber dies war die wirkliche Welt, und nur der Tod würde zu ihnen kommen.
    Auf halbem Weg zwischen Schrein und Tor blieb Ka breitbeinig stehen, legte das doppelläufige Strahlgewehr an und bereitete sich auf den Kampf und den Tod vor.
    Eine Explosion erschütterte das Tor. Es bebte und knirschte, doch es hielt. Dann eine zweite Explosion, heftiger und lauter, und fast im gleichen Moment eine dritte, wild und gewalttätig wie ein Donnerschlag. Das Tor erzitterte, wölbte sich nach innen, das Tor zerbrach, und Feuer leckte zischend in die Halle. Der Boden schwankte, von der Decke und den Wänden lösten sich große Brocken Mauerwerk und barsten zwischen den Trümmern des großen Tores. Und aus der verblassenden Glut der Explosion und den dichten Staubwolken stürmten schwarze, gepanzerte Gestalten in den Tempel.
    Aber ehe Ka das Feuer eröffnen konnte, erklang hinter ihm ein Klirren wie von zerspringendem Glas, und er hörte die Frauen und Kinder aufschreien, und er sah, wie der Vormarsch der Herculeaner ins Stocken geriet, wie sie mitten im Schritt erstarrten, und zum ersten Mal war etwas wie Verwirrung und Furcht in den kantigen, halb vom Visier verdeckten Gesichtern der Klon-Soldaten.
    Sie ignorierten Ka.
    Sie sahen an ihm vorbei.
    Sie schossen nicht, sie marschierten nicht weiter, sie standen einfach da und rührten sich nicht.
    Ka fror plötzlich. Langsam, wie von einem fremden Willen gelenkt, drehte er den Kopf und sah, was die Herculeaner sahen, was sie mit Furcht erfüllte, obwohl ihnen jedes menschliche Gefühl fremd sein mußte.
    Die Flüchtlinge waren vom Schrein der Alten Kommandantin zurückgewichen und drängten sich furchtsam in einer Ecke zusammen. Sie schrien nicht mehr; nur noch dieses lauter und immer lauter werdende Klirren war zu vernehmen. Es kam vom Schrein.
    Das Eis …!
    Es brach, zersprang, es knirschte und klirrte, splitterte an hundert Stellen zugleich, taute, verdampfte, verschwand spurlos.
    Und aus dem blitzenden Metall des Schreins trat, nach Jahrtausenden des Wartens, nach zeitloser Wacht im Eis, die Alte Kommandantin.
    Ihre Blicke wanderten von den Flüchtlingen zu Ka und weiter zu den gepanzerten,
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