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Fischland-Rache

Fischland-Rache

Titel: Fischland-Rache
Autoren: Corinna Kastner
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Voß, ich hoffe, ich störe Sie nicht am Silvesternachmittag«, sagte Dietrich, der ein Paket und eine Plastiktüte bei sich trug.
    Kassandra wusste nicht recht, ob sie erfreut oder alarmiert sein sollte, entschied sich aber für Ersteres, da Dietrich keinen besorgten Eindruck machte. »Gar nicht. Kommen Sie rein und trinken Sie einen Kaffee mit uns.«
    Anscheinend hatte Dietrich ihr den Schrecken angesehen und beeilte sich, beim Eintreten hinzuzufügen: »Ich bin nicht dienstlich hier, keine Angst. Und ich will Sie auch nicht lange aufhalten.«
    Währenddessen hatte Paul sich erhoben. »Sie halten uns nicht auf, Herr Dietrich. Kassandra hat recht, legen Sie ab und setzen Sie sich zu uns.« Er deutete auf das Paket. »Spielen Sie noch Weihnachtsmann? Bisschen spät, oder?«
    Â»Eher Postmann. Jemand von einem Zustelldienst stand vorn an der Straße und hat mitgekriegt, dass ich zu Ihnen wollte. Er bat mich, das mitzunehmen. Ist für Sie.«
    Â»Für mich?« Paul hob die Brauen. »Und der Mann wollte keine Empfangsbestätigung?«
    Dietrich stutzte. »Nein. Das ist in der Tat seltsam. Es …« Er hielt inne, weil er ebenso wie Kassandra bemerkt hatte, dass Paul ungläubig auf das Paket starrte.
    Â»Was hast du?«, fragte sie beunruhigt. »Von wem ist es?«
    Paul wartete so lange mit einer Antwort, dass auch Heinz und Bruno neugierig aufstanden und herüberkamen. Kassandra warf einen Blick auf den Aufkleber, auf dem aber nur Pauls Adresse stand, ein Absender fehlte.
    Â»Von Sascha«, sagte Paul schließlich. »Das ist seine Handschrift.«
    Â»Oh«, machte Dietrich. »In dem Fall: So lange braucht kein Zustelldienst, ein Paket auszuliefern. Bei näherer Überlegung könnte ich mir vorstellen, dass das kein echter Zusteller war, sondern jemand, der Sascha Freese nachträglich einen Gefallen getan hat.«
    Â»Auftragsarbeit aus dem Grab sozusagen?«, formulierte Heinz.
    Â»Klingt logisch«, meinte Bruno. »Und ganz nach deinem Bruder, Paul. Mach auf.«
    Paul stellte das Paket auf den Tisch in der Sitzecke und betrachtete es wortlos. Nachdem der erste Schock, Post von einem Toten zu bekommen, verflogen war, begann er offenbar, sich seine Gedanken über die Hintergründe zu machen. »Wollen wir uns von Sascha unser Silvester verderben lassen?«, äußerte er seine Bedenken.
    Â»Wenn du’s nicht aufmachst«, sagte Kassandra und trat dicht an ihn heran, »wirst du dich die ganze Zeit fragen, was drin ist.«
    Paul berührte mit seinem Zeigefinger ihre Wange. »Wo du recht hast, hast du recht.«
    Zwei Minuten später kam der Inhalt des Pakets ans Tageslicht. Dietrich schnappte nach Luft.
    Â»Freeses Notebook! Kein Wunder, dass die Kollegen und ich es nirgends gefunden haben, wenn es wochenlang bei einem Unbekannten zwischengelagert war.«
    Â»Warum schickt er es dir?«, fragte Heinz. »Er muss sich was dabei gedacht haben, und zwar einige Zeit vor seinem Tod. Es stand nicht in seinem Hotelzimmer, weder offen noch in einer Tasche, das wäre mir aufgefallen, ich hab mich trotz meiner Wut gründlich umgesehen. Berufskrankheit.«
    Â»Schalten Sie es ein«, schlug Dietrich vor.
    Â»Ist vermutlich für Sie interessanter als für mich«, sagte Paul, während er es anschloss. »Wer weiß, was Sie darauf über Saschas Geschäfte und Geschäftspartner finden.«
    Â»Mag sein«, sagte Dietrich. »Aber Herr Jung hat recht. Sascha Freese wird das Laptop nicht grundlos ausgerechnet Ihnen geschickt haben.«
    Mittlerweile war das Notebook hochgefahren, der Desktop zeigte bildschirmfüllend eine alte Schwarz-Weiß-Aufnahme. Zwei Jungs, einer vielleicht neun, der andere sechs Jahre alt, standen am Strand. Der ältere hatte seinen Arm um den jüngeren gelegt, beide grinsten in die Kamera.
    Vier Augenpaare richteten sich auf Paul, der nicht erklären musste, wen das Foto zeigte. Er hatte sein eigenes Notebook zur Seite und Saschas auf dessen Platz auf dem Schreibtisch gestellt, jetzt setzte er sich davor und betrachtete das Bild. Niemand sprach, aber Kassandra konnte den Anblick der zwei fröhlichen Jungen nicht länger ertragen. Sie konzentrierte sich stattdessen auf das Einzige, was sich außer dem Foto sonst noch auf dem Desktop befand: die Verknüpfung zu einer Word-Datei mit dem Namen »Paul«. Obwohl sie wusste, dass es unausweichlich war,
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