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Fischer, wie tief ist das Wasser

Fischer, wie tief ist das Wasser

Titel: Fischer, wie tief ist das Wasser
Autoren: Sandra Lüpkes
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und Malin. Drei Menschen schwebten in Lebensgefahr, weil sie mir zur Seite stehen wollten. Und diese Menschen waren wichtiger als Veronika Schewe. Der Schlüssel steckte noch, ich drehte ihn um und ließ ihn in meine Hosentasche fallen.
    Mit der Spritze im Anschlag humpelte ich die Kellertreppe hinauf und ging zum Büro, aus dem ich Tastaturgeklappere hörte. Silvia Mühring schien da zu sein, ich verlor keine Sekunde, sondern stürzte in das Zimmer, packte sie im Nacken und hielt ihr die Spritze an den Oberarm. «Mein Vater ist hier. Ich will zu ihm, sofort!»
    Sie schnappte nach Luft, ich zog sie aus ihrem Stuhl heraus und bugsierte sie zur Tür, die in Veronika Schewes Zimmer führte. «Aufschließen!», befahl ich.
    «Kein Problem», wisperte sie und öffnete die Tür.
    Mein Vater saß auf einem Stuhl, sie hatten ihn gefesselt und er blickte mich benommen an, sagen konnte er nichts, weil sie auch seinen Mund verklebt hatten, doch ich war mir sicher, dass er versuchte zu lächeln.
    «Binden Sie ihn los!» Silvia Mühring gehorchte, ich hielt dieSpritze noch immer dicht an ihrer Schulter und sie wagte noch nicht einmal, mich anzusehen. Sie holte aus der Schreibtischschublade einen Brieföffner und zerschnitt die Fesseln mit bebenden Fingern. Fast war er frei, nur noch die Hände waren aneinander gebunden, da schreckte ich hoch, weil ich hinter mir ein Geräusch gehört hatte.
    «Was um Himmels willen ist hier los?»
    Ich fuhr herum. Jochen Redenius stand in der Tür, versperrte den Weg, und seine hellen Augen fixierten mich geschockt und verständnislos. «Was machen Sie mit Silvia?»
    Er kam schnell auf mich zu, viel zu schnell, als dass ich hätte reagieren können, dann drehte er meinen Arm nach hinten und nahm die Spritze aus meiner Hand.
    «Sie hat mich überfallen, Sie und dieser verrückte Kerl hier», heulte Silvia Mühring gekonnt hysterisch.
    «Das ist Unsinn, Redenius, und Sie wissen es», sagte ich und versuchte, möglichst ruhig zu bleiben. Was sollte ich tun? Nun waren sie zu zweit. Bestimmt war Redenius von Professor Isken als Verstärkung angeheuert worden. Aber warum sollte Silvia ihm dann ein Theater vorspielen? Verdammt, woher sollte ich wissen, auf welcher Seite Redenius stand? Ich beobachtete ihn, wie er seinen Blick von mir zu Silvia Mühring und dann zu meinem Vater schickte, verständnislos. Zu verständnislos, als dass er geschauspielert hätte. Vielleicht hatte ich noch eine Chance.
    «Redenius, hören Sie, es ist viel zu kompliziert, als dass ich Ihnen in diesem Moment alles erklären könnte. Aber ich denke, Sie wissen, dass es mir um die Kinder geht. Sie wissen es doch, Sie haben es mir oft genug vorgeworfen.» Ich spürte, dass er zögerte. Er hätte mich schon längst außer Gefecht setzen können, wenn er gewollt hätte, seine Arme waren verdammt stark. «Oder gehören Sie doch zu denen?»
    «Zu wem soll ich gehören, um Himmels willen?», schrie er mir von hinten ins Ohr und ich konnte die Unsicherheit in seiner Stimme hören. «Was ist hier eigentlich los? Wen meinen Sie überhaupt?»
    «Sagt Ihnen ‹inPharm› etwas oder Professor Isken? Wissen Sie etwas von einem Medikament, dass an den Kindern getestet wird? Hier in unserem Haus?»
    «Was sagen Sie da? Das kann doch nicht wahr sein! Das glaube ich nicht!»
    «Es ist wahr, Redenius.» Ich heulte. Mein Gott, er wusste wirklich nichts. «Jolanda ist tot. Und Gesa ist tot, verstehen Sie? Umgebracht!» Er lockerte den Griff und ich konnte ihm direkt in die Augen sehen. Er musste mir glauben. «Und nun ist Henk in allergrößter Gefahr!» Ich drehte mich zu Silvia Mühring, die jammernd vor meinem Vater stand.
    «Silvia, sagen Sie uns, wo Henk Andreesen und seine Mutter stecken!»
    Sie schüttelte den Kopf. «O Gott, ich habe gar keine Ahnung, wovon Sie überhaupt reden.» Hilfe suchend schaute sie zu Redenius.
    Doch der schritt auf sie zu und packte sie an der Schulter. «Meine Güte, Silvia, hörst du nicht? Wo sind die beiden? Wenn ihnen etwas passiert, dann   …»
    Sie knickte ein, ließ den Kopf hängen. Das «Bei van Looden im Haus» konnte man kaum noch verstehen.
     
    Mein Vater und Redenius setzten sich sofort ins Auto und fuhren zu van Loodens, soweit ich weiß, trafen sie dort zeitgleich mit der Polizei ein, die ich zwischenzeitlich verständigt hatte.
    Ich blieb, wo ich war. Silvia Mühring heulte an den Stuhl gefesselt vor sich hin, doch ich hörte sie kaum. Ich war müde undtraurig. Gesa war tot. Es gab nichts, was
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