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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive
Autoren: Fabio Genovesi
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und uns entschieden, unseren Arsch zu verkaufen, wir haben drei Songs übersetzt, und die üben wir heute Abend.
    Stopp. Noch ein Schlagzeugwirbel, dann bin ich dran.
     
    Der Horror kriecht aus seiner Gruft
    Da gibt es kein Entrinnen
    Der Untote laut nach dir ruft
    Er wetzt schon seine Klingeeeeeen.
    Die ganzen Eeeeeen  … ich presse sie raus mit meiner speziellen, extrem schrillen Powerstimme. Die Metrik ist durch die Übersetzung zwar hinüber, aber ich hatte Schlimmeres befürchtet, viel Schlimmeres.
     
    Auf diesem Weg kannst du entweichen
    Der führt dich zu den Schädelstätten
    Und der Verdammnis sichere Leichen
    Fangen schon an, um dich zu wetteeeeeen.
    Dann der Refrain. Denn ein guter Song überzeugt durch den Refrain, der abgehen muss wie eine Rakete, die immer höher steigt und schließlich am Himmel explodiert.
     
    Der Horror kriecht aus seiner Gruft
    Der Horror kriecht aus seiner Gruft
    Er sitzt dir schon im Nacken
    Und gleich wird er dich packeeeeeen.
    Stefano am Bass tauscht einen Blick mit Giuliano, der auf sein Schlagzeug eindrischt: Heute Abend geht’s voll ab, wir sind super. Jetzt Rhythmuswechsel, und dann kommt die Gitarre. Genau jetzt … jetzt …
    »Stopp, Stopp! Scheiße, Antonio, wo bleibt dein Einsatz?«
    »Wieso jetzt … ich? Jetzt kommt doch nicht das Solo!«
    »Aber klar kommt jetzt das Solo.«
    »Kann nicht sein, das Solo kommt später. Zuerst der zweite Refrain, dann das Solo.«
    »Ja, aber an dieser Stelle hier ist das Mini-Solo, das wolltest du doch unbedingt drin haben!«
    Antonio schaut in die Runde. Stefano, der sich in den letzten fünf Jahren kaum verändert hat, schlägt diskret die Augen nieder, aber Giuliano, sauer und verschwitzt, spießt ihn mit seinem Blick auf.
    »Ist ja gut, Jungs, ich hab’s verpennt. Cool bleiben.«
    »Von wegen cool bleiben: Wir nehmen gerade auf!«
    »Okay, okay, jetzt pass ich auf. Versprochen. Aber vorher ’ne Kippe, okay?«
    Sie legen die Instrumente ab und gehen alle drei raus. Ich rauche nicht, Rauchen schadet meiner Stimme, und auch der Rauch in der Luft kann für die höheren Tonlagen problematisch sein. Sie werfen sich die Lederjacken über und verschwinden und lassen mich in der Garage zurück.
    Aber wir müssen uns ranhalten. Bis morgen, wenn die Leute vom Festival die Gruppen auswählen, brauchen wir drei Stücke. Ich hatte mit ihnen geredet, sie waren zu fünft, drei mit Rastalocken. Leute, die One Drop Musik hören, wo einer singt, alle sollen sich die Hände reichen und auf den Feldern Blumen pflücken, und wenn die Sonne scheint, ist alles gut. Wir haben also keine Chance, aber wir nutzen sie.
    Wir tun auch so, als hätte Antonio rein zufällig danebengehauen und als würde das nie wieder vorkommen, obwohl wir alle ganz genau wissen, wo sein eigentliches Problem liegt: Antonio sieht einfach zu gut aus. Er ist fast zwei Meter groß, hat einen Waschbrettbauch, breite Schultern und diese Killerkombination aus schwarzem Haar und grünen Augen. Die Mädchen flippen aus, sobald sie ihn sehen.
    Das Problem ist aber nicht nur, dass Antonio zu viel hermacht, das Problem ist auch, dass wir anderen beschissen aussehen. Also, wenn bei mir nicht die Sache mit der Hand wäre, sähe ich gar nicht schlecht aus, aber Giuliano und Stefano fallen deutlich ab. Ich mag sie ja, aber so ist es nun mal. Stefanino wiegt vielleicht fünfzig Kilo und hat vorstehende Zähne, die man auch dann noch sieht, wenn er die Klappe hält, und Giuliano ist ein Fettkloß mit einem schwabbeligen Doppelkinn.
    Neulich Abend zum Beispiel: Wir waren auf dem Weg zum Üben, und auf der Piazza standen ein paar Typen rum, die ein Stück älter waren als wir und die nur Antonio kannte. Die sehen ihn mit uns und rufen ihm zu: Hey, Antò, mit wem läufst du denn da rum? Machst du jetzt den Zivi für Spastiker?
    Also, da ist es dann schon schwierig, an die Band zu glauben und gut zu spielen. Da fragst du dich schon mal, wo du eigentlich hinwillst und was du dir von all dem versprichst. Wieso vier Freaks in einem Scheißkaff eine Musik machen, die kein Schwein hören will und …
    Zum Glück ist die Zigarettenpause zu Ende, und die anderen kommen wieder rein. Wir schauen uns an, wild entschlossen, voller Power.
    Und Metal Devastation fängt an, die Welt erneut in Trümmer zu legen.

ALBERTINA
    Es ist April, neun Uhr früh, und auf dem Fahrrad ist es ziemlich kühl.
    Wenn ich ordentlich in die Pedale trete, wird mir warm, aber dann nimmt der Fahrtwind zu, und mir wird wieder
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