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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive
Autoren: Fabio Genovesi
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hatte zwar gesagt, von nun an würde es für mich so laufen, aber er meinte keine Radrennen. Er meinte das Leben.
    Tatsächlich nahm er mich nie mehr zu einem Radrennen mit. Er trieb mich auch nie wieder an, mich für irgendetwas anzustrengen, zu kämpfen und zu gewinnen.
    Das macht er jetzt nur noch mit Mirko Colonna, dem kleinen Champion, diesem Scheißkerl, den er in einem abgelegenen Kaff im Molise aufgegabelt hat. Eine Laune der Natur, einer, der aufs Rad steigt und blind gewinnt, ohne jede Anstrengung, und dabei alle anderen weit hinter sich lässt.
    Und ich bin der Allerletzte, winzig klein im Hintergrund. Für meinen Vater bin ich sogar völlig von der Bildfläche verschwunden.
    So sieht’s aus, es hat keinen Sinn, dass ich mir was vormache, es ist einfach so, auch wenn es total ungerecht ist. Aber ich bin nicht der Typ, der klein beigibt.
    Halt den Stofffetzen fest, Fiorenzo, halt den Stofffetzen fest und beiß die Zähne zusammen.

DIE HUNDE DES SCHICKSALS
    (Ripabottoni, Molise, kurz vor Weihnachten)
    Es sind zwei. Halb Hund, halb Wolf, und sie bewachen den Kühlschrank des Schäfers am Colle di Sasso. Es ist kein richtiger Kühlschrank, aber auf dieser Seite des Hangs liegt das ganze Jahr über Schnee, und deshalb bewahrt der Schäfer seine Vorräte hier auf.
    Magere Hunde mit struppigem Fell, sie tragen keinen Namen und keine Ketten und könnten jederzeit weglaufen. Aber der Schäfer würde sie schon am nächsten Morgen finden und sie den restlichen Vormittag mit Schlägen traktieren. Sie sind schmutzig, sie sind ausgehungert, aber dumm sind sie nicht.
    Deshalb würden sie es auch niemals wagen, die Nahrungsvorräte im Schnee anzurühren, eher würden sie verhungern. Sie warten auf den Schäfer, der ab und zu vorbeikommt und ihnen etwas hinwirft. Manchmal hilft ihnen aber auch der Zufall und schenkt ihnen einen Hasen, einen Fasan oder einen Haushund, der sich aus irgendeinem unerklärlichen Grund bis hier herauf verirrt hat. Dann haben sie wieder etwas zu fressen.
    Wie jetzt vielleicht, als sie oben auf dem Hügel das Knirschen von Schritten im Schnee hören. Die Hunde heben den Kopf, Geifer im Maul.
    Sie wissen nicht, dass das dort oben ein Junge ist, ein Achtklässler, der mit einem schwarzen Müllsack als Schlitten den einzigen Hang runterfahren will, auf dem noch etwas Schnee liegt. Sie wissen nicht, dass der Junge Mirko Colonna heißt und am Morgen aus der Schule weggelaufen ist, um nicht verprügelt zu werden. Sie wissen nur, dass er eine sehr viel gehaltvollere Mahlzeit abgibt als ein Hase und dass er nicht so schnell ist. Hinter einer Brombeerhecke am Fuß des Hügels legen sie sich auf die Lauer und warten darauf, dass ihnen die Mahlzeit direkt ins Maul rutscht.
    Aber der Junge lässt sich Zeit. Er setzt sich auf den Müllsack, steht wieder auf, wischt sich die Hände trocken, begutachtet den Hang … Die Hunde hinter der Brombeerhecke beobachten ihn mit ungeduldig zitternden Läufen und können es kaum erwarten, sich auf ihn zu stürzen.
    Endlich entschließt sich das Stück Fleisch dort oben, stößt sich mit den Händen ab und gleitet den Hang hinunter. Der Junge gewinnt an Fahrt und stößt einen Schrei aus, Uaaaaaaaaa! , bis er auf halbem Weg an einer aus dem Schnee ragenden Wurzel hängen bleibt. Einer der beiden Hunde hält es nicht mehr aus, er schießt aus der Deckung hervor, der andere hinterher, und jetzt jagen sie gemeinsam den Hang hinauf, ein hungriges Knurren in der Kehle.
    Aber dieser Blödmann rennt nicht weg. Nein, er sieht die Hunde auf sich zukommen und bleibt regungslos liegen, die Arme neben dem Körper, als wollte er es ihnen leichter machen, ihn in Stücke zu reißen. Es dauert einen Moment, bis er aufsteht. Den Müllsack lässt er zurück, er rennt den Hang hoch und auf der anderen Seite wieder runter. Wütend stürzen sich die Hunde auf den Müllsack, zerren und reißen an ihm in wildem Gerangel, lassen endlich von ihm ab, Plastikfetzen im Maul, wilde Tiere eben. Dann nehmen sie bellend die Verfolgung wieder auf.
    Der Mensch ist jetzt am Fuß des Hangs angekommen, steigt auf ein gelbes Ding mit zwei Rädern, beginnt mit den Beinen in der Luft zu rudern und saust los, Richtung Waldrand und Straße.
    Die Hunde wissen es nicht, aber es ist ein Fahrrad, ein abgetakeltes Damenfahrrad, das sie dem Jungen in der Schule jeden Tag ein bisschen mehr demolieren. Bei allen ist er verhasst, der kleine Musterschüler Mirko Colonna, der mit seinen Einsern den Rest der Klasse zu
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